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Bebauungsplan Klare Kante für Kunstanger

Der Entwurf eines Bebauungsplanes für den Kunstanger liegt vor. Der Bauausschuss diskutierte das Thema.

Von Ulrich Meinhard 23.03.2016, 18:24

Schönebeck l Was lange währt, wird endlich gut, lautet ein Sprichwort. Es sei dahingestellt, inwieweit das auch für den Bereich Am Kunstanger in Bad Salzelmen gilt. Diese Fläche entlang der Bahn in Richtung Güsten (zwischen Görtzker Straße und Ortsausgang Richtung Eggersdorf) soll jetzt etwas bekommen, was überfällig ist: einen Bebauungsplan. „Da haben wir lange drauf gewartet“, sagt der Vorsitzende des Bauausschusses, Michael Schulz (CDU), während der Sitzung des Gremiums am Montag im Rathaus.

Stadtrat Jens-Uwe Gehricke (Linke) stellt fest: „Der Kunstanger ist schon ziemlich zugebaut. Und jetzt kommt hier ein Bebauungsplan. Wurde also bisher gebaut ohne Erlaubnis?“ Auf der Seite der Verwaltung herrscht kurzzeitiges Schweigen nach dieser Anfrage. Michael Schulz stimmt in die Stille ein: „Zu dem, was in der Vorzeit passiert ist, möchte ich mir kein Urteil erlauben.“

Stadtplaner Michael Gremmes erläutert, dass es 1992 erste Pläne für einen Bebauungsplan gegeben habe, dieses Verfahren sei bis zum Auslegungsbeschluss geführt worden, dann brach es in sich zusammen, offenbar auch aufgrund von Anwohnerprotesten. Was in der Zwischenzeit entstanden ist, seien aber keine Schwarzbauten, meint Gremmes. Die Bebauung sei entsprechend angezeigt worden.

Michael Schulz erteilt Bettina Kreisel vom Ingenieurbüro Steinbrecher & Partner das Wort. Der Entwurf des Bebauungsplanes ist von der Firma im Auftrag der Stadt erarbeitet worden. Wie Bettina Kreisel ausführt, soll die bestehende Einbahnstraßenführung erhalten bleiben. Sie macht auf Flurstücke unterschiedlicher Größe aufmerksam. „Wir haben geprüft, welche Gebäude als Wohnhaus angelegt wurden und welche als Bungalow.“ Die Besonderheit beim Kunstanger: „Die Bauflächen gehen sehr in die Tiefe.“

Häuslebauer könnten, laut Entwurf, bald dort ihre vier Wände errichten, wo jetzt noch Landwirtschaft betrieben wird, das heißt, das Baugebiet soll erweitert werden.

Ein größeres Problem ist hier allerdings das oft hoch stehende Grundwasser. Bettina Kreisel verweist auf „mehrere Gutachten“. Bestandteil des Bebauungsplanes sind ihrer Aussage nach Retentionsflächen, ein neu anzulegender Graben, der Oberflächenwasser in den Solgraben abführen soll sowie ein Regenrückhaltebecken. Auch eine Untersuchung über den Lärmpegel im Gebiet ist Bestandteil des Entwurfes. An einigen Stellen würden die Lärmwerte die Maßgaben überschreiten, die laut Bauleitplanung bundesweit als Grenzwerte vorgegeben sind. Ursache sei unter anderem der Bahnverkehr.

Auf Nachfrage von Stadtrat Werner Grundmann (SPD) sagt Bettina Kreisel, dass das von der Stadt in Auftrag gegebene Niederschlagswasserbeseitigungskonzept keine Anwendung bei der Erarbeitung des Bauplanes gefunden habe, weil es noch gar nicht verabschiedet ist. Es sei für den Kunstanger eine separate Grundwasserstudie erstellt worden.

Der in die Sitzung gebetene Mitarbeiter der Abwasserentsorgung Schönebeck (AbS) GmbH, Axel Jahoda, wird um eine Stellungnahme zur Vernässungsgefahr gebeten. „Auf einigen Grundstücken hatten wir zeitweise Probleme“, erinnert er an kritische Phasen in den zurückliegenden Jahren, als Anwohner nur mit Hilfe eines provisorischen Stegs in ihre Häuser kamen. In künftigen Zeiten hoher Niederschläge könnte die Situation wieder kritisch werden, schätzt Jahoda ein. Hauseigentümer könnten sich an den Entwässerungsgraben anschließen lassen, was mit Kosten verbunden ist. Eine Pflicht dazu bestehe nicht.

Baudezernent Guido Schmidt macht darauf aufmerksam, dass für ein Entwässerungssystem - das Axel Jahoda als „akut“ notwendig einstuft - Fördermittel eingeworben werden könnten, was die Kosten für die Kommune und die Anlieger deutlich, im besten Fall um 80 Prozent reduzieren würde. Von Seiten der Verwaltung wird die Summe von 1,4 Millionen Euro genannt, die in das Baugebiet investiert werden müsste. „Wie viel kommt davon wieder rein“, fragt Gehricke. Guido Schmidt muss passen: „Der Bebauungsplan regelt nicht, wer wie viel bezahlen muss.“

„Wie viele Flächen sind noch bebaubar“, will Stadtrat Heinz-Günter Burghart (CDU) wissen. Nicht mehr als zehn, lautet die Antwort. Es handelt sich um private Grundstücke, öffentlich sind nur die Straßen beziehungsweise die Ver- und Entsorgung, also die Infrastruktur, erklärt Stadtsprecher Hans-Peter Wannewitz nach der Sitzung auf Anfrage der Volksstimme (die in Ausschüssen übrigens kein Rederecht hat). Wannewitz weiter: „Stadt und AbS haben die Aufgabe, die Erschließungsdefizite als Träger öffentlicher Belange zu beseitigen. Dem dient der nach Beschluss auszulegende Bebauungsplan. Am Kunstanger gibt es eine komplizierte Gemengelage.“

Für Stadtrat Manfred Pöschke (Rettet die Altstadt) steht jetzt eine „Heilung der Situation“ bevor. Zu DDR-Zeiten seien Flächen am Kunstanger Umsiedlern aus dem Osten zur Verfügung gestellt worden, damit sie sich ein Stück weit selbst versorgen konnten. Im Laufe der Zeit sei dann „Wildwuchs“ in Form unterschiedlicher Bebauung entstanden. „Da hat sich bisher keiner ran getraut“, bilanziert Pöschke.

Der Bauausschuss empfiehlt den Bebauungsplan Am Kunstanger mit vier Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen dem Stadtrat, der wieder am 14. April tagt und dann entscheidet.