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Salzwedel Zeitkapsel Bürgermeisterhof

Nach dem Kauf des Bürgermeisterhofs in Salzwedel tut sich was. An mehreren Wochenenden haben viele Helfer mächtig angepackt.

Von Alexander Rekow 01.12.2020, 00:01

Salzwedel l Viele Hände schnelles Ende, heißt es. Von einem schnellen Ende kann beim Bürgermeisterhof aber nicht die Rede sein. Kein Wunder, handelt es sich doch um ein mehrere Jahrhunderte altes Objekt. Voran geht es trotzdem, da viele Menschen anpacken.

„Das ist der mittlerweile vierte Einsatz“, sagt Jacob Blödow, der sich seit dem Kauf für das Projekt Aufweckphase engagiert. Und sechs bis zehn Leute würden immer helfen. So auch an diesem Tag. Die Dachrinnen werden von Laub befreit, Grünschnittarbeiten hinter dem Gebäude und das Dach wird abgedichtet. Letzteres hat Priorität, erklärt Architekt Ullrich Lemme, der kräftig mit anpackt. Die Arbeiten am Dach würden sich auch bereits auszahlen. Räume, in denen es vorher aufgrund des Feuchtigkeitseintritts muffig war, seien nun trocken. Dazu sei teils marodes Gebälk getauscht oder repariert und Dachsteine verlegt worden. „Dabei hat uns zum Glück ein Zimmermann geholfen“, ergänzt Jacob Blödow.

Weiteres Augenmerk: die Gerünarbeiten. Denn Efeu und wilder Wein haben Wände und Fenster für sich beansprucht. Nun gibt es wieder freie Sicht auf den Hof. Zudem wurde in den letzten Wochen Fachwerk gesichert und ein Giebel stabilisiert. Allmählich kommt Struktur rein.

Mittlerweile sind auch zwei Räume bereits wohnlich hergerichtet. Nicht zum Wohnen, sondern für Treffen. „Dort könnten künftig Seminare stattfinden“, blickt Jacob Blödow voraus. Voraussetzung dafür ist aber eine funktionierende Heizanlage. „Der Parfümladen ist wohl mit den letzten Tropfen Heizöl ausgezogen“, sagt Ullrich Lemme. In dieser Woche soll aber die Heizung angegangen werden.

Unterdessen kreischt hinter dem Bürgermeisterhof die Kettensäge. Dort stehen an diesem Wochenende Grünarbeiten an, erzählt der Architekt weiter. Tote Bäume und wucherndes Gestrüpp werden von Sabine Decker und weiteren Helfern entfernt. Der Hinterhof sieht langsam wieder nach einem aus. Davon bekommt Thomas Fischer aber wenig mit. Er werkelt in den Räumlichkeiten der ehemaligen Gaststube. Mit einem Dampfreiniger holt er das Fett und den Schmutz aus vielen Jahren von den Fliesen. Die Hobby-Brauer aus der Kultur-Nische hingegen helfen die alte Zapfanlage wieder betriebsbereit zu machen.

„Essen ist fertig“, ruft nun Sabine Spangenberg. Sie ist an diesem Wochenende für das Mittagessen zuständig. „Da sind wir so froh drüber“, sagt Jacob Blödow. Denn nur durch Hilfe wie diese, sei all dies möglich. Auch seine Mutter hat, wie andere auch, für das gesamte Team in der heimischen Küche gestanden und gekocht.

Während der Arbeiten sind auch einige historische Schätze ans Tageslicht gekommen. Beispielsweise ein alter Safe der Panzer Aktiengesellschaft Berlin. „Wir hatten nur keinen Schlüssel“, so Blödow. Also suchten sie Kontakt zum ehemaligen Besitzer. Auch der zog wohl erstmal die Schultern hoch, denn geöffnet hatte dieser ihn nie. Doch wie der Zufall es wollte, habe er in einer Blechdose tatsächlich den gesuchten Schlüssel gehabt, erzählt Blödow weiter. Zum Bedauern aller fanden sich darin aber weder alte Banknoten noch andere Schätze. „Nur ein paar Schnipsel alter Akten.“ Immerhin kann der Safe heute wieder seiner Funktion nachgehen.

Ein weiteres Fundstück war eingemauert. „In Steinen haben wir die Aufschrift 1772 gefunden“, freut sich Ullrich Lemme. Ein sicheres Indiz für die Bauzeit, zumindest dieser Wand. Denn der Bürgermeisterhof hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert. An einem Balken steht 1543, ein Treppenhaus hat DDR-Charme und ein Dachstuhl scheint völlig aus der Zeit gefallen. Dies zieht sich durch das gesamte Fachwerkensenmble.

In Zukunft soll aus der Gemeinschaft ein gemeinnütziger Verein werden, verrät Jacob Blödow. Das würde unter anderem die beiden Käuferinnen aus der privaten Haftung holen und das Ausstellen von Spendenquittungen ermöglichen, erklärt Ulrich Lemme. Sachspenden sind mittlerweile einige angekommen. Geschirr, Werkzeug, Möbel. „Wir würden uns weiterhin über Sachspenden freuen – gerade Werkzeug“, sagt Blödow. Beispielsweise wird eine große ausziehbare Leiter benötigt.

Das angekündigte Projekt Aufweckphase des Bürgermeisterhofs ist zweifelsfrei angelaufen. Noch ist unklar, was daraus genau wird. Bisher geht es in erster Linie darum, das Objekt vor dem Verfall zu bewahren. Viele ehrenamtliche Arbeitsstunden sind seither in das historische Areal geflossen.

Wer sich dafür interessiert, bekommt weitere Informationen im Internet unter: www.buergermeisterhof.de