Risikoanalyse Patient Feuerwehr

Die Risikoanalyse und der Brandschutzbedarfsplan für die Hansestadt liegen vor.

Von Antje Mewes 09.08.2019, 12:04

Salzwedel l Ortsfeuerwehren zusammenlegen, vier Gerätehäuser bauen, neue Fahrzeuge anschaffen, der von einem Kölner Ingenieurbüro erstellte Brandschutzbedarfsplan nebst Risikoanalyse birgt einiges an Zündstoff. Um ihn umzusetzen müsste die Stadt viel „Geld in die Hand nehmen“, wie es Stadtwehrleiter Holger Schmidt zusammenfasst. Allein der Vorschlag zu den neuen Gerätehäusern sei mittelfristig illusorisch vor dem Hintergrund, dass der Stellplatz für ein Fahrzeug mit Kosten von 250  000 Euro veranschlagt ist. Was der Gutachter in dem Plan empfiehlt sei „nicht in Stein gemeißelt“, sagt Schmidt. Es spiegele aber gut die aktuelle Situation wider und zeige die Knackpunkte auf, an denen es zu arbeiten gelte.

Darüber werde jetzt in den Wehren diskutiert, die bereits einige aus ihrer Sicht wichtige Dinge ergänzen wollen. Der Stadtwehrleiter ist froh, dass das Papier nicht wie vor sieben Jahren, von der Feuerwehr selbst, sondern extern erstellt wurde. Das käme sonst in der Lokalpolitik eher wie eine Wunschliste an.

Doch damit hat der umfangreiche Inhalt nichts zu tun. Vielmehr wird aufgezeigt, welche Herausforderungen für die kommenden Jahre anstehen. Und da steht neben der materiellen Ausstattung das Personal ganz oben. Die demografische Vorausschau zeigt eine dramatische Entwicklung für die nächsten Jahrzehnte auf. Waren es 2017 in allen Ortswehren noch 432 aktive Mitglieder, werden es laut statistischer Erhebung 2022 noch 396 und 2027 nur 348 Einsatzkräfte sein.

Ganze sechs Ortswehren (Gerstedt, Langenapel, Mahlsdorf, Pretzier, Riebau und Salzwedel) gelten als jung. Dafür wird ein Durchschnittsalter der Mitglieder von 30 bis 42 Jahren angenommen. 16 Wehren werden als alt eingestuft (43 bis 54 Jahre) und Wistedt mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren sogar als überdurchschnittlich alt.

Ein erhebliches Defizit weist der Gutachter für die geforderte Anzahl der Atemschutzgeräteträger aus. Aufgrund des Rendezvoussystems seien die Auswirkungen nicht so dramatisch, aber es bestehe Handlungsbedarf. In sechs Wehren gibt es gar keine Einsatzkräfte, die diese Ausbildung und Voraussetzungen haben. In den meisten anderen sind es zu wenig. Ähnlich sieht es bei den Gruppenführern aus. Besser stehen die Wehren bei den Maschinisten und Zugführern da.

Die Einsatzfahrzeuge weisen ein Durchschnittsalter von 22 Jahren auf. Ein echter Oldtimer aus dem Jahr 1968 steht in Rockenthin.

Auch unter den Gerätehäusern gibt es solche Kandidaten. In die Kategorie 1, in der alle Ansprüche weitgehend erfüllt werden, ist nur die Feuerwache in Salzwedel eingestuft. 13 sind Kategorie 2 – nicht mehr modern, aber noch vollumfänglich nutzbar. Neun weisen erhebliche Mängel aus der Gefährdungsbeurteilung auf und vier sind eigentlich nicht mehr nutzbar. „Schrott, wie unsere Bürgermeisterin sagen würde“, sagt der Stadtwehrleiter mit einem schiefen Lächeln. Explizit handelt es sich um Wistedt, Hestedt, Barnebeck und Tylsen.

Nächste Baustelle ist die Löschwasserversorgung, Brunnen sind versandet und müssten neu gebohrt werden. Zudem fehlen größere Tanklöschfahrzeuge mit mindestens 4000 Litern Wasser an Bord. Zum Beispiel in der sehr waldreichen Gegend rund um Langenapel, wo zwei Wehren nur Tragkraftspritzenanhänger haben, die eigentlich außer Betrieb genommen werden müssten. Zudem stünden im Umfeld nur drei Fahrzeuge mit je 600 Litern Wasser an Bord zur Verfügung. „Das ist bei Waldbränden nichts“, schätzt Schmidt ein.

Fakt ist für ihn, dass die Einsatzdichte steigt, aufgrund von mehr Stürmen, Wald- und Feldbränden sowie zusätzlichen Aufgaben, die die Wehren übernehmen. Dabei wird es immer schwieriger Mitstreiter zu finden und erst Recht solche, die auch Führungsaufgaben übernehmen. Es sei wichtig, bei den Jüngsten anzufangen. „Die Floriangruppen sind unser Weg“, so Schmidt.

Ein weiterer Punkt sind die stetig steigenden gesetzlichen Anforderungen, die ebenfalls Kosten verursachen. Ihm sei klar, dass die sich aus dem Plan abgeleiteten Investitionen erst in den nächsten Jahrzehnten umsetzen lassen, wobei das Papier in fünf Jahren nochmal überarbeitet wird. Eins wünscht sich der Stadtwehrleiter schnellstmöglich: Eine halbe zusätzliche hauptamtliche Stelle für die Feuerwehr in der Verwaltung. Unter anderem für die Nachwuchswerbung.