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Corona-Virus Schwimmbäder stecken Steuersenkung ein

Warum die Stadt Schönebeck die Eintrittspreise trotz Corona-Erleichterungen nicht senken will

Von Jan Iven 10.07.2020, 01:01

Schönebeck l Das zweite Corona-Steuerhilfe-Gesetz soll Unternehmen und Verbraucher entlasten und damit die Wirtschaft in der Pandemie wieder ankurbeln. Doch immer wieder regt sich Widerstand, die Senkung des Regelsatzes bei der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent bis zum Ende des Jahres auch tatsächlich an den Endverbraucher weiterzugeben. Und das betrifft nicht nur private Unternehmen, sondern auch immer wieder öffentliche Einrichtungen.

So hat nun auch Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) die Stadträte bei ihrer Sitzung in der vergangenen Woche darüber informiert, dass die kommunalen Bäder Volksschwimmhalle und Solequell die Eintrittspreise trotz der Steuersenkung nicht nach unten anpassen werden. Sprich: Von der Steuersenkung profitieren nicht die Badegäste, sondern die städtischen Badeanstalten. Begründung von Knoblauch vor den Stadträten: „Das wäre ein riesiger Aufwand.“ Tatsächlich müssten die Preise mit dem verringerten Steuersatz neu kalkuliert und ausgezeichnet werden. Um es noch komplizierter zu machen, sinkt der bereits ermäßigte Steuersatz für Schwimmbäder von sieben auf fünf Prozent, während für Saunagänge der Regelsatz von 19 auf 16 Prozent sinkt. Zwar ist die Sauna in der Volksschwimmhalle gerade sowieso geschlossen. Im Solequell ist Schwitzen jedoch inzwischen wieder möglich.

Zusätzlich zum Aufwand kommt für die Stadtverwaltung aber auch noch das Argument hinzu, dass die Bäder aufgrund der Corona-Pandemie monatelang schließen mussten und somit auch auf jede Menge Einnahmen verzichten mussten. Und das tut finanziell mittlerweile offenbar richtig weh. Wie der Oberbürgermeister die Stadträte in einem Schreiben informierte, soll der Einnahmeausfall durch Schließung und Besucherbeschränkung inzwischen bereits bei knapp 106 000 Euro liegen. Hinzu kämen noch einmal weitere 8000 Euro, die die Stadt wegen der Schließung an Vertragspartner wie Vereine zurückzahlen musste. Und diese Zahlen beziehen sich allein auf die Volksschwimmhalle für die Monate März bis Juni.

Doch auch nach der Wiedereröffnung sind die erlaubten Besucherzahlen wegen der Auflagen immer noch eingeschränkt. Konkret macht die Stadtverwaltung für die Volksschwimmhalle folgende Rechnung auf: So konnte in der ersten Woche nach der Wiedereröffnung insgesamt nur 179 Badegäste die Schwimmhalle nutzen. Normalerweise kommen pro Woche durchschnittlich 529 Besucher, was einem Rückgang von etwa zwei Dritteln entspricht. Damit sinken auch die wöchentlichen Einnahmen von üblicherweise 1214,50 Euro auf nur noch 408 Euro. Bei einer Senkung der Mehrwertsteuer würden sich die Einnahmen weiter auf 399,84 Euro reduzieren. Die 8,16 Euro Steuerersparnis pro Woche oder knapp fünf Cent pro Ticket behält die Stadtverwaltung somit für sich. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Zahlen bis zum Ende des Jahres wieder ansteigen werden.

Aufgrund der aktuellen Einschränkungen der Besucherzahlen wurde die Zeit für die einzelnen Besucher auf höchstens eine Stunde beschränkt. Immerhin wurde im Gegenzug auch der Eintrittspreis von 3,50 Euro auf 2,50 Euro gesenkt. Daher sieht die Stadt keinen Bedarf mehr, noch die geringe Senkung der Mehrwertsteuer an die Gäste weiterzureichen.

Für den Juristen Knoblauch kommt aber noch ein anderes Argument hinzu: „Gesetzlich ist eine Weitergabe an Endverbraucher nicht zwingend vorgesehen“, teilte er den Stadträten vor der Sitzung schriftlich mit. Da die Stadt also nicht gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Eintrittspreise anzupassen, sollte sie es demnach auch gar nicht erst machen.

Und was sagen die Stadträte dazu, dass die Stadt auf eine Senkung der Eintrittspreise verzichtet? Streng genommen überhaupt nichts. Zwischen den vielen Ankündigungen des Oberbürgermeisters im Stadtrat wurde das Thema gar nicht erst von den Politikern aufgegriffen. Bert Knoblauch hatte auch gleich klar gemacht: Falls eine Mehrheit der Stadträte eine Anpassung der Preise wünschen würde, müsste ein Sonderstadtrat einberufen werden, um eine neue Satzung zu bestimmen. Vielleicht hatten die Stadträte darauf in Ferienzeiten einfach keine Lust. Vielleicht halten sie die einbehaltene Steuerersparnis von knapp fünf Cent pro Ticket in Anbetracht des Aufwandes aber auch für vertretbar für den Bürger. Dass es von Seiten der Stadträte keinen Widerspruch gab, wertete die Verwaltung schließlich als Zustimmung.