Geflügelzucht verbindet drei Generationen

Großmühlingen l Hans-Peter Heinemann ist sich ziemlich sicher. „Wenn mein Vater da oben sitzt und uns zuschaut, dann freut er sich“, sagt der Rentner bei der traditionsreichen Weihnachtsausstellung des Geflügelzüchtervereis Großmühlingen am ersten Weihnachtsfeiertag. In diesem Jahr läuft die Veranstaltung unter dem Motto Hans-Heinemann-Gedächtnisschau. Immerhin war der 2016 verstorbene Geflügelzüchter stolze 88 Jahre lang Mitglied des Vereins - und damit fast seit seiner Gründung im Jahre 1921.

„Mein Vater ist schon im Alter von zehn Jahren in den Verein eingetreten“, erzählt Hans-Peter Heinemann. Aufgewachsen auf einem Bauernhof, gab es damals wenig andere Freizeitbeschäftigungen in Großmühlingen. „Er hat immer nur die gold-porzellanfarbigen Federfüßigen Zwerghühner gezüchtet, weil er die am schönsten fand.“

Nach der Schlacht von Stalingrad war Heinemann fünf Jahre lang in russischer Kriegsgefangenschaft, aus der er als einer der wenigen zurückkehrte. Er arbeitete weiter in der Landwirtschaft und konnte als Züchter bei der Leipziger Ausstellung 1967 und 1985 Siegertitel einfahren. „Mein Vater war ein Züchter mit Leib und Seele“, sagt Hans-Peter Heinemann.

Das Hobby lebt in der Familie weiter. „Wir haben alle das Geflügelzüchter-Gen“, sagt Hans-Peter Heinemann und lacht. Er hat sich bei den Hühnern auf schwarze Rheinländer spezialisiert, züchtet aber auch schnabelkuppige Trommeltauben. Für beide Rassen wurde er am Wochenende bei der Weihnachtsausstellung in Großmühligen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Ehrepreis des Landesverbandes.

Und auch weitere Generationen der Familie widmen sich der Geflügelzucht. So züchtet Schwiegersohn Henrik Fries orangehalsige Zwerghühner. „Die gefallen mir, auch weil sie erstmals vor 100 Jahren in Magdeburg gezüchtet wurden“, erzählt der 50-jährige Angestellte. Zu dem Hobby ist er tatsächlich über den Vater seiner Frau gekommen. „Ich habe mich schon immer für Geflügel interessiert. Und als wir uns kennengelernt haben, war es ein guter Zeitpunkt, mit der Zucht anzufangen“, sagt Henrik Fries, der am Wochenende Vereinsmeister wurde. Er habe allerdings nicht nur eine Zucht aufgebaut, um seinem damals zukünftigen Schwiegervater zu gefallen, versichert er lachend.

Besonders stolz ist man beim Großmühlinger Rassegeflügelzüchterverein darauf, dass inzwischen mit Moritz Fries auch der Sohn von Henrik Fries und damit der Urenkel des verstorbenen Hans Heinemann Mitglied geworden ist. „Ich züchte Lockentauben, die gefallen mir gut“, sagt der Elfjährige, dessen Tiere ebenfalls ausgezeichnet wurden. Wobei das Hobby für einen Jungen in seinem Alter durchaus noch ungewöhnlich ist. „Meine Mitschüler wohnen alle in der Stadt, deswegen kennen die sowas nicht“, sagt der Fünftklässler, der eine Schule in Magdeburg besucht. Und so war es schon eine Attraktion, als die Familie einmal mit einem Brutkasten drei Wochen lang Eier für den Unterricht ausgebrütet hat.

Beim Geflügelzüchterverein Großmühlingen ist man trotz oder gerade wegen des ungewöhnlichen Datums der Weihnachtsausstellung zum ersten Weihnachtsfeiertag zufrieden mit der Zuschauerresonanz. „Die Veranstaltung ist über 90 Jahre gewachsen, deswegen treffen sich immer alle Züchter gern bei uns“, sagt der Vereinsvorsitzende Holger Zwernemann, der mit seine Orientalischen Roller die Kategorie Taube der gesamten Ausstellung gewann. Vereinsmeister im Bereich Tauben wurde Jörg Peter mit seinen Modeneser Schietti. 13-mal wurde bei den insgesamt 242 Tieren die Note „Vorzüglich“ vergeben.

Insgesamt steht der Geflügelzüchterverein Großmühlingen nach Angaben der Verantwortlichen inzwischen wieder besser da. Alle Mitglieder würden gemeinsam mit anpacken. Und nach zwischenzeitlichem Mitgliederschwund würden sich mit Moritz Fries und Lennox Franke auch wieder Jugendliche für das Hobby Geflügelzucht interessieren.