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Radioaktiver Müll Schon wieder rostige Fässer

An vier weiteren Fässern im Abfalllager Gorleben (ALG) im Wendland wurden Roststellen gefunden.

Von Björn Vogt 24.11.2016, 01:00

Gorleben l Nachdem im April dieses Jahres bekannt wurde, dass im Zwischenlager Gorleben an Fässern mit schwach radioaktivem Müll Roststellen gefunden wurden, ordnete der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel an, dass vor dem weiteren Abtransport alle Fässer untersucht werden müssen. Nun wurden an vier weiteren Fässern Rost entdeckt. Es ist schon länger bekannt, dass im Abfalllager eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Nicht zuletzt deswegen hatte das Umweltministerium (NMU) angeordnet, dass das gesamte Lagerungs- und Sicherheitskonzept für das Lager neu aufgestellt werden muss. Die GNS hatte gegen diese Anordnung im Juli dieses Jahres Klage eingereicht.

Beim Abtransport von Fässern mit schwach- und mittelaktivem Müll waren im April erstmalig Fässer mit Farbabplatzungen und Korrosionsstellen entdeckt worden. Radioaktivität ist dabei zwar nicht ausgetreten und die Genehmigung zum Abtransport ist erteilt worden, aber der Vorfall war dennoch für Wenzel Grund genug, eine Untersuchung aller Fässer anzuordnen. Erst nach Freigabe des Umweltministeriums dürfen die Fässer in die Container geladen werden.

Wie das Ministerium mitteilt, waren die beiden auffälligen Fässer Ende der 70er Jahre mit radioaktiven Mischabfällen befüllt worden und zunächst für das Endlager Morsleben bestimmt gewesen (sogenannte ERAM-Fässer). Nach einer Konditionierung am Zwischenlagerstandort Hanau wurden die Fässer Anfang der 90er Jahre dann aber in Gorleben eingelagert. Ihre Aufbewahrungsgenehmigung läuft im Jahre 2019 aus.

Der Abtransport von Behältern aus dem sogenannten „Fasslager“ ist nicht der erste seiner Art. Wie die GNS mitteilte, waren erste Fässer mit schwach radioaktivem Müll bereits im Juli vergangenen Jahres abtransportiert worden. Die Rollreifen-Fässer enthalten schwach- bis mittelaktiven Atommüll, der für die Endlagerung in Schacht Konrad vorgesehen ist.

Die im Rahmen der laufenden Auslagerung gefundenen Rostfässern (400-Liter-Fässer) weisen zwei Fässer im Mantelbereich großflächige Korrosionsstellen auf, die weiteren beiden Fässer zeigen im oberen Teil eine vollflächige Ablösung von Farbschichten. Die Ursachen für die beiden Befunde sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt. Die hohe Luftfeuchtigkeit im Lager sei allerdings ein deutliches Indiz für das Fortschreiten einer Korrosion, so das Ministerium.

Ebenso wie die bereits im März 2016 entdeckten Rostfässer soll auch aktuell eine „vertiefende Untersuchung“ erfolgen. Dazu wird das Fass im Bodenbereich angebohrt; mit einem Endoskop wird dann der Zustand im Inneren untersucht. Von Seiten des Betreibers liege gegenwärtig das Konzept für die Untersuchung allerdings noch nicht vor, heißt es aus dem Ministerium.

Das „zufällige“ Bekanntwerden von Befundfässern, das fehlende Inspektions- und Überwachungskonzept des Betreibers im ALG und das Versagen des Referenzkonzeptes haben das Umweltministerium zu Beginn des Jahres 2016 dazu veranlasst, eine umfassende Inspektion aller Fässer anzuordnen. Der Betreiber hat allerdings erklärt, dass er keine Notwendigkeit sieht, Maßnahmen zu ergreifen und hat gegen diese Anordnung Klage eingereicht.

Für die Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) ist der durch die Klage ausgelöste Schwebezustand unhaltbar: „Das NMU kann behaupten, tätig geworden zu sein, und die GNS sitzt die Zeit bis zum Abschluss der Auslagerungskampagne mit der Klage aus, die Sicherheit bleibt auf der Strecke“, erklärt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke

Wenn der gegenwärtige Zustand im Fasslager nicht dem Stand von Wissenschaft und Forschung entspricht, dann darf auch keine Einlagerung mehr stattfinden, zumindest so lange nicht, bis das Überwachungssystem erneuert wurde, unterstreicht Ehmke.

Die Betreibergesellschaft GNS teilt dazu mit, dass alle Fässer aus der Lagergasse A des Abfalllagers bis Mitte 2019 zur „endlagergerechten Konditionierung“ ausgelagert werden, dabei werde „jedes einzelne Fass vor dem Transport unter Gutachterbeteiligung inspiziert“.

Zum Hintergrund: Im Jahr 1999 wurde für das Zwischenlager eine auf 20 Jahre befristete Genehmigung zur Aufbewahrung von 1307 Fässern erwirkt, die aufgrund der Schließung des Endlagers Morsleben dort nicht mehr eingelagert werden konnten. Sie sollen ihre vorläufig letzte Ruhe im Schacht Konrad finden.