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Ärger Klage, Klau und Kameraattrappe

Nachdem in der Schwarzer Clara-Zetkin-Straße in Calbe ein Poller gesetzt wurde, fühlen sich einige Anwohner in ihrem Recht eingeschränkt.

Von Susann Salzmann 12.02.2018, 23:01

Schwarz l Fast zu trauriger Berühmtheit gelangt der Poller in der Clara-Zetkin-Straße des Calbenser Ortsteiles. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde der Poller gesetzt, fragte Maria Mittelstrass, Anlieger in der Straße. Das Begehren: Die Weiternutzung des schmalen Verbindungsweges entlang zweier Grundstücke. Bisher nutzten nicht nur Passanten und Radfahrer den Weg vom vorderen in den hinteren Teil der Zetkin-Straße, sondern neben Autos auch Traktoren. Mit manchem Gefährt seien die Grundstücksmauern der anliegenden Flächen zum Teil beschädigt worden. Neben einem Schutzüberbau und Pfeilern an der Engstelle, die solche Schäden vermeiden sollen, steht nun zum Ärgernis einiger ein Pfosten, der gänzliches Durchfahren verhindert.

Jura-Studentin Maria Mittelstrass reichte am 8. Dezember 2017 eine Klageschrift beim Magdeburger Verwaltungsgericht ein. Die Kläger - Familie Mittelstrass, Zerwek und Bernau - verklagen die Stadt Calbe. Im Verfahren soll geklärt werden, ob der Poller rechtskonform gesetzt wurde.

In einer der Redaktion vorliegenden Klageschrift wurde die Stadt dazu aufgefordert, die Straßensperrung durch den abgeschlossenen Absperrpoller aufzuheben oder aber den Anwohnern der Grundstücke mit den Hausnummern 16 bis 18 einen Schlüssel zum Entsperren auszuhändigen. Damit solle diesen die uneingeschränkte Zufahrt zum eigenen Grundstück gewährleistet werden.

Die benannten Anwohner könnten über den Wispitzer Weg zu ihren Grundstücken gelangen. So lautete vor der Klage die Argumentation der Stadt. Während sich der Ortsbürgermeister von Schwarz, Manfred Grimm, zur Pollerproblematik nicht öffentlich äußern möchte, verwies Bürgermeister Sven Hause vor Klageerhebung auf einen katasterrechtlichen Fehler. Vor Jahrzehnten seien die Grundstücke fälschlicherweise der Clara-Zetkin-Straße zugeordnet worden. Allerdings gehörten diese Flächen zu dem Wispitzer Weg.

Für die Anlieger des gegenwärtig noch hinteren Teils der Zetkin-Straße würde das neben einem neuen Straßennamen auch zu einer neuen Hausnummer führen. Die Auslagen wegen (Adresse-) Ummeldung und anderem – so bekundete der Bürgermeister damals – sollten für die Anwohner aus der Stadtkasse übernommen werden.

Bis zum Urteil allerdings wird der Poller stehen bleiben – beziehungsweise dessen Nachfolger. Marco Kopitz, Pressesprecher beim Polizeirevier Salzlandkreis, bestätigt, dass der Pfosten seit Dezember insgesamt zweimal entwendet wurde. Nun versperrt der dritte Poller Autofahrern den Weg. Zwei Anzeigen gegen Unbekannt seien bei der Polizei eingangen, so Kopitz. Die Regionalbereichsbeamten seien bereits vor Ort gewesen und hätten Befragungen der Anwohner vorgenommen. Diese verliefen jedoch nach zwischenzeitlichem Stand ergebnislos.

Damit der dritte Poller diebstahlsicherer ist als seine Vorgänger, wurde er eingeschweißt. Um potenzielle Täter abzuschrecken, positionierte ein Anwohner (Name ist der Redaktion bekannt) eine Kameraattrappe auf seinem Dach, die in Richtung Poller zeigte. Strafrechtlich sei solch eine Aktion zwar nicht relevant, so Kopitz. Nichtsdestotrotz sei sie grenzwertig. Egal, ob Attrappe oder nicht: Der (auch vermeintlich überwachte) Bereich sei zu kennzeichnen. Der „Präventivschlag“ nach dem Prinzip „Vorbeugen ist besser als heilen“ hätte laut Anwohner Wirkung gezeigt: Der Poller steht noch da. Die Kameraattrappe, die auch Anwohnerin Maria Mittelstrass entdeckt hat, ist inzwischen entfernt worden.

Joachim Heinze wohnt im Bereich der Engstelle und kann die Aufregung um den Poller nicht verstehen. Er vertritt den Standpunkt der Stadt und verweist auf das Einbahnstraßenschild, das am Beginn der Straße von der Schwarzer Friedensstraße kommend steht.

Sven Hause, der sich als Bürgermeister zu Nachfragen zur Pollerproblematik in der jüngsten Ortschaftsrtsitzung aufgrund des laufenden Verfahrens nicht äußert, hatte vor der Klage noch auf eine fehlende Widmung des Weges als öffentliche Straße hingewiesen. Damit argumentiert auch der Anwalt der Stadt in der Klageerwiderung, die der Redaktion ebenfalls vorliegt. Die Klage werde abgewiesen. Dabei beruft man sich unter anderem auf den Kauf des Grundstückes durch die Stadt am 12. Dezember 2000. Grundstückseigentümerin im Grundbuch ist seit 2002 die Stadt. Somit habe diese den Poller in ihrer Zuständigkeit als Eigentümerin des Grundstückes aufgestellt. Im Kaufvertrag selbst sei ausgeführt worden, dass der Weg als öffentlicher Gehweg benutzt werde. Die Kläger berufen sich dagegen auf Gewohnheitsrecht. Das Befahren des Weges sei jahrzehntelang stillschweigend geduldet worden. Die Behauptung, dass die Fläche nicht nur für Fußgängerverkehr genutzt worden ist, sondern auch dem Verkehr mit Fahrzeugen diente, wird vom Anwalt der Beklagten als Vermutung deklariert. Ein Tatbestand, den Maria Mittelstrass mit einem Kopfschütteln quittiert.