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Sommerserie Grenzenlos glücklich im Paradies

Ein bayrisches Ehepaar hat aus der ehemaligen Grenz-Kaserne in Ziemendorf bei Arendsee ein Ferien- und Freizeitparadies gemacht.

Von Helga Räßler 22.07.2016, 03:00

Ziemendorf l „Ich genieße hier den weiten grenzenlosen Ausblick, besonders schön im Sonnenuntergang“, schwärmt Erwin Schmid, Unternehmer aus Tegernheim in Bayern. „Und die gute Luft, die Ruhe und natürlich die Nähe zum Arendsee“, fügt er hinzu. Denn wenn er und seine Frau in ihrem Pferde- und Freizeitparadies „residieren“, geht er täglich im See baden. Andrea Greiner-Schmid stimmt ihm zu und meint: „Ich liebe vor allem das entspannte und minimalistische Wohnen hier auf kleinem Raum.“

Schlaf- und Wohnzimmer, Bad inklusive natürlich, sind dann ihr kleines Reich in der Pension. In der finden zahlreiche andere Gäste in ihrem Urlaub ebenfalls Quartier. „Besonders Reittouristen kommen zu uns, weil sie neben Kost und Logis auch ideale Bedingungen für ihre Pferde haben“, so Greiner-Schmid.

Und sie selbst könne jetzt, wo die fünf Kinder alle durchs Abitur und aus dem Haus sind, die neu gewonnene Freizeit und Freiheit erst so richtig genießen - ohne großen Haushalt und das Drumherum.

Auch diesmal bleiben die Schmids den ganzen Sommer in Ziemendorf. Sie organisieren Distanzritte und Reitertage mit dem Verband deutsche Freizeitreiter und andere Höhepunkte. Im Umland gebe es Reitwege durch Wälder, Felder und Wiesen. Sogar eine Pferdeschwemme ist etabliert worden. „Dass die Pferde im See baden können, ist ein Novum und sehr beliebt“, so die Gastgeberin, die ebenfalls Reiterin ist.

Reiten ohne Grenzen, das ist die Konzeptidee des Ehepaares. „Und noch dazu an einem Ort, der bis vor 27 Jahren noch Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze war“, betont Erwin Schmid. Er und seine Frau kennen aus Bayern ebenfalls Grenzen, wissen, was ein eiserner Vorhang für die Menschen bedeutete. „Um so schöner ist es, hier zu wirken, sich Menschen aus Ost, West und von anderswo treffen zu lassen“, macht er klar.

Und neben den behaglichen Zimmern, den gestalteten Klubräumen, den Reitparcours vor der Haustür und der gastfreundlichen Atmosphäre ist das Hotel in der Ex-Plattenbau-Kaserne auch ein „Treppenhaus der Menschenrechte“ und Museum des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Grünen Band.

„Hier hängen die Paragrafen der Grundrechte der UN-Charta, ist der Verlauf der einstigen Grenze dargestellt und sind zahlreiche Fotos zu finden, die aus einer Zeit der Trennung beider deutscher Staaten erzählen“, so Schmid. Interessant sind auch die bei der Haussanierung wieder entdeckten Wandbilder - Darstellungen von Grenzsoldaten in Jeeps, zu Pferd, zu Fuß oder im Wald.

Aber auch die reiche heimische Flora und Fauna werde präsentiert. Nicht nur in Wort und Bild. „Mit unseren Partnern aus der Region bieten wir Führungen, Wanderungen und Radtouren auf dem Kolonnenweg, zur und an der Wirlspitze und darüber hinaus an“, offeriert Schmid. Für die Reiter gebe es geführte Reittouren, auch Kremserfahrten können gebucht werden. Er selbst und seine Familie haben jede Menge dieser Aktionen mitgemacht. „Schließlich mussten wir unsere neue Heimat ja kennenlernen.“

Die haben sich Schmids 2004 erobert. Da nahmen sie das zuvor erworbene Objekt in Augenschein, renovierten die ersten drei Zimmer einer Ferienwohnung und zogen im November ein. „Teilweise waren wir ohne Wasser, ohne Strom im Treppenhaus - also sehr, sehr spartanisch“, beschreibt Schmid den Anfang. „Fledermäuse waren unsere ersten Mitbewohner.“

Den Namen Pferde- und Freizeitparadies hatten sie vom Vorgänger übernommen, der an dem Versuch des Umbaus der Ex-Kaserne und des danach etablierten Heimes für Asylbewerber zum Gästedomizil gescheitert war.

Schmids haben durchgehalten, Wagemut, Zähigkeit und visionäres Handeln bewiesen. „Daran haben viele Mitstreiter, die heute noch dabei sind, Anteil“, meint Schmid. So zum Beispiel Wolter der Vries, der immer vor Ort ist, Ansprechpartner beim Bau war und zusammen mit seiner Frau Besucher empfängt und betreut.

Er hat zudem die Taubenzüchter ins „Paradies“ geholt. Ein riesiger Taubenschlag steht hinten im Gelände. Dort trainiert der Chef der Reisevereinigung Altmark West Jungtauben, die ihm die Züchter anvertrauen. Sie starten seit elf Jahren zum Altmarkrennen, vorher zu den Trainingsflügen.

Neuerdings sind auch Hundehalter zu Gast. „Genau wie wir lieben alle den großen Freiraum, die ungehinderte Kommunikation und das Miteinander, und das an so einem geschichtsträchtigen Ort, mitten in der Natur, mitten in Deutschland“, sagt der Familienvater mit Nachdruck. „Wir genießen die Zeit hier.“ Wer zu Besuch kommen wolle, sei immer herzlichst willkommen im Ziemendorfer Paradies.