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Auszeichnung „Grüne Dame“ trägt nun ein Kreuz

Vier Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wurden von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) überreicht.

Von Klaus-Peter Voigt 24.04.2017, 23:01

Magdeburg/Schönebeck l Festliche Stimmung herrschte in der Magdeburger Staatskanzlei. Großer Bahnhof für vier Frauen und Männer aus dem Bundesland, die für Leistungen auf unterschiedlichen Gebieten eine Würdigung erfuhren. Unter ihnen auch die 74-jährige Lehrerin, die in der Elbestadt keine Unbekannte ist. Generationen von Schülern haben bei ihr gelernt, andere Menschen spürten in den vergangenen Jahren ihr Engagement. Reiner Haseloff nannte deren Leistungen als „Einsatz für den Nächsten, der über das normale Maß hinausgeht“.

Besonders erwähnte der Ministerpräsident die große Unterstützung der Beratungsstelle „Punkt 12“, in der ältere Mitbürger Rat und Tat zum seniorenfreundlichen Wohnen erhalten. Er lobte auch die Aktion Leseomas, die von ihrem Mittun lebt.

Es gehört ein Quäntchen Glück dazu, die aktive Seniorin mit ihrem großen Herzen auch nur ans Telefon zu bekommen. Fast entschuldigend spricht sie von einem Vormittag, den sie mit ihrem Mann Rudi einmal „ganz privat“ verbracht hat. Beide genießen ihren Ruhestand mit ungezählten Aktivitäten. „Wissen Sie, beim Frühstück sitzen mein Mann und ich oft vor unseren prall gefüllten Terminkalender, um in morgendlicher Ruhe die gemeinsame freie Zeit regelrecht zu planen“, berichtet Gudrun Schedler. Ihr Gatte singe im Handwerker Männerchor der Stadt, leitet den Shantychor, geleitet Gäste als Stadtführer durch Straßen und Gassen …

Beide kennen sich seit der Schulzeit, saßen beim Studium gemeinsam im Hörsaal, wurden Lehrer für die Fächer Biologie und Chemie. Gemeinsam fanden die Eheleute in Schönebeck später ihre neue Heimat. Gudrun Schedler muss schon ein wenig schmunzeln, wenn sie an den nicht einfachen Start an der Elbe denkt. Der erste Eindruck, als sie mit dem Motorrad über die Geschwister-Scholl-Straße in ihren künftigen Wohnort kamen, war alles andere als aufbauend.

Mehrere Monate lebte man mit den ersten beiden Kindern provisorisch in einem Versammlungsraum, holte sich das Wasser aus der Toilette über den Flur. Diese Mühen des Anfangs schweißten zusammen. Als die engagierte Frau nach rund 40 Jahren Berufstätigkeit vor der Frage stand, wie sie künftig mit der scheinbar überreichlichen freien Zeit umgehen sollte, blieb wenig Zeit zum Überlegen. Für den Stadtseniorenrat wurden Mitstreiter gesucht. Bereits kurze Zeit später führte Gudrun Schedler das Gremium und prägte es rund zehn Jahre als Vorsitzende maßgeblich mit.

Doch damit nicht genug. Sie gründete das Projekt „Grüne Damen und Herren“. Dessen gegenwärtig 16 Mitstreiter sind in den Krankenhäusern, in Pflegeheimen und beispielsweise der Wohngemeinschaft für Demenzkranke unterwegs. Diese Aufgabe fordert, es gilt, viele Probleme auszuhalten. Die Frauen und Männer wollen mit ihren Gesprächsangeboten Lücken in der Betreuung schließen, den Betroffenen menschlicher Zuwendung und Hilfe bieten. Zufrieden berichtet Gudrun Schedler, dass sie sich seit dem vergangenen Jahr ausschließlich nur noch um das Funktionieren des Projektes kümmert und sich bei der Arbeit vor Ort auf die ganze Truppe verlassen kann.

Und nun als Würdigung für das unermüdliche Engagement ein Orden. Den nehme sie mit Dankbarkeit entgegen und habe dabei kein schlechtes Gewissen, weil es gerade sie „getroffen habe“. Eine solche Auszeichnung sei eine Anerkennung für alle Ehrenamtlichen, die sich im Stadtseniorenrat und bei den „Grünen Damen und Herren“ einbringen, lautet der knappe Kommentar der 74-Jährigen.