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Crash-Kid 17-Jähriger außer Kontrolle

Nach einem schweren Unfall in Aschersleben mit mehreren Verletzten wurde der jugendliche Fahrer im Krankenhaus festgenommen.

Von Jan Iven 17.07.2020, 11:32

Aschersleben/Glinde l Der schwerere Unfall eines 17-Jährigen Jugendlichen aus dem Salzlandkreis in Aschersleben mit einem gestohlenen Fahrzeug war nur der vorläufige Höhepunkt einer langen Reihe von Vorfällen und Straftaten. „Wir ermitteln bereits in 40 Fällen gegen ihn. Und das sind allein die Taten aus diesem Jahr“, sagte Polizeisprecher Marko Kopitz vom Polizeirevier Salzlandkreis.

In der Nacht zum Sonntag hatte sich der Junge in einem gestohlenen Fahrzeug eine einstündige wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert. Schließlich verlor der jugendliche Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug und krachte in eine Hauswand. Die fünf Insassen wurden zum Teil schwer verletzt und mussten in Krankenhäuser eingeliefert werden.

Nach Bekanntwerden der Unfallfahrt hat die Mutter des Jugendlichen auf der Facebook-Seite der Volksstimme für die Taten ihres Sohnes um Entschuldigung gebeten. „Ich kann mich nur aufrichtig im Namen meines Sohnes entschuldigen“, schreibt sie. Insbesondere wandte sie sich auch an die Eltern der anderen Jugendlichen, die beim dem Unfall verletzt wurden. „Alle fünf haben nicht nur ihr eigenes Leben gefährdet, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer.“ Die Mutter soll mit der Erziehung ihres Sohnes überfordert sein und ist inzwischen aus der Region weggezogen.

Da der Jugendliche, der nun in der Jugendanstalt Raßnitz einsitzt, minderjährig ist, machen weder Polizei noch Staatsanwaltschaft Angaben zu den konkreten Tatvorwürfen. Bekannt ist, dass er in der Vergangenheit immer wieder Autos im Salzlandkreis gestohlen hatte. Einige Fahrzeuge soll er verkauft haben. Andere soll er angezündet haben. Der Junge wurde auch immer wieder mit Drogen erwischt.

Am spektakulärsten war jedoch ein Einbruch in ein Wohnhaus in Barby vom Januar, das von dem 17-Jährigen mit weiteren Jugendlichen in einer stundenlangen Gewaltorgie im Drogenrausch völlig verwüstet wurde. Dabei soll ein Schaden von rund 140.000 Euro entstanden sein. Nach dem Unfall am Sonntag hatte das Amtsgericht Aschersleben schließlich einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Er wurde noch im Krankenhaus festgenommen und sitzt nun für die Dauer der Ermittlungen in Untersuchungshaft, die bis zu sechs Monate betragen kann.

In die Kritik war das Kinderheim geraten, in dem der Junge aus Aschersleben zwischenzeitlich immer wieder untergebracht war. Wie nun bekannt wurde, stammten nicht alle fünf Jugendlichen aus dem Unfallwagen aus der Einrichtung, sondern nur zwei von ihnen. Mittlerweile stärkte der Salzlandkreis der Einrichtung des Trägers Nestwärme den Rücken. „Der Träger wird seiner Aufgabe und der Verantwortung, die ihm übertragen sind, in vollem Umfang gerecht“, teilte eine Sprecherin des Salzlandkreises auf Nachfrage der Volksstimme mit. Dabei bezieht sich die Kreisverwaltung nicht nur auf das Heim, sondern auch auf weitere Einrichtungen wie Kitas und Horte. Alleinstellungsmerkmal des Trägers sei es, dass er kontinuierlich Plätze für schwer oder gar nicht vermittelbare Kinder und Jugendliche anbiete. Der Träger könne die Jugendlichen aber auch nicht einfach einsperren, da es keine geschlossene Einrichtung sei, so die Sprecherin des Salzlandkreises.

Norbert Langoff (Freie Wähler), Ortsbürgermeister des Barbyer Ortsteils Glinde, in dem das Kinderheim liegt, hält nichts von einseitigen Schuldzuweisungen. „Es erscheint zu einfach, allein dem Träger der Einrichtung in der Verantwortung zu sehen“, teilte Langoff auf Nachfrage mit. Auf der anderen Seite forderte er Sicherheit und Transparenz für die Bürger. „Es kann nicht sein, dass solche Vorfälle die Einwohner des beschaulichen Elbedorfes in Angst und Schrecken versetzen“, so der Ortsbürgermeister. Die Stimmung der Einwohner reiche von völligem Unverständnis bis zur Angst vor weiteren Straftaten.

Nach eigenen Angaben hatte Nestwärme den Ortschaftsrat demnach bereits am Tag zuvor darüber informiert, dass der Anführer der damaligen Verwüstungsaktion eingewiesen wurde. „Wenn es tatsächlich so ist, dass dieser Jugendliche, der in jüngster Zeit durch mehrere Autodiebstähle aufgefallen ist, ist es völlig unverständlich, dass er wieder in eine entsprechende Jugendeinrichtung verweilt“, moniert der Ortsbürgermeister.

„Hier wird zu klären sein, wer hier seiner Verantwortung nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist“, so Norbert Langoff, der nun auch die Rolle von Justiz, Polizei, Kreis- und Landesbehörden geklärt wissen will. „Die Mitglieder des Ortschaftsrates verlangen hier jetzt eine lückenlose Aufklärung“, so Langoff.