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Schule Diskussion um Abitur hält an

Notabitur oder "richtige" Prüfung. Noch herrscht Unklarheit über Ablauf der Reifeprüfung, nicht nur in Salzwedel.

Von Cornelius Bischoff 01.04.2020, 10:42

Salzwedel l Ein Wirrwarr widersprüchlicher Meinungen sorgt für zusätzliche Arbeit bei Schülern und Lehrenden am Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasium in Salzwedel. Schuld ist die ungeklärte Frage, wann die angehenden Abiturienten Gelegenheit bekommen, ihr Wissen unter Beweis zu stellen.

„Wir hatten Pech“, erzählt Ralf Hoppstock. Der Beschluss des Kultusministeriums, die Tore der Schulen von einen Tag auf den anderen, ohne weiteren Vorlauf zu schließen, hatte einen Strich durch die Rechnung des Direktors am Jahn-Gymnasium gemacht. Dieser hatte die Vorprüfung im Fach Mathematik für den Folgetag geplant. „Wir waren mit allen anderen Prüfungen durch“, sagt Hoppstock. Die 69 Jugendlichen, die hoffen, im laufenden Schuljahr das Abitur am Jahn-Gymnasi ablegen zu können, sind am Dienstag, 14. April, gefragt, den Mathe-Lehrstoff der zurückliegenden Jahre aus ihrem Gedächtnis zu kramen.

Die Bedeutung der Vorprüfungen erklärt Hoppstock auf Nachfrage: Die Prüfungsordnung zum Abitur sieht eine Mitsprache der angehenden Absolventen vor, unter anderem wenn es darum geht, in welchen Fächern jeder Schüler geprüft wird. Hoppstock: „Die Vorprüfung gibt ein Bild vom Ablauf der ‚scharfen‘ Prüfung im Abitur. Mit dem Ergebnis aus der Vorprüfung entscheiden die Schüler, ob und mit welchem Gewicht sie sich der Abschluss-Prüfung in dem jeweiligen Fach stellen.“ Im nächsten Schritt gelte es, sich mit dieser, den größten Erfolg versprechenden Kombination, zur Reifeprüfung anzumelden.

Ein weiterer Baustein auf dem Weg zum selbstbestimmten Abitur sind die Bewertungen der letzten Klausuren vor der Corona-Pause sowie der Arbeiten, die die Schüler seither zu Hause erledigen mussten. In der Folge balanciere die Schule auf einem schmalen Grad, wenn es gelte, Fristen einzuhalten, deren Termine im Unklaren liegen. Fest stehe nur, dass die Mathe-Vorprüfung am 14. April geplant ist.

„Wir sorgen dafür, dass sich die Schüler bei uns sicherer fühlen können als in jedem Supermarkt“, ist Ralf Hoppstock überzeugt. Eine eigens engagierte Firma werde die elf Prüfungs-Räume desinfizieren. Mit einem Abstand von je zwei Metern werden sechs Schüler unter die Aufsicht eines Lehrer gestellt. Hinzukommen zwei Aufsichten auf den Gängen der Schule. Diese sollen verhindern, dass sich zwei Schüler auf dem Weg zur Toilette begegnen. „Den Anforderungen der Prüfungsordnung werden wir in jedem Fall entsprechen“, ist Hoppstock überzeugt. Die geltenden Sicherheitsregeln zur Verbreitung des Coronavirus einzuhalten, sei ohnehin selbstverständlich.

Weniger Verständnis zeigt der Direktor des Jahn-Gymnasiums für die anhaltende Diskussion, ob, wie und wann die diesjährige Reifeprüfung umgesetzt werden soll. Ralf Hoppstock: „Unter dem Strich gibt es zwei Lager und beide haben ihre Berechtigung.“ Einerseits sei es einem Lehrer, der die schulische Laufbahn der angehenden Absolventen über Jahre begleitet hat, möglich, die Leistungen seiner Schüler in dem jeweiligen Unterrichtsfach auch ohne Abschlußprüfung treffend zu beurteilen. Ein solches „Notabitur“ sei in der Geschichte nicht ohne Beispiel und das Leben dieser Jahrgänge habe gezeigt, dass ein Abitur nicht den Stab über die Leistungsfähigkeit und das Können eines Menschen breche. Andererseits drohe die Gefahr, dass einzelne Bundesländer und Universitäten die „Notabiturienten“ künftig benachteiligen könnten. Auch dafür habe es in der Geschichte ein Beispiel gegeben. Um einer künftigen Benachteiligung des aktuellen Absolventen-Jahrgangs vorzubeugen, führe kein Weg an einem „richtigen“ Abitur vorbei.

In diesem Zusammenhang scheinen die derzeit diskutierten Prüfungsblöcke für das Abitur in Sachsen-Anhalt wenig geeignet, für Klarheit zu sorgen. Nach Auskunft von Ralf Hoppstock hänge nämlich die Frage, welcher Schüler sich für welchen Prüfungsblock anmeldet, letztlich am Ergebnis der Vorprüfungen und der Bewertung der noch ausstehendenLeistungsnachweise.

Für Lehrende an weiterführenden Schulen bedeutet die anhaltende Ungewissheit vor allem eine Menge zusätzlicher Arbeit. Kein Wunder also, dass Ralf Hoppstock voll des Lobes ist für den Einsatz seiner Kollegen. Lob komme auch von immer mehr Eltern, die den schulischen Fortschritt ihrer Kinder währen der letzten Wochen zu Hause begleitet haben. Corona habe ihnen einen Eindruck von der Herausforderung gegeben, die sich mit dem Beruf des Lehrers verbindet.

Deutlich entspannter sieht der Vizeschulleiter der Jeetze-Schule die Situation. Jens Winter erklärt, dass sich aktuell 16 Jeetze-Schüler auf ihre Reifeprüfung vorbereiten. Die Aula biete ausreichend Platz, um allen Herausforderungen gelassen entgegen zu sehen.