1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Keine Abtreibungen mehr

Schwangerschaft Keine Abtreibungen mehr

Der neue Chefarzt der Geburtshilfe der Dannenberger Klinik hat Abtreibungen untersagt. Die Klinikleitung steht hinter der Entscheidung.

Von Björn Vogt 07.02.2017, 23:01

Dannenberg/Salzwedel l Der neue Chefarzt der Geburtshilflichen Abteilung der Capio Elbe-Jeetzel-Klinik in Dannenberg, Facharzt Thomas Ulrich Börner (55), ist erst seit wenigen Wochen im Amt. Inzwischen ist er nicht nur im benachbarten Wendland bekannt, sondern in ganz Norddeutschland. Am Wochenende wurde berichtet, dass Börner in Dannenberg keine Abtreibungen mehr durchführen wird - und seine Ober- und Assistenzärzte auch nicht, auf Anweisung des neuen Chefs.

Börner, der seit 2010 mit Unterbrechungen in Dannenberg tätig ist, habe in seiner beruflichen Karriere an der Capio Elbe-Jeetzel-Klinik noch nie eine Schwangerschaft abgebrochen, da er dies nicht mit seinem christlichen Glauben vereinbaren könne. Für den bekennenden Christ gilt das Nicht-Tötungsgebot der Bibel. Der Fall, den die in Lüchow erscheinende Elbe-Jeetzel-Zeitung als erste veröffentlichte, sorgt inzwischen für heftige Kontroversen.

Für besondere Aufmerksamkeit sorgte auch die Nachricht, dass die Klinikleitung in Dannenberg hinter der Entscheidung Börners steht. Verwaltungschef Dr. Markus Fröhling betonte, dass es ihm „leicht gefallen“ sei, die Entscheidung des neuen Chefarztes mitzutragen, da Schwangerschaftsabbrüche auch seiner christlich-anthroposophischen Weltanschauung widersprächen. Und als leitender Arzt dürfe Börner die Richtlinien vorgeben.

31 Schwangerschaften waren in der Capio Elbe-Jeetzel-Klinik im vergangenen Jahr nach der Beratungsregelung abgebrochen worden, Börner war an keiner beteiligt. Seine Weisung, dass auch andere Ärzte an der Dannenberger Klinik diesen Eingriff ab sofort nicht mehr vornehmen dürfen, sei „mit verhaltener Zustimmung“ aufgenommen worden, da „kein Arzt dies gerne macht“.

Aus dem selben Grund habe er als junger Erwachsener auch den Wehrdienst verweigert und stattdessen Zivildienst geleistet. In seinem Wohnort Uelzen sei Börner Mitbegründer des Vereins „Hoffnung“, welcher sich um werdende Mütter kümmere und sie dabei unterstütze, etwa eine Erstausstattung oder eine größere Wohnung zu erhalten.

Ein wichtiges Thema sei auch die Verhütung, die sich per Pille doch für nur wenige Euro pro Monat realisieren ließe. Auch nach dem Geschlechtsverkehr ließe sich inzwischen rezeptfrei die „Pille danach“ besorgen, betont Börner.

Für einen Sturm der Entrüstung sorgte die Verbreitung der Nachricht im norddeutschen Raum. Inzwischen rudert sogar die deutsche Geschäftsführung in Fulda zurück. Die Elbe-Jeetzel-Klinik gehört zum schwedischen Gesundheitskonzerns Capio, ist vor zehn Jahren zum größten Teil mit öffentlichen Mitteln erbaut worden. Der Geschäftsführer Deutschland, Klaus Wöhrle, betonte, man sei von der Nachricht „mehr als überrascht gewesen“.

Wöhrle erklärte, dass der Schritt nicht mit der Konzernspitze abgesprochen gewesen sei. In einem „betont weltanschaulich neutral“ agierenden Konzern wie der Capio sei ein solcher Kurs einer ganzen Abteilung nicht tragbar. Dass ein einzelner Arzt eine solche Gewissensentscheidung für sich träfe, sei hingegen völlig in Ordnung. Der Vorgang werde weiter intern geprüft.

Auch die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt bedauerte die Entscheidung Börners und drohte indirekt mit dem Entzug von Fördermitteln. Rundt betonte, dass zwar niemand verpflichtet werden könne, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken, aber Frauen, die sich zu solch einem schwerwiegenden Schritt entschieden, würden dies sicherlich nicht leichtfertig tun.

Deshalb müsse jede Frau die - übrigens gesetzlich vorgegebene - Möglichkeit bekommen, sich nach der Beratungsregelung für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Ein solcher Eingriff müsse in einer „vertrauten Umgebung und in angemessener Entfernung zum Wohnort“ möglich sein, heißt es in einer Stellungnahme der Ministerin.