Badeunfälle Der geräuschlose Tod

Vergangenes Jahr sind in Deutschland 25 Kinder ertrunken. Die DLRG mahnt: Eltern sollten ihre Kinder stets im Blick behalten.

Von Paul Schulz 04.08.2020, 01:01

Schönebeck/Staßfurt l Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen zieht es zahlreiche Menschen an Badeseen, ins Freibad oder auch an die Elbe, um sich mal richtig abzukühlen. Doch es ist durchaus Vorsicht angebracht – vor allem Eltern sollten wachsam sein und ein Auge auf den Nachwuchs haben. Laut Statistiken der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im vergangenen Jahr nämlich deutschlandweit 17 Kinder im Vorschulalter und acht Kinder im Grundschulalter ertrunken. Insgesamt verloren im vergangenen Jahr 417 Menschen auf diese Weise ihr Leben. 2018 waren es sogar 504.

Unbedingt zu beachten sei, dass ein Kind, dass das Seepferdchen erworben hat, noch längst kein sicherer Schwimmer sei, teilt Florian Mydlak, Vorstand der DLRG Ortsgruppe Bernburg/Saale mit. Viel mehr ist das Seepferdchen ein Motivationsabzeichen für Kinder – und eben kein Schwimmabzeichen. Das wird auch deutlich, wenn man einen Blick auf die Anforderungen für dieses Abzeichen wirft. Die Kinder müssen lediglich vom Beckenrand ins Wasser springen und 25 Meter Schwimmen. Ansonsten muss nur ein Gegenstand aus schultertiefem Wasser heraufgeholt werden.

Auch Cindy Bartsch, Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe Aschersleben/Staßfurt, sagt: „Viele Eltern meinen, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat. Doch das ist ein Irrtum. Sie können sich lediglich – unter den Idealbedingungen im Schwimmbad – für eine Weile über Wasser halten.“

Florian Mydlak beruft sich außerdem auf eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2017. Demnach sind 59 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer. Erst mit dem Jugendschwimmabzeichen in Bronze (15 Minuten Schwimmen, mindestens 200 Meter dabei zurücklegen, zwei Meter Tieftauchen, verschiedene Schwimmarten) könne man von einem sicheren Schwimmer sprechen. Im Durchschnitt besitzen aber nur 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen dieses Abzeichen, so der Vorsitzende der DLRG Bernburg Rainer Temm.

Daher ist beim Badeausflug mit den Kindern Aufmerksamkeit angebracht. „Das aller wichtigste ist: Hände weg vom Smartphone. WhatsApp oder Onlinespiele gehören nicht an den See oder Badestrand. Viele Unfälle oder Suchaktionen könnten so vermieden werden“, erklärt Rainer Temm. Darüber hinaus sollten Nichtschwimmer niemals alleine ins Wasser gehen.

Überdies bieten auch Schwimmflügel keine Sicherheit vor dem Ertrinken. Und Luftmatratzen oder Schwimmringe sollten zudem nur von geübten Schwimmern benutzt werden, da sie für kleine Kinder sogar schnell zur lebensgefährlichen Gefahrenquelle werden können. Besonders gefährlich ist, dass ein Ertrinkender nicht um Hilfe rufen kann – Achtsamkeit ist also das oberste Gebot.

Laut den Statistiken der DLRG kommt es vor allem an Seen und Flüssen immer wieder zu verhängnisvollen Zwischenfällen. Demnach sind 320 Menschen im vergangenen Jahr in einem Fluss, See oder Teich ertrunken. Das sind 76,7 Prozent der tödlichen Badeunfälle. Die Ursachen dafür liegen einerseits darin, dass an Flüssen oder Seen oftmals keine Rettungsschwimmer vor Ort sind. Zudem kann in Flüssen die Strömung zu einer Gefahr werden. „Selbst für geübte Schwimmer kann die Strömung zu einer ernsten Gefahr werden“, betont Cindy Bartsch.

Um Unglücken vorzubeugen, müssen Eltern also aufpassen und Kinder Schwimmen lernen. Doch bei Letzterem gibt es etwas zu beachten. „Aus Kapazitätsgründen sind meist langfristige Anmeldungen oder schnelle Meldungen nötig. Da es zum Teil zu Wartelisten von mehr als einem Jahr gekommen ist, haben wir uns entschieden, keine Wartelisten mehr zu führen. Wir veröffentlichen unsere Kurse auf unserer Homepage und die jeweils ersten zehn Anmeldungen können eine Zusage erhalten. Ein anderes System wäre uns auch lieber, aber absurde Wartezeiten nützen niemandem“, teilt Florian Mydlak mit.