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Tierschutzverein Willkürlich und nicht transparent

Ex- Mitarbeiter des Tierheims und Mitglieder des Tierschutzvereins Salzwedel erheben teils schwere Vorwürfe gegen den Vorstand.

Von Fabian Laaß 30.05.2017, 01:01

Salzwedel l Helga Vesterling und Uwe Schrader sind enttäuscht und traurig. Mehr als zehn Jahre engagieren sich die beiden Salzwedeler ehrenamtlich im Tierheim Hoyersburg, führten mehrmals die Woche Hunde aus. Besonders zu dem Mischlingsrüden Benny haben beide ein inniges Verhältnis aufgebaut. „Wenn ich keine Hundehaarallergie hätte, hätten wir Benny längst zu uns geholt“, berichtet Uwe Schrader.

Doch nun ist Benny tot. Nicht nur der Tod des Rüden macht die zwei Hansestädter traurig, sondern die Todesumstände und das Verhalten der Tierheim-Leitung. „Am 30. April sind wir mit Benny spazieren gegangen. Er war richtig gut drauf, man merkte kaum etwas von seiner Arthrose“, erinnert sich Helga Vesterling. Nach der Rückkehr ins Tierheim bekommt das Paar die Information, Benny solle am 3. Mai geschoren werden. Dazu müsse er in Narkose gelegt werden. „Sie wollten dann gleich einen Rundum-Check bei ihm machen lassen und Zahnstein entfernen“, sagt Helga Vesterling.

Was sie nicht ahnt: Am Donnerstag, 4. Mai, wird sie einen Anruf aus dem Hoyersburger Tierheim und die damit verbundene Nachricht erhalten, dass Benny eingeschläfert worden ist. „Man hat uns gesagt, es sei bei ihm ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert worden. Deshalb wurde er eingeschläfert“, erklärt die Salzwedelerin. Eine Vorgehensweise, die sie und ihren Lebenspartner auch heute noch schockiert. „Wieso hat man uns nicht angerufen und gemeinsam nach einer Lösung gesucht?“, fragt sich Uwe Schrader.

„Vielleicht wäre eine Operation möglich gewesen. Wir hätten auch die Kosten dafür übernommen. Aber so, wie man vonseiten des Tierheims mit uns umgegangen ist, ist es ungeheuerlich“, sagt Uwe Schrader. Nach so vielen Jahren hätte man ein Recht gehabt, über Bennys Zustand informiert zu werden und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. „Das haben wir nicht verdient und Benny auch nicht.“

Ins Tierheim können die beiden Salzwedeler seit dem Vorfall nicht mehr gehen. Zu viel erinnert sie an ihren geliebten Rüden. Außerdem haben beide das Verhalten der dort angestellten Mitarbeiter im Hinterkopf.

Uwe Schrader und Helga Vesterling sind nicht die einzigen, die in der Vergangenheit Probleme mit der Tierheim-Leitung oder dem Vorstand des Tierschutzvereins hatten. Unterlagen, die der Volksstimme vorliegen, zeichnen ein Bild von persönlichen Kleinkriegen, schlechter Personalpolitik und belasten ehemalige und aktuelle Tierheim-Mitarbeiter schwer. Eine Spur von Entlassungen, Vereinsaustritten und Hausverboten zieht sich insbesondere durch die Jahre 2015 und 2016.

So wurden Inga Martens-Jagenholz und Thomas Jagenholz aus dem Tierschutzverein ausgeschlossen, weil sie eine Auseinandersetzung mit einem Vorstandsmitglied hatten. Ihnen wurde ebenso ein Hausverbot für das Hoyersburger Tierheim erteilt, wie der ehemaligen und fristlos entlassenen Mitarbeiterin Kristine Eitner-Kütt.

Auch der schwerbehinderte Mitarbeiter Ronny Goldhammer, der seit dem 1. November 2013 über eine Fördermaßnahme im Tierheim angestellt war, wurde fristlos gekündigt und erhielt Hausverbot.

Das Brisante daran: An allen drei Entscheidungen, die der Vereinsvorstand am 11. Februar 2016 fällte, war die damalige Schatzmeisterin Heike Gillich nicht beteiligt. Das belegt ihr Schreiben vom 15. Februar: „Ich erkläre, über die Entscheidungen, die in den Vorstandssitzungen getroffen wurden, wie beispielsweise den Ausschluss von Kristine Eitner-Kütt aus dem Tierschutzverein und die Kündigung von Ronny Goldhammer, nicht informiert oder nach meiner Meinung gefragt worden zu sein.“

Heike Gillich legte daraufhin ihr Amt als Schatzmeisterin nieder. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung wurde für den 16. April 2016 einberufen, da neben dem Schatzmeisterposten auch ein neuer stellvertretender Vorsitzender – Katja Heider war ebenfalls aus Protest zurückgetreten – zu wählen war. Die Versammlung sollte im Dorfgemeinschaftshaus Umfelde abgehalten werden, aus Zeit- und Kostengründen, wie der Vorstand auf der Einladung vermerkte.

Im Vorfeld der Versammlung meldeten gleich mehrere Vereinsmitglieder ihre Bedenken zu den Geschehnissen im Verein an. So schrieben Ehrenvorsitzender Wolfram Hille und seine Frau Margarete Hille als Ehrenmitglied folgendes: „Als Gründer des Tierschutzvereins Salzwedel protestieren wir beim derzeitigen Vorstand gegen ungerechtfertigte, satzungswidrige und willkürliche Entlassungen, Ausschlüsse aus dem Verein und Tierheimverbote. Wir mahnen zu mehr verantwortungsbewussterem Umgang miteinander und mehr Zusammenhalt zugunsten der Tiere.“

Angelika Bischof, Hannelore Laule und Erika Lahmann forderten den Vorstand am 5. April 2016 schriftlich auf, vor der geplanten Vorstandswahl eine Begründung für die Personalentscheidungen abzugeben, da diese nicht satzungskonform erfolgt seien. Zudem baten sie darum, dass die Vereinsmitglieder sich zu den Vorgängen äußern können.

„Im Interesse des Vereinszweckes sind wir als langjährige Mitglieder des Tierschutzvereins an einer vernünftigen, nachvollziehbaren und satzungsgemäßen Arbeit des Vereinsvorstandes interessiert. Eine transparente Führung des Tierheimes und ein korrektes, achtungsvolles Verhalten gegenüber Arbeitnehmern halten wir außerdem für unabdingbar“, heißt es in dem Schreiben der drei Frauen.

Um allen Mitgliedern vorab erklären zu können, warum sie verlangen, eine Begründung des Vorstandes offiziell auf die Tagesordnung der Versammlung setzen zu lassen, fragte Angelika Bischof Ingrid Ringleb nach einer Auflistung aller Vereinsmitglieder. Diese wurde ihr aus „Datenschutzgründen“ verwehrt.

Bei der Versammlung selbst meldete dann Versammlungsleiterin Evelyn Menke ihre Bedenken an, den Antrag auf die Tagesordnung zu nehmen, da den Mitgliedern dazu keine Informationen vorlägen. Außerdem würden die Erklärungen dazu die Veranstaltung unberechenbar in die Länge ziehen. Der Antrag wurde daraufhin abgelehnt. „Danach begann Frau Menke, verschiedene Punkte des Antrags einseitig und unrichtig zu kommentieren. Ich meldete mich eine Weile durch Handzeichen zu Wort, dies wurde von Frau Menke ignoriert“, erklärt Antje Gebert in einer offiziellen Beschwerde an das Amtsgericht Stendal. Evelyn Menke habe ihr den Mund verboten, sie zum Hinsetzen aufgefordert und abgemahnt, so Antje Gebert. „Das hatte weitere lautstarke Proteste anderer Vereinsmitglieder zur Folge, die sich über die Versammlungsleitung beschwerten.“

In der Folge der Versammlung traten mehrere Mitglieder des Vereins aus. Ruhe kehrte dennoch nicht ein. Auch die mittlerweile ebenfalls entlassene Tierheim-Leiterin Franziska Thiemann hat keinen Zutritt zum Hoyersburger Tierheim mehr, darf auch nicht mit Hunden spazieren gehen.