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Volksstimme-Wahltalk Internet, Steuern, Auslandseinsätze

Das Themenspektrum beim Volksstimme-Wahltalk war vielfältig. Etwa 100 Interessenten waren in die Orangerie auf Gut Zichtau gekommen.

Von Uta Elste 12.09.2017, 03:00

Zichtau l Die Direktkandidaten im Wahlkreis 66 (Altmark) sind inzwischen allgegenwärtig, auf Plakaten ebenso wie im Internet. Die Slogans, mit denen sie dort um Wählerstimmen werben, waren für Volksstimme-Regionalredakteur Marc Rath der Auftakt für den Volksstimme-Wahltalk. Kandidaten aus fünf von sechs Parteien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem 24. September in den Bundestag einziehen werden, waren der Einladung gefolgt. Matthias Büttner (AfD) hatte, nachdem der Termin für die Veranstaltung feststand, seine Teilnahme wieder abgesagt.

„Für Sie in den Bundestag“ ist auf den Plakaten von Eckhard Gnodtke (CDU) zu lesen. Lösungen suchen, auch für den Fachkräftemangel, erläuterte der Christdemokrat aus dem Salzwedeler Ortsteil Depekolk seine Ziele im Falle seiner Wahl. Jeder Jugendliche solle auch einen Schulabschluss bekommen.

„Denken wir neu“ fordert Marcus Faber (FDP) auf seinen Plakaten. Die Liberalen hätten sich seit 2013 neu erfunden, so der Stendaler. Auch personell, denn neun FDP-Direktkandidaten seien vor vier Jahren noch kein Parteimitglied gewesen. Neu denken bedeute für ihn, Lösungen auf die Frage, wie der Wohlstand in Zukunft gesichert werden könne, zu finden.

Mirko Wolff (Bündnis 90/Grüne) betont auf seiner Homepage die Notwendigkeit, für den Erhalt der Demokratie einzutreten. Es gebe inzwischen starke rechtspopulistische Tendenzen und Bürgerrechte würden für innere Sicherheit und Terrorabwehr eingeschränkt.

„Gerechtigkeit ist wählbar“ steht - vergleichsweise klein - auf den Wahlplakaten von Matthias Höhn (Die Linke). Zwar würden die Parteien der Großen Koalition etwa gute Renten wollen, dennoch gebe es Altersarmut. Bewegen werde sich nur etwas mit Druck von der linken Seite.

Als „Eine, die den Wegzug stoppt“ präsentiert sich Marina Kermer (SPD) auf ihren Wahlplakaten. Bislang sei das noch nicht erreicht, räumte die Stendalerin ein. Sie setze auf verbesserte Daseinsvorsorge, dann kommen abgewanderte junge Leute auch zurück.

Die Zuhörer in der Zichtauer Orangerie nutzten die Möglichkeit und sprachen im Verlauf des Wahltalks zahlreiche Themen an.

"Wann ist die Internetversorgung in der Altmark ausreichend, dass die Gamescom im Kulturhaus Kalbe stattfinden könnte?" (Hartmut Schnecke, Geschäftsführer Agrargenossenschaft Engersen)
Auf diese Frage wagte nur Marcus Faber eine konkrete Antwort: 2020/2021, so der Liberale. Marina Kermer erinnerte an die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und seinen Chef Alexander Dobrindt (CSU). Der habe die Strategie auf private Unternehmen ausgerichtet, deshalb sei sie gescheitert. Eckhardt Gnodtke verwies an die 141 Millionen Euro, die der Zweckverband Breitband Altmark (ZBA) bis 2019 investieren wolle. Das Problem seien jedoch die Ausschreibungen, und dass die Firmen nicht ausreichend Mitarbeiter hätten. Mirko Wolff konstatierte, dass der Auftrag, gleichwertige Lebensbedingungen in Städten und ländlichen Räumen zu schaffen, auf der Strecke geblieben sei. „50MBit hat fast Modemqualität bei dem, was heute so geht.“ Mit Fördermitteln werde sich an der Situation nichts ändern, so Matthias Höhn. Vielmehr müsse die öffentliche Hand den Ausbau anstoßen.

Doch Hartmut Schnecke bewegte nicht nur die Internetanbindung, sondern auch der Zustand der Straßen in der Region. Man komme nicht mal gefahrlos nach Thüritz, merkte er an. Marcus Faber kritisierte, dass in die Infrastruktur zu wenig investiert worden sei. Eckhard Gnodtke sah in Sachen Kreisstraßensanierung „Licht am Horizont“ , machte an die Adresse von Marcus Faber auch eine „interessante Forderungsmentalität“ aus. Es stehe nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung, über das Vertreter aller Parteien entscheiden.

"Warum machen Sie sich nicht stark für die Gesundheit der Menschen angesichts von Katastrophen und Klimawandel?" (Karl-Heinz Friedrichs, BI Saubere Umwelt & Energie Altmark, Apenburg)
Während sich Eckhard Gnodtke wünschte, dass aus dem Klimaschutzabkommen ausgescherte Staaten bald wieder in den Kreis der Unterzeichner zurückkehren, erinnerte Matthias Höhn daran, dass Deutschland selbst die gesteckten Klimaschutzziele nicht erreiche. Der Linken-Politiker verwies auf das Agieren von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Dieselskandal. Angesichts eines Gewinns von 20 Milliarden Euro seien die Autokonzerne durchaus in der Lage, Hardwareänderungen zu bezahlen. Mirko Wolff plädierte dafür, im Interesse von Klima und Boden Fehlanreize bei der Landwirtschaft zu korrigieren. Marcus Faber stellte fest, dass im Interesse des Klimaschutzes Projekte der Energiewende oft nicht sinnvoll wären. Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis zueinander.

"Was wird in nichtöffentlichen Sitzungen gemauschelt?" (Brigitte Schulz, BI Pro Jeetzetal Audorf)
„Im nichtöffentlichen Teil von Sitzungen passieren nicht so megaspannende Sachen“, berichtete Marcus Faber, der auch für die FDP im Stendaler Stadtrat sitzt. Meist gehe es um Personalangelegenheiten, und dass ein Verwaltungsmitarbeiter ein paar Euro mehr im Monat verdiene, solle nicht in der Zeitung stehen. Das konnte auch Mirko Wolff, 2013 amtierender Ortsbürgermeister von Kalbe, bestätigen. Marina Kermer erzählte, dass es in der zurückliegenden Legislaturperiode des Bundestages in vier Jahren zwei Mal nichtöffentliche Sitzungen gegeben habe - wegen Personalangelegenheiten.

Dennoch forderte Mirko Wolff ein Transparenzgesetz mit Lobbyregister. „Lobbyismus ist per se nicht schlecht“, erwiderte Matthias Höhn. Entscheidend seien jedoch Maß und Mitte, und das gelte beispielsweise auch für die Anzahl der Hausausweise, die für den Bundestag ausgestellt werden.

Als Mitglied der Bürgerinitiative Pro Jeetzetal, die gegen die Errichtung eines Windparks bei Siedenlangenbeck kämpft, trieben Brigitte Schulz auch die aus ihrer Sicht fehlenden Auskünfte der Ämter sowie die wachsende Zahl der Windkraftanlagen um. „Wir produzieren den Strom für andere und müssen ihn bezahlen“, beklagte sie.

Die Planung der Windparks sei ein transparenter und demokratischer Prozess in der Regionalversammlung, in dem alle Träger öffentlicher Belange sich einbringen können, erklärte Eckhard Gnodtke. Mirko Wolff betrachtete die Problematik Windkraft dagegen grundsätzlicher. „Es fehlt ein Konzept“, so sein Fazit. Nicht alle Bundesländer würden gleich in die Pflicht genommen und die Einbindung der betroffenen Menschen erfolge oft zu spät.

"Ich bitte um ein Statemet zur Steuerpolitik!" (Dr. Ilja Karl, Plathe)
„Wir haben in Deutschland die höchste Abgabenquote“, sagte Marcus Faber. Die Stromsteuer müsse abgeschafft werden, die Subventionen für Konsum gestrichen und statt dessen Forschungsunternehmen zugute kommen. Marina Kermer erinnert an das Wahlprogramm der SPD, das unter anderem eine Erbschaftssteuerreform und die Abschaffung der Abgeltungssteuer enthält, was auch Forderungen der Partei Die Linke sind. Eckhard Gnodtke verwies auf die von der CDU geplanten Entlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro. „Über Steuern lässt sich trefflich streiten“, stellt Mirko Wolff fest. Wenn der Rüstungsetat nicht erhöht werde, stünde eine Menge Geld für andere Dinge zur Verfügung.

"Wie stehen Sie zur Massentierhaltung und zur Problematik der multiresistenten Keime?" (Dr. Walter Jakel, BUND-Vorsitzender im Altmarkkreis)
Mirko Wolff legte zunächst seine Ansichten zu fairer Tierhaltung und Preisgestaltung dar, doch die Zuhörer hakten nach: Ab wann beginne für ihn die Massentierhaltung? Mirko Wolff nannte keine direkte Zahl, sondern machte eine angemessene Haltung am Platz fest, der dem einzelnen Tier zur Verfügung steht. Auch Matthias Höhn wollte den Begriff Massentierhaltung nicht mit einer Zahl verbinden. Marina Kermer räumte ein, dass Tierhaltung nicht zu ihren Schwerpunkten als Bundestagsabgeordnete gehöre, stellte aber klar: „Die meisten Antibiotika verabreichen nicht die Landwirte, sondern die Hausärzte.“

"Welchen Standpunkt vertreten Sie persönlich zum Abzug der Atomraketen aus Deutschland?" (Frank Tepper, Kalbe)
Eckhard Gnodtkes Exkurs von den völkerrechtlichen Grundlagen der Auslandseinsätze der Bundeswehr über die Demonstrationen anlässlich der Stationierung der Mittelstreckenraketen in den 1980er-Jahren bis hin zu Gorbatschows Feststellung, dass das Gleichgewicht des Schreckens letztlich die Mauer zum Einsturz brachte, stoppte der Zwischenruf einer Zuhörerin, dass man es inzwischen mit Donald Trump und nicht mehr mit Michail Gorbatschow zu tun habe. Schließlich bekannte er sich zu den Verpflichtungen der Bundesrepublik als NATO-Mitglied. Weg mit den Atomwaffen, forderte Marina Kermer ebenso wie Marcus Faber. Einem Abzug der Atomraketen würde er zustimmen, sagte Matthias Höhn. Doch dafür müssten alle deutschen Soldaten wieder nach Hause geholt werden.

"Wir sollten alle deutschen Soldaten aus den Auslandseinsätzen zurückholen und den Verteidigungsetat nicht auf zwei Prozent erhöhen." (Heinz Riemann, Rossau)
Dieser Forderung stimmte Mirko Wolff zu. „Wir mischen zu viel mit. Wir sollten uns zurückziehen, denn es geht eigentlich um neue Märkte.“ Matthias Höhn rechnete vor, dass sich Deutschlands Verteidigungsetat auf 70 Milliarden Dollar belaufen würde, wenn das Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erreicht würde. Damit würde Deutschland mehr als Rußland ausgeben, das derzeit 69 Milliarden Dollar ausgibt. Aktuell beläuft sich Deutschlands Verteidigungsetat auf 41,1 Milliarden Dollar. Auch Marina Kermer erachtete das Zwei-Prozent-Ziel als falsch.

Dagegen erinnerte Eckhard Gnodtke an die Signalwirkung in Richtung der osteuropäischen Partner, wenn Deutschland seine Verpflichtungen nicht erfülle. Markus Faber regte an, auch die Ausgaben für die Entwicklungshilfe in den Wehretat mit einzubeziehen, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Diese beliefen sich derzeit gerade auf 0,4 Prozent des BIP. Deutschland habe sich jedoch zum UN-Ziel von 0,7 Prozent bekannt, dieses jedoch noch nie erreicht.

"Sachsen-Anhalt ist ein Niedriglohnland! Tarifverträge sollen wieder bindend sein und Renten nicht aufgestockt werden müssen." (Wolfgang Klauß, Kalbe)
Für eine Rente über dem Grundeinkommen müsse man bei 45-jähriger Vollzeit-Tätigkeit 11,68 Euro pro Stunde verdienen, rechnete Matthias Höhn vor. Daher fordere die Linke einen Mindestlohn von 12 Euro und die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, Forderungen, denen sich auch Mirko Wolff anschloss. Eckhard Gnodtke sprach sich für starke Betriebsräte aus, während sich Marina Kermereine stärkere organisatorische Basis der Gewerkschaften wünschte. Marcus Faber wandte ein, dass ein Mindestlohn von 12 Euro vor Probleme stelle und forderte, stärker gegen Schwarzarbeit vorzugehen.

"Kann es nicht Fördermittel von ,ganz oben' für öffentliche Bäder geben?" (Astrid Läsecke, Ortsbürgermeisterin Zichtau)
Kommunen müssen eine auskömmliche Grundfinanzierung haben, forderte Matthias Höhn. Dagegen wusste Mirko Wolff, dass eben diese oft für freiwillige Leistungen nicht vorhanden ist. Marcus Faber regte an diesem Punkt an, für solche Zwecke das Kooperationsverbot zwischen dem Bund und den Kommunen aufzuheben.

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