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ThyssenKrupp Tüfteln an moderner Lösung

Ein viertel Jahrhundert nach der Wende gehört Schönebeck wieder zu den Spitzenreitern: Nicht Traktoren werden produziert, sondern Lenkungskomponenten für Autohersteller weltweit.

Von Olaf Koch 21.10.2015, 17:39

Schönebeck l Wie wichtig der Standort Schönebeck für die Fahrzeugindustrie ist, wurde vor wenigen Wochen deutlich. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel besuchte ThyssenKrupp – und zwar das Werk in Schönebeck. Während seines Besuchs konnte er sich ein Bild vom hochautomatisierten Produktionsprozess, der Innovationskraft und dem Ausbildungsstandard des Automobilzulieferbetriebes machen. ThyssenKrupp produziert am Standort Schönebeck Lenkungskomponenten für die internationale Automobilindustrie.

Das weltweit agierende Unternehmen stellt derzeit die Weichen für eine flächendeckende Digitalisierung der Produktionsprozesse. Konzernweit wird aktuell die Prozesslandschaft standardisiert und global eine einheitliche und leistungsfähige IT-Infrastruktur mit eigenen Rechenzentren aufgebaut. Voraussetzung für eine gezielte Digitalisierung der Wertschöpfungsstufen ist das Sammeln, Speichern und Weiterverarbeiten von großen Datenmengen aus dem Produktionsprozess.

Das Werk in Schönebeck gehört zu einem Produktionsverbund von insgesamt drei Standorten, an denen ThyssenKrupp werksübergreifend eine sogenannte „Big Data“-Analyse durchführt. Dabei werden über 200 Messparameter aus Produktion und Montage der Lenkungssysteme permanent aufgezeichnet und in einem einheitlichen Datenformat gespeichert. Anschließend sortiert und analysiert spezielle Software den riesigen Datenberg, um daraus bisher unbekannte Rückschlüsse auf das Zusammenspiel und die Auswirkungen der verschiedenen Prozessschritte zu ziehen.

„Auf Basis dieser Informationen wollen wir Vorhersagemodelle schaffen, mit deren Hilfe wir bereits in der Fertigungsplanung auf mögliche Fehlerquellen während der Produktion hingewiesen werden. So verbessern wir unsere Qualitätsstandards und erhöhen die Produktivität“, erklärt Patrick Vith, Manager im Lenkungsgeschäft von ThyssenKrupp.

Lenksysteme gehören zu den komplexesten Bauteilen in einem Automobil. Die von ThyssenKrupp entwickelten elektrisch unterstützten Lenkungen sind energieeffizienter als konventionelle hydraulische Lenksysteme. Sie ermöglichen je nach Fahrzeug Kraftstoffeinsparungen von bis zu einem halben Liter pro 100 gefahrenen Kilometern. Zudem sind sie eine technologische Voraussetzung für viele Fahrerassistenzsysteme, wie zum Beispiel automatisiertes Parken, Spurerkennung und teil- beziehungsweise vollständig automatisiertes Fahren.

Die Lenkungsspezialisten von ThyssenKrupp erforschen derzeit Anwendungsfelder des autonomen Fahrens. So wurde in diesem Jahr mit Kooperationspartnern ein vollständig selbstfahrendes Auto mit ThyssenKrupp Lenkungstechnologie und -software erfolgreich getestet. Zudem hat das Unternehmen ein sogenanntes „Steer-by-Wire“ System entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Lenkung ohne durchgehende mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern. Die Lenkbefehle werden ausschließlich elektrisch übertragen. Solche Systeme werden zukünftig viele neue Lenk- und Assistenzfunktionen im Auto ermöglichen.

Der Standort Schönebeck gehört zu einem Produktionsnetzwerk zur Herstellung von Lenkungen. Rund 750 Mitarbeiter produzieren dort Lenkungskomponenten, die zu Baugruppen vormontiert werden, bevor sie in weiteren Werken des Unternehmens in Deutschland und Frankreich zu Lenksystemen zusammengebaut werden. Im Schönebecker Werk absolvieren pro Jahr 30 Jugendliche eine Ausbildung in kaufmännischen und gewerblich-technischen Berufen.