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Neue Motoren Schönebecker Wärme amerikanischer Art

Für drei Millionen Euro haben die Stadtwerke Schönebeck ihr Blockheizkraftwerk neu motorisiert.

Von Ulrich Meinhard 14.01.2016, 21:26

Schönebeck l Jetzt kann die Kälte kommen. Kalt werden dürfte es den Schönebeckern nicht, denn am gestrigen Donnerstag sind im Blockheizkraftwerk am Schwarzen Weg drei neue Motoren in Betrieb genommen worden. Hochmoderne und effiziente, wie der Geschäftsführer der Stadtwerke Schönebeck, Friedrich Husemann, versichert. Das Blockheizkraftwerk (kurz BHKW) ging im Oktober 1998 in Betrieb. Es versorgt 7600 Haushalte sowie Betriebe - etwa auch das Solequell - mit Wärme und mit Strom. Nach einer Laufzeit von knapp 17 Jahren sind die alten Generatoren nun durch neue ausgetauscht worden. Ein Projekt, das einige Monate in Anspruch nahm. „Wir haben im Frühjahr begonnen“, erklärt Husemann. In mehreren Schritten (so mussten die Motoren demontiert und die Halterungen zum Teil vergrößert sowie der Fußboden neu verlegt werden) erfolgte die Remotorisierung des Kraftwerkes.

Der Wirkungsgrad liegt bei 90 Prozent.

Die drei neuen Motoren erzeugen Wärme und Strom auf Basis von Gas und verfügen über eine elektrische Leistung von je zwei Megawatt und über eine thermische Leistung von je 2,2 Megawatt. Das Herausragende: Der Wirkungsgrad liegt bei 90 Prozent. „Ein irrsinnig hoher Wert“, jubelt Husemann. Er unterlässt es bei dieser Gelegenheit nicht, auf den weitaus geringeren Wirkungsgrad von Solarzellen hinzuweisen, der bei maximal 15 Prozent liegt. Somit seien die drei Millionen Euro Investitionskosten überaus gut angelegt, sowohl im Sinne der Stadtwerke-Kunden als auch im Sinne der Umwelt, findet Husemann.

Zum Wirkungsgrad sei hier kurz erläutert, dass bei einem Wert von 90 Prozent lediglich zehn Prozent der Energie verloren gehen, etwa auf dem Transportweg. Der Wirkungsgrad von Solarzellen ist deshalb so gering, weil es (noch?) nicht gelingt, die faktisch zu 100 Prozent auftreffende Sonnenenergie zu mehr als 15 Prozent in Strom oder in nutzbare Wärme umzuwandeln beziehungsweise weiter zu leiten. Der Wirkungsgrad einer Dampflokomotive liegt - als Vergleich - bei etwa 18 Prozent, der eines Kohlekraftwerkes bei weltweit durchschnittlich etwa 31 Prozent, das modernste erzielt 45 Prozent (die ersten Kohlekraftwerke hatten einen Wirkungsgrad von nur 1 Prozent, Quelle: www.energie-fakten.de).

Der hohe Wirkungsgrad beeindruckt auch den ehemaligen Leiter des Blockheizkraftwerkes (BHKW), Detlef Schramm, der gestern zu den Gästen der Inbetriebnahme gehörte. Verglichen mit den alten Motoren sei die Leistung jetzt „deutlich höher“, sagt er gegenüber der Volksstimme.

Hergestellt wurden die neuen Motoren von der Firma Caterpillar am Produktionsstandort Lafayette im US-amerikanischen Bundesstaat Indiana. Sie kamen also per Schiff über den Atlantischen Ozean. Partner der Amerikaner in Deutschland ist die Firma Zeppelin Power Systems GmbH mit Sitz in Hamburg und Achim. Sie gehört zum Zeppelin Konzern mit Sitz in Garching. Geschäftsführer Volker Poßögel und BHKW-Vertriebsleiter Reinhard Ihle berichten bei einem Rundgang im Maschinenraum (die Generatoren stehen zu diesem Zeitpunkt noch still, sonst würde niemand ein Wort verstehen) von der Arbeitsweise der Technik und verweisen kurz auf die eigene Firmengeschichte. Der Betrieb geht zurück auf den Grafen Zeppelin, der zur Jahrhundertwende 1900 Luftschiffe konstruierte. Später konzentrierte sich das Unternehmen auf den Maschinen- und Apparatebau. Die amerikanischen Motoren werden in Deutschland von Mitarbeitern der Zeppelin Power Systems GmbH zu den jeweils gewünschten Zwecken hergerichtet. Auf Schiffen etwa sind diese Motoren als Dieselaggregate eingesetzt und erzielen dort eine Leistung von bis zu 2,5 MVA (Megavoltampere), ist zu erfahren. Außerdem: Die Anlage in Schönebeck muss nach 1500 Betriebsstunden turnusmäßig gewartet werden, die Wartung führen Mitarbeiter der Zeppelin Power Systems GmbH aus.

Stadtrat Manfred Pöschke (FDP/Rettet die Altstadt) erinnert beim Rundgang an die damals umstrittene Stadtratsentscheidung Mitte der 1990er Jahre, mitten in einem Wohngebiet ein BHKW zu errichten. Seine Fragen: Wie wird verhindert, dass sich die von den Motoren ausgehenden Schwingungen auf die Umgebung übertragen und wie wird mit den Abgasen umgegangen?

Die Antworten: Spezielle Unterlagerungen fangen die Schwingungen zu einem Großteil auf, der Rest „verebbt“ in einem 25-Tonnen-Fundament. Ein moderner Katalysator filtert die Abgase.

Das BHKW wird von nur vier Stadtwerke-Mitarbeitern betrieben. Ihre Aufgabe ist es im Wesentlichen, den Betrieb je nach Abnahmebedarf höher und niedriger zu fahren und die Anlage insgesamt zu überwachen. Anlagenwart Sebastian Seitz geht davon aus, dass die Reparatur- und Wartungsarbeiten jetzt wesentlich geringer ausfallen als mit den alten Motoren. Die bisherigen Jenbacher-Motoren sind, wie es im Stadtwerke-Kundenmagazin heißt, im „Motorenaltersheim“. Aber aus dem können sie auch wieder herausgeholt werden. Stadtwerke-Chef Husemann geht davon aus, dass sich für sie ein Käufer findet, denn funktionstüchtig sind sie noch.

Zum Abschluss eine Kurzdefinition zum BHKW: Eine modular aufgebaute Anlage zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme.