Kleingartenwesen Neue Struktur zwingend

Die. SPD-Landesvorsitzende Katrin Budde besuchte am Montag Vorstände Schönebecker Kleingartenanlagen.

Von Ulrich Meinhard 12.10.2015, 19:00

Schönebeck l Mit einem für sie eher ungewöhnlichen Thema hat sich die Landeschefin der SPD in Sachsen-Anhalt gestern in Schönebeck beschäftigt. Bei einem Treffen zwischen Katrin Budde und den Vorsitzenden mehrerer Kleingartensparten ging es um die schönen Seiten des Gärtnerns, aber auch um die Probleme, mit denen sich das Kleingartenwesen konfrontiert sieht.

Zum Auftakt ließ sich die Sozialdemokratin von Klaus Netzband durch die Anlage „Flora“ führen und erfuhr, dass diese - 1931 gegründet - die älteste im Reigen der sie umgebenden Anlagen ist. Neben wunderbar bewirtschafteten Flächen gibt es auch hier Leerstand. Und wenn junge Leute einen Garten übernehmen, haben sie oft ganz andere Vorstellungen. „Manche kommen nur zweimal im Jahr zum Feiern“, stellte Netzband sachlich fest. In einem Fall musste, um ein extremes Negativbeispiel zu nennen, die fristlose Kündigung ausgesprochen werden, weil der anvertraute Garten samt Bebauung nach einem Jahr aussieht wie nach einem Bombeneinschlag. Der Jugend freien Lauf zu lassen - das könne auch schiefgehen, schätzte der Vorsitzende ein.

Verändert habe sich auch der Anspruch. Waren zu DDR-Zeiten Kleingärten heiß begehrt und in der Regel um die 600 Quadratmeter groß, bevorzugen heutige Laubenpieper eher Flächen von 250 Quadratmetern. Viel Arbeit schreckt ab, zudem dienen Kleingärten heute nicht mehr intensiv als Orte der eigenen Versorgung, wie es früher noch der Fall war.

Nach dem Besuch des Bienenlehrgartens trafen sich alle Beteiligten im Restaurant „Weltrad“ zu einer Diskussion. Dabei zeigte sich, dass der Umgang mit nicht mehr bewirtschafteten Gärten eines der größten Probleme der Vorstände ist. „Für uns ist wichtig, was wird mit dem Leerstand? Denn den halten wir nicht auf“, sagte der Vorsitzende der Sparte „Waldfrieden“, Rolf-Dieter Jacob.

Sein Kollege Herbert Braumann von der Sparte „Frohsina“ sieht sich seit dem Hochwasser vom Juni 2013 einer hohen Kündigungswelle gegenüber. Für ihn stellt sich die Frage, wie die Kosten des notwendig werdenden Rückbaus finanziert, wie sie verteilt werden können, aber auch: „Was wird aus der gesamten Anlage, wenn sie aufgegeben wird“, fragte er und bezog sich auf das Kleingarten-Entwicklungskonzept für Schönebeck (kurz: KEKS), nach dem „Frohsina“ wohl in 15 Jahren nicht mehr existieren wird. „Wie sollen wir noch jemanden begeistern für die Anlage, wenn sie mittelfristig aufgegeben wird“, stellte Braumann eine schier unlösbare Frage in den Raum.

Noch schlimmer betroffen vom Hochwasser und vor allem von dessen Folgen waren und sind die Kleingärtner der Sparte „Waldesruh“ in Grünewalde. Von den knapp 300 Gärten stehen weit über die Hälfte leer, beziehungsweise werden nicht mehr genutzt. Wenn sich Interessenten für einen Garten finden, wollen sie eine moderne Laube mit Strom- und Wasseranschluss, Gärten mit 80 Jahre alten Lauben werden die Vorstände nicht los - und die Kosten dafür auch nicht.

Die Verbandsvorsitzende der Gartenfreunde Schönebeck und Umgebung, Karin Libbe, sagte, dass aus oben genannten Gründen zwei Vereine kurz vor der Insolvenz stehen.

Einer der Lösungsvorschläge von Katrin Budde lautete: Konzentrieren auf Bereiche, in denen Kleingärten auf jeden Fall bleiben und dafür konkret nach Lösungen suchen. Und: „Wir müssen das Tempo erhöhen bei der Restrukturierung der Kleingärten, so dass wir in fünf Jahren eine neue Struktur haben.“ Sie ist sich sicher: „Wir werden Lösungen finden. Das wird das Land nicht alleine machen. Aber wir haben alle Interesse daran.“ Es müsse hinsichtlich der Finanzen geprüft werden, inwieweit Mittel aus den Stadtumbauprogrammen eingesetzt werden können.