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Rarität „Preussag-Deckel“ soll ins Museum

Durch die Volksstimme wurde das Industriemuseum auf ein seltenes Relikt der „Preussag“ aufmerksam gemacht, das in Barby vor sich hin rostet.

Von Thomas Linßner 03.03.2016, 18:08

Barby/Schönebeck l Rainer Ulbrich, Vizepräsident des Industriemuseum Schönebeck/Elbe e.V., ist glücklicherweise ein sportlicher Zeitgenosse. Um das begehrte Relikt aus Preussag-Zeiten in Augenschein zu nehmen, muss der ehemalige Wirtschaftsförderer des Landkreises Schönebeck durch unwegsames Gelände krauchen. „Ich habe Ihren Beitrag in der Volksstimme gelesen und war erstaunt“, gesteht er. Darin ging es um einen unscheinbaren gusseisernen Schachtdeckel mit dem Schriftzug „Bohrverwaltung Preussag Schönebeck“. Nach Ulbrichs Aussage sei er das einzige Relikt jenen Betriebes, das in der näheren Umgebung bekannt ist. „Wir wollen den Eigentümer ermitteln und den Schachtdeckel dann in unser Museum überführen“, kündigt der Vize an. Die Stadtverwaltung Barby konnte ihm dabei nicht behilflich sein, weil man dort offenbar von der Existenz dieses „Museumsstücks“ überhaupt nichts wusste.

Der aufklappbare Gussdeckel bedeckt einen Schacht aus Betonringen in der Nähe vom Colphuser See. Ulbrich ist sich sicher, dass beide Teile nicht zusammen gehören, sondern aus praktischen Gründen vor Jahrzehnten zusammen gefügt wurden. Weil in der Nähe der Landgraben verläuft, könnte es sich um einen Schacht handeln, um die Grundwasserverhältnisse zu beobachten. Wobei ein Schacht mit 800 Millimeter Durchmesser dafür ziemlich groß wirkt. Wie tief er ist, lässt sich auf Anhieb nicht ermitteln, da sich Holz und Unrat darin befinden.

Die Bohrverwaltung Schönebeck (seit 1923 zur Preussag gehörend) hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert. Ein wichtiges Projekt war der „Graf Moltke-Schacht“, der nach 14-jähriger Arbeitszeit im Dezember 1890 eröffnet wurde. Er versorgte Saline mit Steinsalz aus 445 Metern Tiefe. Sie befand sich unweit des ehemaligen Landratsamtes Schönebeck; bis in die 1980er Jahre hieß eine Bushaltestelle zwischen Markt und Traktorenwerk „Saline“.

Wie Rainer Ulbrich weiß, hat der Industrieelle Feodor Siegel einen großen Anteil am Gelingen der Schönebecker Tiefbohrtechnik. Nach dem Kauf des Grundstückes im Streckenweg begann er dort eine Maschinenfabrik zu errichten, die Ende des 19. Jahrhunderts in voller Blüte stand. In der Maschinenfabrik, Eisengießerei und Kesselschmiede, die bis zu 250 Arbeiter beschäftigte, wurden Lokomobile von 3 bis 200 PS, Dampfmaschinen (darunter Bergwerksmaschinen), Pumpen und Luftkompressoren aller Systeme, Transport- und Hebevorrichtungen, Tiefbohreinrichtungen gebaut. Siegel beschäftigte sich auch mit der Herstellung von Automobilen. Die sogenannte „Siegel-Villa”, das Wohnhaus des Fabrikanten, ist heute im Besitz der Salzlandsparkasse.

Doch zurück zur „Preussag“. Sie entstand 1923 als Preußische Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft durch die Umwandlung der Preußischen Montanindustrie in ein Staatsunternehmen. Geschäftsschwerpunkte waren der Steinkohlenbergbau, Metallerzbergbau und die Erzverhüttung, Hauptstandorte auch in Staßfurt und Schönebeck. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die „Preussag“ als Teil der früheren NS-Kriegswirtschaft unter alliierte Zwangsverwaltung gestellt. Der Betrieb in Schönebeck bildete die Grundlage für den VEB Dieselmotorenwerk Schönebeck.