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Negativtrend Krise der freiwilligen Feuerwehren

Auch im Salzlandkreis müssen sich die freiwilligen Feuerwehren aufgrund von Nachwuchsproblemen und Mitgliederschwund neu aufstellen.

Von Massimo Rogacki 11.08.2015, 17:13

Salzlandkreis l Man stelle sich vor, es brennt und keiner eilt zur Hilfe. Ein Horrorszenario, das in ländlichen Gebieten niemand erleben möchte. Aber jenen, die helfen sollen und wollen, geht es nicht gut. Freiwillige Feuerwehren in Deutschland müssen kämpfen - um Mitglieder und um Akzeptanz bei den Arbeitgebern. Etwa tausend Mitglieder verlieren die Wehren zusammengenommen pro Jahr. Die Herausforderung, in kleinen Feuerwehren im ländlichen Raum die Tagesbereitschaft zu gewährleisten, wird zunehmend größer. Es kommt vor, dass pro Monat zwei Standorte deutschlandweit dichtgemacht werden.

Während der Landesfeuerwehrverband bereits Alarm schlägt, hütet man sich im zuständigen Sachgebiet im Salzlandkreis vor übertriebener Panikmache. Reingard Stephan, Fachgebietsleiterin Sicherheit, ist sich der Negativtendenz jedoch bewusst: „Natürlich besteht Grund zur Sorge. Altersbedingte Abgänge, junge Menschen, die die kleinen Orte verlassen, allgemein der demografische Wandel, werden uns fortan vor große Herausforderungen stellen.“ Die Zahlen, mit denen Martina Lorenz, Sachgebietsleiterin Brand- und Katastrophenschutz, aufwartet, veranschaulichen, dass es auch im Salzlandkreis immer weniger Mitglieder in den Feuerwehren gibt.

„Das sind größtenteils Abgänge aus Altersgründen“, beschwichtigt sie. Seit Beginn der Erfassung haben die Feuerwehren im Salzlandkreis etwa 170 Mitglieder im Einsatzdienst eingebüßt. Das ist nicht viel. Doch seit 2013 nimmt der Aderlass zu. Der demografische Wandel, eine zunehmend ältere Gesellschaft, hinterlässt Spuren. „Wie sich die Situation in einigen Jahren darstellt, steht in den Sternen“, sagt Stephan.

Doch wie dem entgegenwirken? Die Altersgrenze hochsetzen und dem Rentenalter anpassen, das sollte für Führungskräfte zumindest möglich sein, sagt Martina Lorenz. „Für die, die es wollen und die Belastungen noch aushalten, sollte man eine Ausnahme machen.“ Doch der Schuh wird in Zukunft vor allem bei den Aktiven drücken.

Freiwilliger Feuerwehrmann zu sein, ist unpopulärer geworden. Trotz des finanziellen Ausgleichs ist das Ehrenamt Feuerwehr im Beruf häufig mehr Makel als Auszeichnung. „Um den Anreiz für Feuerwehrleute und für den Arbeitgeber hier zu stärken, ist der Gesetzgeber gefordert. Ein erster Schritt ist mit der Zusatzrente ja schon gemacht“, erläutert Lorenz.

Was bleibt an Hoffnungsschimmern für die Zukunft? Im ländlichen Raum auf Hauptamtliche zu setzen, würde wahrscheinlich zu teuer, sagt Lorenz. Mehrfachalarmierungen und die Fusion von Wehren seien die einzige Möglichkeit, dem Negativtrend zu begegnen. In Familien, in denen bereits der eine oder andere in der Feuerwehr aktiv ist, könne man den Nachwuchs etwas gezielter beeinflussen. Lorenz weiß, wovon sie spricht, auch sie kommt aus einer „Feuerwehrfamilie“. Im Moment ist die Lage im Salzlandkreis noch nicht so brisant wie andernorts in Deutschland.

Seit der Gebietsreform 2007 sind sieben Wehren integriert oder aufgelöst worden. „Wir werden uns trotzdem hüten, heile Welt verzugaukeln“, sagt Reingard Stephan.