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Ausbildung Wohnortnah soll es sein

An der Berufsbildenden Schule in Schönebeck sollen Industriemechaniker ausgebildet werden. Die Wirtschaft bekundet Interesse.

Von Dan Tebel 17.01.2018, 05:34

Schönebeck l Tim Müller aus Schönebeck steht kurz vor seinem Realschulabschluss. Im Berufsbild des Industriemechanikers sieht er seinen Traumjob. Für diese duale Berufsausbildung hätte Tim sogar schon einen Ausbildungsbetrieb direkt in seiner Stadt. Dual bedeutet allerdings, dass Tim zukünftig auch regelmäßig zum Unterricht in die Berufsschule nach Aschersleben fahren müsste. Denn nur dort werden die Theoriegrundlagen für seine spätere Arbeit vermittelt. Tim ist 16 Jahre alt, der Führerschein ist noch nicht greifbar, und mit Moped und Bahn hat er so gar keine Lust auf die Pendelei. Und Wegziehen möchte er auch nicht. Er wird sich dadurch gegen diese Berufsausbildung entscheiden. Aber wie hätte er sich entschieden, wenn er für diesen Ausbildungsberuf in Schönebeck zu Berufsschule gehen könnte?

Dieses Szenario ist frei erfunden. Was aber so oder so ähnlich existiert, ist die Problematik. Mit einem gestern unterschriebenen Kooperationsvertrag wollen der Salzlandkreis, der Wirtschaftsrat und die Wirtschaftsförderung der Stadt sowie Unternehmen aus der Region ein Zeichen setzen, um vor allem den Wirtschaftsstandort der Region zu stärken und „Barrieren zu beseitigen“, wie Mario Babock vom Wirtschaftsrat Schönebeck gestern bei der offiziellen Unterschriftensetzung in der Schule in Schönebeck-Frose sagte. Das grundlegende Ziel ist es, die duale Berufsausbildung des Industriemechanikers auch an der Berufsbildenden Schule in Schönebeck anzubieten, um Jugendlichen mit Interessen an Metallbau-Berufen eine wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Aktuell müssen Lehrlinge dafür nach Aschersleben fahren, denn der Schwerpunkt der Schönebecker Schule liegt für Vollzeitausbildungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, für duale Beraufsausbildungen in der Fahrzeugtechnik, Elektrotechnik, Bautechnik (Straßenwärter), Binnenschifferausbildung, Mechatronik und Gastronomie. Seitens der Schule ist das allerdings kein Problem. Schulleiter Ronald Rumpf freut sich über die Anerkennung und die Aufgabe.

Zwölf Firmen von Schönebeck bis Groß Rosenburg, der Kreis und die Stadt beziehen mit diesem Vertrag Stellung zum Vorhaben und erhoffen sich eine personelle Stärkung und Standortbindung durch die zukünftigen Lehrlinge. „Die Firmen bringen großes Engagement auf, Lehrlinge auszubilden und möchten sie natürlich auch hier behalten“, sagte Babock.

Bis es endgültig soweit ist und die erste Klasse Industriemechaniker in Schönebeck ausgebildet werden kann, ist der Weg jetzt nicht mehr weit – angeplant ist das kommende Schuljahr 2018/2019. Das Thema existiert schon seit rund drei Jahren auf der Agenda von Oberbürgermeister Bert Knoblauch und dem Wirtschafstrat der Stadt. Nachdem im November vergangenen Jahres der Kreistag mehrheitlich grünes Licht für den Beschluss gegeben hatte, den Bildungsgang in Schönebeck zu etablieren und die benötigten Mittel von rund 75.000 Euro für Unterrichtsmaterialien aufzubringen, muss nun noch das Land darüber befinden. Danach muss die Ausbildung am Standort in Schönebeck aufgebaut, Lehrpläne erstellt und Unterrichtsmaterialien angeschafft werden. „Im Haushalt ist dafür schon Geld eingestellt“, sagte Knoblauch im Gespräch.

Eine Hürde könnte eine entsprechende Nachfrage an Schülerzahlen sein. Zwar würden sich die Unternehmen darin nicht verpflichten, eine bestimmte Anzahl an Lehrlingen bereitstellen zu können, aber es müsse schon eine Mindestschülerzahl von 21 Schülern zu Stande kommen, so Bert Knoblauch. Und das auch langfristig. Genaue Zahlen, wie viele Lehrlinge die einzelnen Unternehmen für den Ausbildungsgang bereitstellen können, wird es erst im Frühjahr geben. Auch nach wie vor bestünde die Möglichkeit sich am Kooperationsvertrag beteiligen, sagte Bert Knoblauch. Gestern unterzeichneten zunächst sieben Unternehmen den Vertrag – einige Firmen waren verhindert, andere hatten noch spezifische Nachfragen.

In Aschersleben hatte die grundlegende Idee für Aufregung gesorgt. 15 Unternehmen hatten in einem offenen Brief ihre Angst geäußert, der Metallbau-Standort könne an Bedeutung verlieren. Die Politik hat dies klar verneint.