Salzland-Haushalt In der Spar-Spirale

Im Salzlandkreis muss gespart werden, obwohl es kaum noch Spielraum zum Kürzen gibt.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 16.02.2016, 18:57

Schönebeck/Staßfurt l Ist es Verzweiflung, die aus dem Mund von Landrat Markus Bauer (SPD) in diesen Tagen spricht? Vielleicht trifft dieses eine Wort die Situation nicht ganz, doch ausweglos scheint die Haushaltslage schon. Denn der Doppelhaushalt des Salzlandkreises ist vom Landesverwaltungsamt als Aufsichtsbehörde beanstandet worden (Volksstimme berichtete). Die Hausaufgabe lautet: Sparen.

Der Auftrag ist verständlich. Doch für den Salzlandkreis, der schon bei seiner Entstehung 2007 mit Schulden der Altkreise in Höhe von 68 Millionen Euro gestartet ist, scheint das inzwischen nicht mehr möglich - zumindest nicht, wenn der Salzlandkreis nicht kaputt gespart werden soll. Am Wochenende hat der Landrat seine Verwaltungsspitze zur Krisensitzung zusammengerufen. Am Montag traf er sich mit den Fraktionsvorsitzenden des Kreistages.

Das Ergebnis? Kurz gesagt: Nichts Konkretes. Noch nicht. „Wir haben sicherlich einige Punkte“, sagt Markus Bauer auf Volksstimme-Nachfrage. Doch diese Ansätze müssten erst einmal geprüft werden. Deshalb will der Kreischef dazu nicht ins Detail gehen. Nur so viel: „Wir müssen beim Personal schauen“, sagt er und betont sogleich: „Das heißt nicht kürzen.“ Ihm gehe es hierbei um die Umverteilung von Aufgaben. Angesichts des Personalabbaus und steigender Aufgabenzuweisungen sei man laut Analyse im Personalentwicklungskonzept bereits an die Grenze des Möglichen gelangt. Zum Vergleich: 2007 waren rund 1200 Mitarbeiter in der Kreisverwaltung beschäftigt. 2016 sind es rund 800.

Ein zweiter Sparansatz: „Manche Zahlen im Haushalt werden für Eventualitäten eingeplant“, erklärt er. Nun solle geprüft werden, ob diese tatsächlich benötigt wurden. Dem Salzlandkreis sitzt der Zeitfaktor schwer im Nacken. Denn der Verfügung des Landesverwaltungsamtes nach muss bis zum 15. April ein sogenannter Nachtragshaushalt für das Jahr 2016 beschlossen sein.

Dabei sieht Markus Bauer die ihm aufgebürdeten Hausaufgaben nicht nur bei sich. „Da die massiven Sparbemühungen nicht ausreichen, um einen vollends genehmigungsfähigen Kreishaushalt zu erlangen und weitere Einschnitte gefordert werden, muss ein Umdenkprozess stattfinden“, sagt er. Soll heißen? „Das Finanzausgleichsgesetz (FAG) muss verständlich und für alle – Gemeinden, Landkreis und Land – auskömmlich gestrickt sein“, nennt er seine Forderung an die Landespolitik. Denn die FAG-Mittel werden als Sicherstellung der Erfüllung von Pflichtaufgaben auf die Kommunen verteilt.

Bereits im Sommer 2015 hatte der Kreistag gegen die nicht auskömmliche Finanzierung der Kommunen protestiert und die Abstimmung des Haushaltsentwurfes verweigert. Gebracht hat das bis heute nur wenig. Deshalb betont der Landrat seine Forderung: „Um unsere kommunale Handlungsfähigkeit als Landkreis zu erhalten, benötigen wir höhere Zuwendungen aus dem FAG.“ Das Gegenteil ist aber Realität. Wurden dem Salzlandkreis 2010 vom Land rund 66 Millionen Euro zugewiesen, so soll er 2016 nur knapp 61 Millionen Euro erhalten.

Der vom Kreistag beschlossene Haushalt für 2016 ging von einem strukturellen Fehlbetrag von 4,8 Millionen Euro aus. Inzwischen ist das Minus noch größer. Das liegt einerseits an den im Vergleich zum Vorjahr gesunkenen Zuweisungen vom Land. Gleichzeitig schlagen rund 1,6 Millionen Euro durch den Bereich Asyl zusätzlich zu Buche. So wurde 2015 zwar die Pauschale entwickelt, die Kommunen erhalten pro untergebrachten Flüchtling pro Jahr 8500 Euro. „In dieser Pauschale sind aber nicht die Kosten für Personal und Investitionen enthalten“, kritisiert Markus Bauer nach wie vor. So hatte der Salzlandkreis im Jahr 2015 beispielsweise die Mitarbeiterzahl im zuständigen Fachbereich aufstocken müssen und neben der Anmietung von Wohnungen beispielsweise in sogenannte mobile Wohneinrichtungen investiert. Untergebracht sind im Salzlandkreis derzeit rund 2500 Flüchtlinge. Statt 8500 Euro sieht Markus Bauer genauso wie der Städte- und Gemeindebund 10 500 Euro als Pauschale realistischer, um die tatsächlich anfallenden Kosten im Bereich Asyl zu deckeln.

Kürzen im Sozialbereich

Somit ergibt sich nun also ein Finanzloch in Höhe von sogar rund 8,1 Millionen Euro. Da dieses Minus mit dem Haushalt 2016 nicht ausgeglichen werden kann, gibt es die Möglichkeit, sich mit einem Konsolidierungskonzept innerhalb von acht Jahren zur schwarzen Null zu sparen. Ein solches Konzept hat der Landkreis aufgestellt - jedoch ohne den Etat-Ausgleich zu erreichen. Deshalb verwehrt das Landesverwaltungsamt dem Salzlandkreis beispielsweise in seiner Verfügung vier neue soziale Projekte, die trotz Fördermittel mit einem finanziellen Eigenanteil zu versehen sind. „Heute im Sozialbereich zu sparen, heißt morgen die Mehrkosten tragen“, entgegnet der Landrat. Im Salzlandkreis beanspruche aktuell jeder Fünfte sogenannte Grundsicherungsleistungen. Für Markus Bauer ist es ein Widerspruch in sich, dass ausgerechnet soziale Präventionsmaßnahmen als freiwillig gelten und damit in jenen Bereich fallen, in dem meist zuerst gekürzt werden muss. An dieser Stelle ist folgender Hinweis immer wieder zu betonen: Nur 1,357 Prozent der Zahlungen werden für freiwillige Aufgaben verwendet, zu allen anderen Leistungen ist der Landkreis rechtlich verpflichtet.