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BrandstifungProzess um abgefackelten Schuppen

Das Schönebecker Schöffengericht befasst sich mit zwei schweren Straftaten: Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung.

Von Bernd Kaufholz 05.10.2017, 01:30

Schönebeck l Henning B., der aufgrund von Fluchtgefahr in Handschellen aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal gebracht wurde, wird von der Staatsanwaltschaft angeklagt, am 4. Mai 2017 einen Schuppen abgefackelt und ein paar Stunden später einen 26-Jährigen mit einem Schlagstock verletzt zu haben.

Staatsanwalt Sven Nikolaus wirft dem Magdeburger vor, am Tattag gegen 10.45 Uhr auf einem Hof im Breiten Weg einen 60 Quadratmeter großen Holz-Schuppen, in dem die Mülltonnen des Mehrfamilienhauses standen, angesteckt zu haben. Schaden: 5000 Euro. Die Rauchfahne war weithin sichtbar gewesen.

Wenige Stunden später soll B. in die Wohnung zurückgekehrt sein und auf seinen 26 Jahre alten Trinkkumpanen mit einem Teleskopschlagstock eingeschlagen haben. Nikolaus: „Zum Glück hat er ihn nicht am Kopf getroffen, weil er von seiner Begleiterin zurück gezogen wurde, sondern nur an der Schulter.“

Der Angeklagte sieht beide Geschehnisse allerdings völlig anders: „Er sei gegen ein Uhr „schon ziemlich betrunken“ von einer Schönebecker Shisha-Bar in die Wohnung im Breiten Weg gezogen, weil da eine Party stattfand. Gegen Morgen seien nur noch er selbst, der Wohnungsmieter F. und S. (das spätere Opfer) übrig gewesen. „Ich bin dann mit Florian S. an der Terrassentür eine rauchen gegangen. Da haben wir die Flammen im Hof gesehen.“

Dass er gezündelt habe, wies der Angeklagte weit von sich. Allerdings räumte er ein, anstatt die Feuerwehr zu alarmieren, den Brand gefilmt zu haben. Das Video wurde auf seinem Handy gefunden.

Nachdem die Feuerwehr die Wohnungen geräumt habe, sei es auf der Straße bereits zu einem Streit zwischen ihm und S. gekommen, sagte Henning B. „Ich hatte ihm irgendwann beim Feiern erzählt, dass ich schon mal im Knast war, wegen einer Brandstiftung. Nachdem es im Hof gebrannt hatte, hat er mich angemacht und gesagt: Es ist doch klar, wer das war.“

Weil er seinen Rucksack mit Geldbörse und Tablet in der Wohnung gelassen habe, sei er später in Begleitung von zwei Bekannten zur Wohnung zurück gegangen. „An der Tür hat mich S. sofort wieder belegt, dass es ein Frechheit sei, noch einmal aufzutauchen.“ Er sei von S. mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. „Ich habe mich gewehrt, aber den Schlagstock habe ich nicht in der Hand gehabt.“

Nach Aktenlage gebe es keine objektiven Beweise, sagte der Vorsitzende Richter Eike Bruns, bevor er die Zeugen aufrief. „Aber schwer belastende Indizien. Nicht nur der Umstand, dass Brandstifter häufig rückfällig werden. Auch wenn sie behaupten, dass ihre erste Verurteilung eine Art Justizirrtum war.“

Belastend sei, dass ein Deospray, dass der Angeklagte zugegebenermaßen im Rucksack bei sich trug, auf einem Parterre-Fenstersims und die dazu gehörende Kappe in einer Hof-Ecke gefunden wurde. Die Anklage geht davon aus, dass dieses Spray als „Flammenwerfer“ benutzt wurde. Als „Brandbeschleuniger“ komme ein Grillanzünder in Frage. Die Flasche stand halbvoll auf der Wohnungsterrasse.

Die Befragung der Zeugen gestaltete sich mehr als zäh und die Unmutsfalten auf der Stirn von Richter Bruns gruben sich immer tiefer ein.

Da war zum Beispiel die 18-Jährige, die den Angeklagten bei der Polizei schwer belastet hatte. Doch von ihrer Version, dass B. sein Opfer mit dem Schlagstock geschlagen habe, rückte sie völlig ab. Nun sagte sie, dass Florian S. die Waffe in der Hand gehalten habe, als er die Tür öffnete. Lustlos antwortete die Zeugin auf Fragen des Gerichts, was Bruns zu der Bemerkung veranlasste: „Wenn sie ihr Aussageverhalten nicht umgehend ändern, lernen sie mich kennen.“

Der 26-jährige S., der zur Brandzeit knapp zwei Promille Alkohol im Atem hatte, konnte sich kaum an den Feuertag erinnern. „Ich bin aufgewacht, als es draußen gebrannt hat. Später bin ich festgenommen worden. Dazwischen weiß ich nichts.“ Hin und wieder fiel „Opfer“ S. dann doch noch etwas ein. „Richtig, B. hat mit dem Schlagstock nach mit geschlagen.“ Er selbst habe nie einen in der Hand gehabt.

Aufklärung hatte sich das Gericht vom dritten Mann im Bunde erhofft. Aber der Wohnungsinhaber erschien nicht. Nun wird er am Freitag vorgeführt und muss ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro zahlen. Ersatzweise drei Tage Haft.