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Schrifträtsel 1001 Gruß von Conni Z.

Die Volksstimme lässt in einer neuen Serie alte Handschriften übertragen. Hier ist die Auflösung vom ersten Rätsel aus dem Jahr 1906.

Von Alexander Rekow 29.07.2018, 07:00

Salzwedel l „Was steht denn hier geschrieben?“, fragte die Volksstimme am Sonnabend, 21. Juli 2018, ihre Leser. Denn in der neuen Serie „Einst geschrieben – Neu entdeckt“, stellen wir Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Salzwedeler Stadtarchiv alte Dokumente vor, die in Sütterlin oder Kurrent verfasst worden sind. Dazu bitten wir die Leser, die Texte in unsere heutige Schrift zu übertragen. Zum Auftakt haben wir mit Stadtarchivar Steffen Langusch, der die Schriften für die Volksstimme „übersetzt“, eine Postkarte aus dem Jahr 1906 in deutscher Kurrentschrift gewählt.

In der Adresszeile schreibt „Conni Z.“ an „Frl. Elisabeth Seehausen, Ellerbeck b. Kiel, p. A. Frau Sophie Heuer“ im Wortlaut: „Meine liebste beste Elisabeth! Tausend Dank für Deinen lieben lezten Brief, ich weiß allerdings nicht mehr, wann ich ihn erhalten habe, aber danken tu ich Dir jedenfalls dafür. Alles was ich sonst noch auf dem Herzen habe, kann ich Dir ja in 14 Tagen persönlich erzählen, Du, ich freue mich überhaupt schrecklich, daß Du bald kommst. Bereite Dich nur darauf vor, daß unsre Ohren u. Augen sehr gespannt sind, was für Wunder die Pension bei Dir gewirkt hat. 1001 Gruß von Deiner Conni Z.“

Doch wer ist Conni Z., die mit bürgerlichem Namen Conradine Groth-Zechlin hieß und ihrer Freundin wohl Grüße in den heutigen Kieler Stadtteil Ellerbek sendete? Hierzu hat Stadtarchivar Steffen Langusch in seinen Unterlagen gestöbert und auch Auskünfte der Nachkommen von Conni Z. gefunden. Conradine Groth-Zechlin wurde am 1. September 1889 im Haus der Löwenapotheke in Salzwedel als vierte Tochter des Apotherkers Konrad Zechlin und dessen Frau Helene geboren. Ab ihrem 6. Lebensjahr zog die Familie in die Lorenzstraße 22-24 (heute Jenny-Marx-Straße), an ihre geliebte Kirchenecke der Marienkirche. Im Jahr 1905 beendete sie die „Höhere Töchterschule“ in Salzwedel, heißt es weiter. „Bis zur Eröffnung des Neubaus der Mädchenschule 1906 (heute Kunsthaus), befand sich diese im Bürgerschulgebäude (heute Bürgercenter)“, weiß Archivar Steffen Langusch. Das bedeutet, dass Conni Z. und die Adressatin Elisabeth Seehausen dort vermutlich gemeinsam 1905 ihre Schulzeit beendeten.

„Elisabeth Seehausen war die Mutter des bedeutenden Salzwedeler Familienforschers Konrad Bluhm in Wolfenbüttel (1915-2009)“, sagt Steffen Langusch. Elisabeth Seehausens (1988-1965) Geburtshaus war das Haus in der Altperverstraße 20, heute wohl die Nummer 15. Ihr Vater war dort Bankier und Inhaber einer kleinen Privatbank.

Conni Z. zog später nach Berlin. Dass die gebürtige Salzwedlerin schon in ihrer Kindheit in Salzwedel gern schrieb, sollte sich 1925 bezahlt machen, denn zu der Zeit wurde sie Mitglied des Schriftstellerbundes. Dafür legte sie sich den Künstlernamen „Ina Conradi“ zu. Unter diesem Namen verfasste sie den Roman „Das Nönnlein im Sechsmädelhaus“, der 1932 in einer Beilage des Salzwedler Wochenblatts erschien. Auch in weiteren Werken wird deutlich, wie sehr sich die Schriftstellerin mit der Geschichte Salzwedels beschäftigte. Nach dem 2. Weltkrieg, in dem sie einen Sohn verlor und weitere Söhne schwer verletzt wurden, schrieb sie fortan über die Leiden und Auswirkungen des Krieges. Im Juli 1956 starb Ina Conradi in Hannover.

Übrigens: Conni Z. war die Mutter von einer Frau von der Leyen, einer Schulfreundin von Helga Weyhe – Deutschlands ältester Buchhändlerin, die heute noch in Salzwedel in ihrer Buchhandlung anzutreffen ist. Nach Informationen vom Stadtarchivar war Frau von der Leyen um einige Ecken mit der heutigen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verwandt.

Im nächsten Schrifträtsel in einer der kommenden Ausgaben beschäftigen wir uns mit einem Schreiben aus dem Jahr 1933 an den Salzwedeler Magistrat anlässlich der 700 Jahrfeier der Stadt Salzwedel. Sie dürfen in jedem Fall gespannt sein.