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Baumpflege Bei Zuchau vertrocknen 29.000 Euro

Insgesamt 42 Eichen wurden im Jahr 2018 bei Zuchau gepflanzt. Sie sind mittlerweile allesamt eingegangen.

Von Thomas Linßner 08.04.2020, 01:01

Zuchau l Martin Giesecke biegt wenig amüsiert den Ast einer jungen Eiche ein wenig nach unten. Es braucht keinen Kraftaufwand, bis ein Zweiglein abbricht. „Tot. Da kann man nichts mehr machen“, sagt der Stadtrat, Biologielehrer und ehemalige Ortsbürgermeister. Man merkt ihm und vielen Spaziergängern den Schmerz an, weil so viele junge Eichen im vergangenen Sommer eingingen.

Bäume, die in 100, 200 Jahren mal vom Umweltbewusstsein der Vorfahren gekündet hätten. Denn unsere Feldmark - und da macht Zuchau keine Ausnahme - strotzt nicht gerade von üppigem Baum- und Buschbestand. Ende 2018 ging etwas mehr als die Hälfte, ein Jahr später die gesamte Neuanpflanzung ein.

Der Feldweg, um den es geht, führt zum ehemaligen Braunkohleschacht nordwestlich von Zuchau. Hier versuchte man vor gut hundert Jahren wie an vielen anderen Orten des damaligen Kreises Calbe, an den begehrten Brennstoff heranzukommen. Doch zu einem großflächigen Abbau kam es nicht, wie es beispielsweise in Calbe oder Pömmelte der Fall war.

Also blieb ein Loch, das heute ein wertvolles Biotop in leicht hügeliger Landschaft ist. Dorthin verläuft ein Graben, an dessen Rand die Eichen vor zwei Jahren gepflanzt wurden. „Das ist eine Ausgleichsmaßnahme nach dem Hochwasser 2013“, weiß Martin Giesecke.

Der Standort sei festgelegt worden, ohne Absprache mit dem kundigen Zuchauer Ortschaftsrat zu halten. „Wir hätten da einen anderen Vorschlag gemacht“, meint Giesecke. Zum Beispiel keine Eichen, sondern Kastanien. Und zwar in der Feldmark Mansene, am anderen Ende des Dorfes. Hier führt ein Weg von Zuchau in Richtung Bahnstrecke Magdeburg-Köthen, wo einst eine wüst gewordene Dorfstätte lag. Vor ein paar Jahren hatte ein Feldbrand dort zahlreiche Bäume vernichtet.

Aber warum sind die Eichen am Feldweg zum Schacht komplett eingegangen? Gab es keinen Pflegevertrag mit der ausführenden Firma? Um es im Fachdeutsch zu fragen: Hatte die Stadt bei der Auftragsvergabe keine Fertigstellungs- und Entwicklungspflege vereinbart, die normalerweise drei Jahre läuft?

Amtsleiter Holger Goldschmidt gibt Antworten: Ja, es sei eine Aufwuchspflege im Leistungsverzeichnis verankert gewesen. Diese belief sich aber nur auf ein Jahr, weil es der geförderte Bewilligungszeitraum nicht anders vorsah. (Die Ersatzpflanzung wurde aus Fördermitteln finanziert.) Danach wurde die Entwicklungspflege für das erste Jahr von der Firma vorgenommen, für die nächsten zwei Jahre dem Bauhof der Einheitsgemeinde übertragen. Doch der habe es nicht geschafft.

Im Frühjahr 2018 wurden laut Stadtverwaltung 42 Eichen gepflanzt. Goldschmidt spricht von einer „Maßnahme des Ländlichen Wegebaus“. Die Eichen mit Pfählen und Verbissschutz hätten ohne Wässerung rund 13.000 Euro gekostet. Das Jahr entwickelte sich zu einer einzigartigen Dürreperiode, die von 2019 noch getoppt wurde.

Laut Holger Goldschmidt seien die Bäume für rund 16.000 Euro (!) von der Pflanzfirma im ersten Jahr gewässert worden. „Leider haben diese Wässerungsmaßnahmen nicht ausgereicht. Zu groß war offensichtlich der Hitzestress für die jungen Bäume, so dass trotz der Wassergaben das Eingehen der Anpflanzungen abzusehen war“, resümiert der Amtsleiter. Hilfen, wie es sie für die Landwirtschaft gab, die Verluste bis zu 80 Prozent ausglichen, seien in diesem Fall vom Fördermittelgeber nicht vorgesehen gewesen.

Um es auf den Punkt zu bringen: 13.000 Euro wurden in der Sonne der vergangenen beiden Sommer regelrecht verbrannt, wenn man mal dieses Sprachbild benutzen möchte. Wohlgemerkt: Ohne die 16.000 Euro fürs Gießen, wodurch wenigstens einige Bäume im ersten Jahr überlebten.

Es sei geplant, die Eichen Ende dieses Jahres zu ersetzen. „Eine Frühjahrspflanzung wird aus den Erfahrungen zweier aufeinander folgender trockener Sommer nicht mehr vorgenommen“, so Goldschmidt. „Die Kosten sind im Haushaltsplan 2020 als Eigenmittel der Stadt Barby eingeplant“, erklärt der Amtsleiter.

Wobei ein mulmiges Gefühl bleibt: Kommt wieder so ein Dürresommer, dürfte der Bauhof wie schon 2019 mit dem Wässern überfordert sein.

Ein weiteres Pflegeproblem rankt sich um die rund hundert landschaftprägenden Weiden bei Zuchau. Ihre Kronen drohen auseinander zu brechen, weil das „Kellen“, also das Kürzen der Äste, in den vergangenen Jahren versäumt wurde. Laut Martin Giesecke sei ein Bewilligungsbescheid dafür schon da gewesen. Man habe sogar mit den Landwirten vereinbart, dass die Flächen rechts und links der Bäume auf dem Acker von den Kettensägemännern befahren werden dürfen. Das sollte bereits im vergangenen Winter geschehen.

Dafür seien rund 70.000 Euro im kommenden Haushalt eingestellt worden, teilte die Stadt mit. Das Kellen der Weiden solle nun im Herbst erfolgen, wenn die Natur wieder in den Ruhemodus tritt.