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Bahnunfall Mulmiges Gefühl vor dem Gleis

Einen Tag nach dem schweren Unfall am Bahnübergang bei Dannigkow ist das Entsetzen noch groß.

Von Andreas Mangiras 08.02.2018, 21:09

Dannigkow l Das Signal ertönt, die rot-weißen Schranken senken sich langsam. Der Boden vibriert, der Zug naht. Dann passiert ein Stahlkoloss mit hohem Tempo den Bahnübergang. Nach wenigen Sekunden ist alles vorbei, die Schranken bei Dannigkow heben sich. Das rote Signal am Andreaskreuz erlischt. Die Anlage funktioniert seit Donnerstag wieder.

Am Mittwochmorgen, 7. Februar, war das nicht so. Als eine junge Frau gegen 7.30 Uhr in ihrem Auto den Bahnübergang queren wollte, raste der Regionalexpress 16103 mit etwa 120 Kilometer pro Stunde heran und rammte sie und ihr Auto. Die 19-Jährige hatte Riesenglück. Sie überlebte. Mit Verletzungen an den Beinen kam sie ins Schönebecker Krankenhaus.

Nach Volksstimme-Informationen hatte weder das Rotlicht geblinkt, noch waren die Schranken geschlossen. Als sich die Frau im Auto auf den Gleisen befand, hörte sie nur noch das laute Hupen eines Zuges, der wie aus dem Nichts von links aus Richtung Gommern auf den Bahnübergang zuraste. Dann krachte es.

Mehr als 24 Stunden nach dem Geschehen vermeldete die Bahn Donnerstag um 11.35 Uhr die Reparatur der Anlage. Um die Ursache für das Versagen von Schranke und Lichtsignal herauszufinden, sei die technische Sicherungsanlage untersucht worden, teilte die Bahn mit. Aus diesem Grund seien „Bahnübergangssicherungsposten“ eingesetzt worden. Sie hatten bis Mittag den Bahnübergang zusätzlich mit Sperrbändern abgesichert.

Die Bundespolizei hielt sich am Donnerstag mit Informationen zurück, obwohl die „Unfallursache so gut wie geklärt“ ist, wie es aus Ermittlerkreisen hieß. „Wir ermitteln sowohl in Richtung technisches, als auch menschliches Versagen.“ Nach dem Unfall hatte es geheißen, dass ein Verschulden des Lokführers ausgeschlossen sei.

„Ich war erschrocken, als ich davon erfahren habe“, erzählt Tina Hartung aus Magdeburg am Donnerstag im Auto vor dem rot leuchtenden Signal. Sie muss den Bahnübergang täglich nutzen. Der Unfall sei schon beunruhigend, so die junge Frau. „Eigentlich verlässt man sich ja auf die Ampel“, sagt sie. Sie schaue normalerweise auch nicht extra, ob auch wirklich kein Zug komme.

Ein Mann aus Dornburg, der seinen Namen nicht nennen wollte, steht mit seinem Auto kurz vor dem Bahnübergang. „Das ist schon komisch. Wenn es einzusehen ist, dann gucke ich auch lieber noch einmal“, erklärt er auf Nachfrage.

„Man sollte sich generell nicht blind auf die Ampel verlassen“, meint Franz Turschuck in seinem Auto. Er fahre hier sehr selten vorbei. Vom Zwischenfall wusste er noch nicht. Er reagierte aber sichtlich geschockt.

Eine Frau, die ihren Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen wollte, äußert sich etwas wütend: Das so etwas überhaupt geschehen kann, sei generell eine Frechheit. Es solle regelmäßig überprüft werden, ob die Signalanlage richtig funktioniere, fordert sie.

Die junge Frau „muss 1000 Schutzengel gehabt haben“, atmete Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos) am Tag nach dem Unfall kräftig durch. „Ich bin glücklich, dass es am Ende so glimpflich ausgegangen ist.“

Die Situation am Bahnübergang sieht Hünerbein als sehr kritisch an. Natürlich müsse ein Autofahrer an Bahnübergängen auch genau schauen. Aber er „muss auch einen gewissen Vertrauensschutz genießen, dass solche technischen Anlagen auch funktionieren.“ Der Bahnübergang samt Schrankenanlage war gerade erst vor knapp zwei Jahren komplett erneuert worden. „Ein solches technisches Problem geht gar nicht“, kritisierte Hünerbein. „Ich erwarte von der Bahn eine schnelle und messerscharfe Ursachenanalyse und Behebung des Problems, um eine solche Gefahrenlage nicht wieder zuzulassen.“