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Einsatz in Ranies Die „Auf schönes Wetter“-Abnahme

Vor dem Ranieser Rosenmontagsumzug am Sonntag kommt die Abnahme am Sonnabend.

Von Heike Liensdorf 09.02.2016, 17:31

Ranies l Auch wenn der Rosenmontagsumzug am Sonntag in Ranies nun Geschichte ist, ist eines wohl Jahr für Jahr gleich. Den letzten Schliff gibt es für die Schaubilder am Tag zuvor. Da packen alle Teilnehmer noch einmal kräftig an, um einen möglichst perfekten Beitrag zum Umzug beizusteuern.

Und an jenem Sonnabend werden auf den Bauplätzen gegen Nachmittag, Abend auch immer vier Herren erwartet. Wolfgang Schröder (ehemals Vorsitzender des veranstaltenden Kultur- und Sportvereins), Hans-Jürgen Jänicke (Moderator), Heinz-Werner Herrler (Moderator) und Günter Heinrich sind seit Jahren, ja Jahrzehnten, für die End-Abnahme zuständig. Was verbirgt sich hinter dem Motto, das die Bautruppe gemeldet hat? Welche Texte werden am Wagen zu lesen sein? Wann startet wer, um eine gute Mischung aus Fahrzeugen und Fußtrupps zu haben? Sind Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit gegeben? Fragen über Fragen, die sie routiniert klären. Und bevor es zur nächsten Abnahme geht, dreht sich immer alles um eines: Um schönes Wetter zum Umzug! Ein Ranieser Ritual, eine „Vorsichtsmaßnahme“ oder ein gutes Omen? Auf alle Fälle kennen es alle und wissen, was zu tun ist.

Erste Station: Bauplatz Birgit Kunze. Nach einer herzlichen Begrüßung teilen sich die Herren. Während Wolfgang Schröder und Günter Heinrich das Gefährt in Augenschein nehmen, haben Heinz-Werner Herrler und Hans-Jürgen Jänicke nur eines im Sinn: die Texte. Also die Aufschriften, die die Wagen am kommenden Tag zieren werden und das Motto wiedergeben. Kein Problem, die Transparente, die noch angebracht werden müssen, werden ausgerollt. Das Notieren kann beginnen. Denn: Hans-Jürgen Jänicke und Heinz-Werner Herrler sind die Moderatoren auf den beiden Bühnen und verlesen Schaubild für Schaubild das Motto. Wolfgang Schröder und Günter Heinrich checken die Gefährte auf Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit und vergeben die Startnummern. Als alles notiert und kontrolliert ist, kommen kleine Gläschen und große Flaschen auf den Tisch. Mit gefüllten Gläschen stoßen dann alle gemeinsam an: Auf dass das Wetter morgen schön wird!

Weiter zum Bauplatz der Wagen „Alice im Wunderland“ und „Schnee-Eulen“. Das gleiche Prozedere: Die einen schreiben sich den Text auf, der den Wagen zieren wird. Die anderen inspizieren das Schaubild und vergeben die Startnummer. Und dann wird wieder angestoßen - natürlich auf schönes Wetter beim Umzug. Kurze Zeit später sind die vier auf dem nächsten Hof. Günther und Käthe Butz (83 und 81 Jahre alt) machen schon länger nicht mehr aktiv mit, stellen aber ihren Hof als Bauplatz zur Verfügung. Kerstin Lauth, Jana Sieber und Susanne Schmid sind dafür dankbar. „Seit zehn Jahren bauen wir schon hier, weil wir keinen eigenen Bauplatz im Ort haben“, erzählt Kerstin Lauth und fügt hinzu: „Und wir werden seit Jahren immer super bewirtet.“ Sagt es, zeigt auf Teller mit Kuchen und belegten Brötchen und betont: „Wir haben den besten Bauplatz, den es in Ranies gibt.“ Im Hintergrund läuft das gleiche Geschehen im Hintergrund ab: Texte notieren, kritischer Blick aufs Schaubild, danach ein Schnäpschen. Oder soll das Wetter schlecht sein? Wer will das verantworten? Und so geht es dann von Hof zu Hof weiter: Text, Startnummer, Kontrollblick und - Sie ahnen es- ein Prosit auf gutes Wetter beim Umzug.

Dazu gesellen sich dann immer noch schöne Erinnerungen. Zum Beispiel dass Heinz-Werner Herrler vor 52 Jahren zum ersten Mal am Umzug teilgenommen hat. Gemeinsam mit Lutz Zanke und Horst Höpfner. „Wir haben dem Sultan zugewedelt“, so Heinz-Werner Herrler schmunzelnd und zählt die Namen Brigitte Kunze (jetzt Lauth), Sigrid Pfanne (jetzt Ehrentraut) und Heidrun Zanke (jetzt Westphal) auf, die vor 52 Jahren als „Seifenmädels“ dabei gewesen sind. Um es ins Verhältnis setzen zu können: In diesem Jahr war es der 62. Umzug.

Neben dem Start bei Günter Heinrich ist seit Jahren die „Halbzeit“ bei Heinrich Rummel - mit Spiegeleier-Essen - sowie das Ende bei Frank Bauer - mit Knacker-Essen. Rituale, die jeder gern pflegt. Ebenso wie das mit den kleinen befüllten Gläsern, um für gutes Wetter zu sorgen.

Ältester Teilnehmer beim diesjährigen Umzug ist Heinrich Rummel mit seinen 75 Jahren. Und es soll sein letzter sein, an dem er aktiv teilnimmt. „60 Jahre war ich ununterbrochen dabei, das erste Mal mit meinem Vater zusammen 1957. Unser Motto war Zirkus“, erinnert sich Rummel. Ein wahres Ranieser Rosenmontags-Urgestein. Auch dort - nach dem Verzehr der Eier, die Elfriede Rummel gebraten hat - tut die Herrenrunde ihr bestes, um am Tag darauf gutes Wetter zu haben. Und wie soll es anders sein: Die Sonne lacht am Sonntag. Das Gläschen-Ritual scheint also eine Art Garantie zu sein.

Übrigens: Ein Lob gehe an Baufirma und Stadt, so Wolfgang Schröder, dass die Baustelle im Ort für den Umzug freigegeben worden ist. Ein Dankeschön an die Sponsoren, die Traktoren und Anhänger zur Verfügung gestellt haben.