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Heimaträtsel Todesstoß für Windmühlen

Beim Barbyer Heimaträtsel wurde nach dem Mühlenanger im Süden der Stadt gefragt. Nur zwei Leser wussten Bescheid.

Von Thomas Linßner 06.11.2015, 17:02

Barby l Friedrich Wehling verbrachte seine Kindheit im Umfeld der „Ostmarksiedlung“, die heute August-Bebel-Straße heißt. Der 85-Jährige kann sich noch gut an die Windmühle von Franz Fritze erinnern, die beim schwersten Bombenangriff auf Barby im Januar 1944 stark beschädigt wurde. Zwischen 23 und 24 Uhr verwüstete eine schwere Sprengbombe (im Volksmund Luftmine), Stabbrandbomben und Phosphorbomben den südlichen Stadtrand von Barby. Wie durch ein Wunder gab es nur wenige Verletzte, aber rund 60 durch Feuer beschädigte Häuser. Die Chronik vermerkt 96 abgedeckte Dächer. Die Bockwindmühle von Franz Fritze hatte nach diesem Angriff fast die komplette Holzverkleidung verloren.

„Das Aquarell von Armin Timler zeigt rechts Fritzes, in der Mitte Bunges Bockwindmühle und im Hintergrund den ‚Holländer‘ von Falcke“, weiß Friedrich Wehling. Demnach wurde das Bild vor 1944 gemalt, weil alle drei Mühlen intakt sind.

„Auf Fritzes Mühlenhügel hat später der Arzt Dr. Vogel sein Haus gebaut“, berichtet der 85-Jährige. Hier hätten die Kinder und Jugendlichen der „Ostmarksiedlung“ mehrfach die imposantesten Osterfeuer aufgestapelt, die es in Barby gab. „Es hat ja immer einen Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Trupps gegeben, wer das größte Feuer schaffte“, erinnert sich Friedrich Wehling. Unweit von Fritzes Mühle lag „Kurdums Teich“. Er ist heute eingezäunt und liegt auf dem Gelände des Kleintierzuchtvereins. „Dort haben wir uns Boote aus Binsen gebaut. Diese hohlen Gräser fand man damals dort noch reichlich“, erzählt der Barbyer.

Heute ist von den Barbyer Windmühlen nur noch Bunges kleiner Mühlenhügel und der „Holländer“ übrig, der die einzige aus Steinen gebaute Windkraft war.

Die Holländer-Windmühle gilt als die letzte von einstmals 12 Windmühlen, die in Barby standen. Seit Juni 2010 trägt der 18 Meter hohe Torso am südlichen Ortseingang von Barby wieder eine Dachhaube. Die Besitzer Krystyna und Henryk Rambau – sie sind Rentner in Pömmelte – hatten sie selbst gebaut. Ein Mobilkran hob das fünf Tonnen schwere Teil auf den Turmtorso, der 1990 ausgebrannt war. Die Reste der noch gut erhaltenen Windrose und des Rutenkreuzes vernichtete das Feuer 1990.

„Die Turm- oder Holländerwindmühle ließ der Barbyer August Bunge errichten. 1932 übernahm sie Friedrich Falcke. Bis 1958 wurde hier mit Wind gemahlen. Anschließen wurde mit einem Elektromotor für Brauereien Gerste geschrotet“, weiß Hannelore Beerbaum, die aus Magdeburg anrief. Sie hat Verwandte in Barby, die sie heute noch oft besucht. Ihr Großvater hatte eine Landwirtschaft und sei „Stammkunde“ bei einem der Windmüller gewesen.

Anfang der 1930er Jahre existierten 16 Bäckereien in der Elbestadt Barby, die damals über 5000 Einwohner zählte. Die meisten von ihnen verarbeiteten Getreide, das in den Barbyer Mühlen vermahlen wurde. Hannelore begleitete ihren Opa auf dem Pferdefuhrwerk zur Mühle Falcke, wo auch Hühnereier verkauft wurden.

Preisträger des Heimaträtsels ist Friedrich Wehling, der sich einen kleinen Gewinn in der Schönebecker Redaktion in der Wilhelm-Hellge-Straße 71 abholen kann.