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Bibliothek Haus und Bücher ohne sieben Siegel

Der 24. Oktober ist der "Tag der Bibliotheken". Die Leiterin der Schönebecker Stadtbibliothek erklärt, was angesagt ist.

Von Olaf Koch 24.10.2017, 01:01

Schönebeck l Zum Glück! Zum Glück sind die Geschmäcker so verschieden, dass man über sie auch nicht streiten muss. Doch würden Psychologen für ihre Dissertation vielleicht die Lesegewohnheiten mancher Jugendlicher analysieren, würden sie die Hände über den Kopf zusammenschlagen und sich verwundert fragen: Warum nur? Und wie soll die Zukunft der Jugendlichen aussehen? „Während bei Kindern die gesamte Bandbreite der erzählenden Literatur und der Sachliteratur gelesen wird, konzentrieren sich Jugendliche immer mehr auf Phantasy und Dystopie“, erzählt Gerlinde Maier, Leiterin der Schönebecker Stadtbibliothek.

Sie und ihre Kollegen freuen sich zwar, dass Jugendliche weiter zu den regelmäßigen Nutzern der Bibliothek gehören, wundern sich aber, warum sie in die inhaltlich „dunkle Welt“ dieser Bücher eintauchen. Phantasy ist ein Genre der Phantastik, dessen Wurzeln sich in der Mythologie und den Sagen finden. Wesentlich auffälliger ist dagegen noch die Dystopie: Sie ist ein Gegenbild zur positiven Utopie und in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang.

Mit der Stadt Schönebeck wird das wohl nichts zu tun haben. Phantasie und Dystopie sind bei vielen Jugendlichen der Republik der Renner. Verlage und Bibliotheken reagieren darauf, sie kennen ihren Markt. Insgesamt aber – um im Bild zu bleiben – scheint über die Stadtbibliothek Schönebeck die Sonne. Die Einrichtung hat durchaus eine positive Zukunft. Bis Ende des Monats September dieses Jahres registrierte die Schönebecker Einrichtung mehr als 62.000 Entleihungen. Es kamen knapp 1700 Nutzer.

So befinden sich die Mitarbeiter der Bibliothek im ständigen Austausch mit den Lesern. Die Angestellten müssen ein Gespür für das entwickeln, was sich die lesende Kundschaft wünscht und sich daran orientieren. Auf der anderen Seite schafft ein Budget eine Grenze, die die Stadtbibliothek nicht überschreiten darf. „Das ist eine riesige Aufgabe“, wie es Gerlinde Maier im Gespräch beschreibt.

Doch die Informationen der Verlage und die Erfahrungen der Mitarbeiter sind ein großer Schatz in dieser Frage. Zudem hat sich das Leseverhalten in den vergangenen Jahren nicht stark verändert. Wichtig ist unter anderem, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren: Werden Bestseller-Listen veröffentlicht, Autoren mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet oder Nobelpreisträger benannt, dann steigt die Reaktion der Leser darauf. „Von Robert Menasse ‚Die Hauptstadt‘ war sofort entliehen, Bücher von Literaturnobelpreisträger Kazuro Ishiguro sofort nachgefragt oder ‚Das Paket‘ von Sebastian Fitzek auf einer bekannten Bestsellerliste: Es war ein Jahr lang ohne Unterbrechung ausgeliehen“, weiß die Leiterin der Bibliothek zu berichten.

Gerade letztgenannter Autor bedient ein Feld, was in der Schönebecker Stadtbibliothek sowieso immer geht: Krimis und Thriller.

Soweit sind die Jüngsten noch nicht. Sie sind die Leser von Morgen und haben einen entsprechenden Stellenwert in der Einrichtung. Mit Schulen werden deshalb Kooperationsvereinbarungen geschlossen, wobei die Umsetzung später keine Einbahnstraße ist. „Die Kinder und Jugendlichen kommen zwar zu uns, aber wir reagieren auch auf Wünsche“, so Maier. Sie wollen die Schönheit der deutschen Sprache kennenlernen? Kein Problem. Sie wollen in die Lyrik einsteigen? Die Bibliothek hilft weiter. Sie wollen einen Autoren kennenlernen? Wird organisiert.

Abgerundet wird das Angebot der Stadtbibliothek durch Veranstaltungen. Dienstagabend beginnt ab 19 Uhr eine „Fotoreise“ mit den Weltenbummlern Erika und Werner Marx.