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Aus dem Gericht Schlagabtausch unter Soldaten

Ein Streit unter zwei Soldaten führt nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in das Amtsgericht Schönebeck.

Von Paul Schulz 02.10.2018, 01:01

Schönebeck l Der 32-jährige Rene H. musste sich am Montag vor Strafrichter Eike Bruns verantworten. H. habe seinem Freund und Bundeswehr-Kameraden Martin W. das Jochbein gebrochen. Die Anklage lautet Körperverletzung.

Hintergrund des Streits war eine geplante Silvesterparty im Freundeskreis, an der sich alle finanziell beteiligten. Martin W. sprang jedoch von der Feier ab, was Rene H. verärgerte. In einer Whats-App-Gruppe wurde zunächst hitzig diskutiert. Um die Sache zu klären, ging Rene H. am 18. Dezember des vergangenen Jahres zu Martin W. „Ich bin zu Martin, um mit ihm über die Sache zu reden und um zu klären, wie wir das mit dem Geld machen“, sagt der Soldat.

Als er Martin W. zur Rede stellen wollte, habe dieser ihn bedroht und angeschrien. Rene H. erzählt weiter: „Ich habe ihn gefragt, was das soll und warum er mir jetzt droht und dann fing er an mich zu schubsen und ich habe ihn zurückgeschubst. Dann hat er mir einen Schlag gegen die Stirn versetzt und kurz darauf kam es zu einem kurzen Schlagabtausch.“ Zudem gab der Angeklagte zu bedenken, dass beide Kampfsportler seien und genau wüssten, was sie bei einer Auseinandersetzung tun.

„Und was genau verstehen Sie unter einem kurzen Schlagabtausch“, hakt Strafrichter Bruns nach. „Jeder hat vielleicht so drei oder vier Schläge ausgeteilt. Dann war auch wieder alles vorbei“, antwortet der Bundeswehrsoldat. Danach habe sich die Situation auch schnell wieder entspannt und er habe sich ganz normal und friedlich mit W. unterhalten können. „Nachdem Sie sich geschlagen haben, sind Sie also mit Handschlag auseinandergegangen“, will Bruns wissen. „Ja, er hat seinen Anteil bezahlt und dann war auch alles wieder gut“, antwortet Rene H.

Eike Bruns verzieht keine Mine, sagt dann aber: „Das hat es zu meiner Zeit nicht gegeben, dass man sich wegen einem kleinen Feuerwerk schlägt.“

Dann kommt der geschädigte Nebenkläger Martin W. in den Zeugenstand. Er hat die Nacht vom 18. Dezember jedoch etwas anders in Erinnerung, als sein Batallions-Kamerad. „Rene ist zu mir nach Hause gekommen und wir haben draußen geredet. Während des Gesprächs hat er mir dann plötzlich immer wieder ins Gesicht geschlagen. Ich konnte gerade noch meine Arme heben, aber er ist auf mich losgegangen wie ein Geistesgestörter“, sagt der 30-jährige Schönebecker. Korrekt sei jedoch, dass sich die beiden friedlich getrennt hätten.

Bei der Schlägerei habe sich Martin W. das Jochbein gebrochen. Allerdings habe er den Bruch erst gar nicht als solchen wahrgenommen. „Ich dachte, dass das nur eine Schwellung oder so etwas ist. Auf Rat meines Kompaniechefs bin ich dann anfang Januar zum Arzt gegangen. Im Uni-Klinikum Magdeburg haben sie dann festgestellt, dass ich einen Jochbein– und einen Jochbeinbogenbruch erlitten habe“, sagt Martin W.

„Ich bin kein Arzt, aber das klingt schon etwas eigenartig, dass Sie erst nach so langer Zeit die Verletzung als Bruch erkennen“, sagt Bruns. „Wie gesagt: Ich dachte, es ist lediglich eine Schwellung und auch die Kompanieärztin hat den Bruch nicht erkannt. Als aber die Schmerzen mit der Zeit schlimmer wurden, habe ich den Rat meines Vorgesetzten angenommen“, erklärt W.

Richter Bruns schweigt kurz und fasst dann zusammen: „Es ist eine schwierige Situation für Sie beide. Sie sind Kameraden und waren Freunde. Ich frage mal so: Besteht die Möglichkeit, dass Sie sich einigen? Dass wir einen Vergleich schließen?“

Rene H. berät sich mit seinem Verteidiger Klaus Lübke. Susanne Brehmer, Anwältin von Martin W., signalisiert Bereitschaft für einen Vergleich. Nach einigen Minuten Bedenkzeit ist man sich einig. Der Angeklagte Rene H. verpflichtet sich Martin W. ein Schmerzensgeld in Höhe von 2000 Euro zu zahlen, aufgeteilt in monatliche Raten von je 200 Euro.

Zum Abschluss richtet sich Bruns noch einmal an die beiden Soldaten. „Ich hoffe sehr, dass Sie beide nicht noch einmal aneinandergeraten und dass Sie wieder einen normalen Umgang miteinander pflegen können“, sagt der Strafrichter. Dass das gar nicht so abwegig ist, beweisen die beiden Männer direkt nach der Verhandlung. Rene H. geht auf Martin W. zu. Beide reichen sich die Hand und klopfen sich auf den Rücken.