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Serie Virus Musik wirkt ansteckend

Für die Volksstimme-Serie "Auf eine Tasse Kaffee mit..." haben wir diesmal mit dem Musiker Gerald "Schere" Eggert geplaudert.

Von Anke Pelczarski 17.10.2015, 01:01

Dähre l „Ich möchte gern 100 Jahre Musik machen“, sagt Gerald „Schere“ Eggert. Der Dährer, heute 68, ist von dem Virus regelrecht infiziert. Anfang der 1960er Jahre war es, als er bei Ursula Starke in Dähre das Akkordeonspiel erlernte. Aber das Instrument ist nicht so das richtige für einen Jungen. „Da habe ich Geld geschnorrt, auch von Oma und Opa, und habe mir eine Trommel gekauft“, erzählt er. Diese stehe jetzt wieder in seinem Probenraum, nachdem sie von anderen Musikern genutzt wurde. „Ich habe die Trommel zurückgekauft. Sie ist für mich Kult“, plaudert Gerald „Schere“ Eggert.

Woher sein Spitzname kommt, dass weiß er nicht so genau. Aber das müsse wohl aus Kindergartenzeiten herrühren. „Wenn heute in Stendal einer eine Schere auf einen Briefumschlag malt und diesen in die Post steckt, dann kommt er bei mir an“, ist der Dährer überzeugt.

Zu DDR-Zeiten habe er in verschiedenen Bands gespielt. „Wir mussten in jedem Jahr vorspielen, damit wir die Genehmigung zum Auftreten bekamen“, erinnert sich der gelernte Tischler. Die „Diesdorfer Tanzrhythmiker“ gehen auf ihn zurück, aber auch die „Combo 67“, die er während seiner Armeezeit in Henningen ins Leben rief, und das „Team 5+1“, nennt er einige Beispiele.

„Zwei Jahre vor der Wende war ich im Westen, war eingeladen worden. Dort bin ich beim Oktoberfest in Rade gebeten worden, eine halbe Stunde in der Band mitzuspielen“, blickt der Dährer zurück. Dafür habe er 50 Deutsche Mark erhalten. Und Friedhelm Schiewe, der Chef, habe zu ihm gesagt: „Wenn die Grenze auf ist, dann kannst Du bei uns mitspielen.“ Doch das habe er 1987 nicht für möglich gehalten. Als die Mauer dann wirklich gefallen war, stand der Niedersachse vor seiner Tür. „Ich war der einzige Ossi unter 60 Wessis. Durch die Tanzmusik habe ich die ganze Welt kennengelernt“, sagt Gerald Eggert.

Doch ihn zog die Familie – mit seiner Frau Ute, die ihn immer unterstützt, feierte er im Vorjahr goldene Hochzeit – zurück in die Altmark. Diese hat er dann auch mit dem Musikvirus infiziert. Tochter Heike und Enkel Fabian haben sich regelrecht anstecken lassen, gehören heute mit zu den Dährer Dorfmusikanten und „Scheres Crew“. „Wenn du Musik machst, muss das von Herzen kommen. Nur so springt der Funke auf die Zuhörer über“, meint der Dährer.

Er freue sich über so manch verdrückte Träne, die bei einem unerwarteten Ständchen durchaus mal fließt. Und auch für kleine Späße ist er immer wieder zu haben. „Wenn ich Musik mache, dann vergesse ich alle Wehwehchen“, sagt er.