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Archäologie Mutter und Kind in einem Grab?

Am Rand des Ringheiligtums Pömmelte graben Archäologen eine Siedlung aus. Die Fachleute sind erstaunt.

Von Thomas Linßner 14.05.2020, 01:01

Pömmelte l Die Archäologen stoßen immer wieder auf die großen und kleinen Tragödien der Vorzeit: Eine etwa 20 Jahre alte Frau liegt dicht neben einem Kind und einem anderen „Individuum“ im Grab.

Deutlich zu sehen sind die Umrisse des Holzkastens - ein vorzeitlicher „Sarg“ -. der immer wieder geöffnet werden konnte. „Wir wollen über DNA-Analysen herausbekommen, ob die Personen miteinander verwandt sind“, sagt Grabungsleiter Matthias Zirm. Landesarchäologe Harald Meller ergänzt: „Durch Genanalysen lässt sich feststellen, woher die Leute kamen.“ Aufsehen erregten 2005 die Familiengräber von Eulau (Burgenlandkreis), die damals in Mellers Regie im Block geborgen und anschließend in der Restaurierungswerkstatt des Landesmuseums Halle untersucht wurden. Dabei konnten die verwandtschaftlichen Beziehungen der Bestatteten und ihre Todesursachen durch anthropologische Untersuchungen und DNA-Analysen festgestellt werden.

Das Holzkistengrab von Pömmelte stammt aus der Glockenbecherzeit und ist etwa 5.200 Jahre alt. Die dunkel gefärbte Erde lässt ganz deutlich rechtwinklige Strukturen erkennen. Die „Kiste“ konnte wieder geöffnet und weitere Personen bestattet werden. Nun soll sich im Rahmen der Untersuchungen herausstellen, wann die dritte Person beerdigt wurde und ob sie ein Verwandter von „Mutter und Kind“ war.

Derartige Geschichten erfuhren die Teilnehmer eines Pressetermins am Dienstag am Rand des Ringheiligtums, wo aktuell eine Siedlung ausgegraben wird. Eingeladen hatte der Salzlandkreis als Träger der geschichtlichen Anlage. Der Anlass: Mitte dieses Jahres sollen wie geplant die ersten sichtbaren Bauarbeiten für das neue Touristeninformationszentrum in unmittelbarer Nähe des Ringheiligtums beginnen. Neben dem bereits vorliegenden Zuwendungsbescheid für den Bau hat die Bundesregierung jetzt 500.000 Euro bereitgestellt. Die Mittel stammen laut Staatskanzlei Sachsen-Anhalt aus dem Bundesprogramm „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland“ und werden für eine zeitgemäße und zukunfts- fähige IT-Infrastruktur genutzt.

Landrat Markus Bauer ist überzeugt, dass der Salzlandkreis als Wohn-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort vom neuen Touristeninformationszentrum profitieren wird. Sachsen-Anhalts Kultusstaatssekretär Gunnar Schellenberger sagt: „Durch diese Förderung kann die touristische Infrastruktur des Ringheiligtums in Pömmelte als Bestandteil der archäologischen Route ‚Himmelswege‘ weiter ausgebaut werden.“

Bislang wurden Fundamentspuren von fast 50 Häusern von bis zu 40 Metern Länge gefunden. „Wir sehen noch gar kein Ende“, freut sich Meller. Es sei auf jeden Fall die größte Siedlung der frühen Bronzezeit in Deutschland. Je nachdem, wie viel noch gefunden werde, könne es sich um ein „New York der Bronzezeit“ handeln.