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Silbersee Rückbau kontra Stilllegung

Die Bohrschlammdeponie Brüchau soll stillgelegt werden. Das beschloss der Landtag von Sachsen-Anhalt.

Von Uta Elste 06.05.2017, 03:00

Magdeburg/Brüchau l Aus den ursprünglich für diesen Tagesordnungspunkt vorgesehenen 30 Minuten wurde am Ende mehr als eine Stunde. Am Ende stimmten die Fraktionen der Kenia-Koalition gemeinsam mit den Landtagsabgeordneten der Linken für den Antrag, den CDU, SPD und Bündnis 90/Grüne als Alternative zu einem Antrag der AfD eingebracht hatten. Dieser sah den vollständigen Rückbau der Deponie samt anschließender Renaturierung vor. Des Weiteren sollte die Landesregierung prüfen, ob der Deponiebetreiber Engie E&P Deutschland GmbH die Sanierungskosten übernehmen soll. Außerdem forderte die AfD ein signifikantes Gesundheitsmonitoring für Krebserkrankungen in Kakerbeck und Brüchau sowie ein weiteres Monitoring hinsichtlich der Schadstoffe.

Der Alternativantrag der Kenia-Koalition sieht eine technische Lösung vor, die die Sorgen der Anwohner im Zusammenhang mit der als Silbersee bezeichneten Deponie ausräumt. Im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Abschlussbetriebsplanes sollen die möglichen Varianten der Stilllegung ergebnisoffen geprüft werden.

Die Linke hatte noch eine Änderung zum Alternativantrag vorgelegt, die ebenfalls Rückbau und Renaturierung vorsah sowie eine Überprüfung der Krebserkrankungen. Finanzielle Aspekte sollten die Entscheidung nicht beeinflussen. Der Rückbau wurde in diesem Antrag von den Linken und der AfD befürwortet, von der Koalition dagegen abgelehnt. Die anderen beiden Punkte wurden von allen Landtagsabgeordneten befürwortet.

„Wir nehmen die Sorgen der Menschen vor Ort ernst“, betonte Wirtschaftsminister Armin Willingmann. Die Entscheidung müsse jedoch auf solider Datenbasis getroffen werden. Willingmann bestätigte, dass im Bereich der Deponie, in die mehr als 30 Jahre Abfälle aus der Erdgasförderung und andere entsorgt wurden, eine Grundwasserschädigung existiere. Dabei handele es sich um eine lokal begrenzte Versalzung, die sich in den zurückliegenden 20 Jahren nicht verändert habe. Jedoch würden die Menschen in Brüchau ihr Trinkwasser aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung beziehen.

Die seit dem Jahr 2000 stattfindenden radiologischen Untersuchungen hätten ergeben, dass die Uran- und Thoriumverhältnisse natürlichen Ursprungs seien. Für Luft und Boden gebe es keine nachweisbaren Gefahren. Ein Abgleich der Daten des Altmarkkreises und des Krebsregisters durch das Sozialministerium habe ergeben, dass die Zahl der Neuerkrankungen und der Todesfälle unter dem landesweiten Durchschnitt liegt.

Auf den Hinweis von Robert Farle (AfD), dass die Engie-Tochter GdF Suez eine Bohrschlammdeponie in Niedersachsen saniert, entgegnete Willingmann, dass die beiden Deponien nicht vergleichbar seien. Das Thema werde nicht im stillen Kämmerlein entschieden, sondern im Miteinander der Behörden und der Menschen vor Ort, betonte der Minister.

Uwe Harms (CDU) warb für die beste Entsorgungsmöglichkeit, blieb jedoch auf Nachfrage von Andreas Höppner (Die Linke), ob er den Rückbau oder die Abdeckung bevorzuge, die konkrete Antwort schuldig.

„Wir möchten, dass die Deponie wegkommt“, stellte Hendrik Lange (Die Linke) klar. Denn es sei unklar, was wann eingelagert worden sei und wie was zusammen reagiere. „Das ist keine Deponie, sondern eine Giftschlammgrube“, stellte Dorothea Frederking (Bündnis 90/Grüne) klar. Die Beratung am 12. April in Kalbe, in deren Ergebnis sich die Teilnehmer auf einen Sonderbetriebsplan mit umfangreichen Untersuchungen verständigten (Volksstimme berichtete), sei der Anfang eines Beteiligungsprozesses gewesen.

Dass Vertreter des Betreibers Engie nicht an der Beratung in Kalbe teilgenommen hatten, sei enttäuschend, resümierte Jürgen Barth (SPD). Allerdings sei in Kalbe und auch bei Zusammenkünften in Kakerbeck nichts von der AfD zu sehen gewesen. „Ihr Antrag war nicht nötig“, so Barth in Richtung Robert Farle, „das Thema wird uns im Wirtschaftsausschuss weiter begleiten.“ Ein Abschlussbetriebsplan müsse ergeben, welche Lösung am geeignetsten sei. „Wir wollen keine Hoffnungen wecken, die nicht erfüllbar sind.“ Und Geld dürfe keine Rolle spielen.

Die Bürgerinitiative (BI) Saubere Umwelt & Energie Altmark demonstrierte bis zum Abend vor dem Landtag. Im Vorfeld hatte die BI das Anliegen des AfD-Antrages „voll umfänglich“ begrüßt, das AfD-Engagement jedoch erstaunt zur Kenntnis genommen. Denn die Konsequenz des Antrages - Umstieg auf erneuerbare Energien - gehe nicht mit dem Parteiprogramm konform. In ihrer Pressemitteilung vom Freitag dankte die BI der AfD-Fraktion für ihren Antrag und kritisierte die Ausführungen des Wirtschaftsministers als „altbekannte Beruhigungen“. Dass Linke und AfD den Parteienegoismus überwanden und gemeinsam für den Rückbau stimmten, wertet die BI als „positiv im Dienst der Sache“.