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Dauerausstellung Zwischen Kunst und Gedichten

Dario Malkowski hat das erreicht, was nur wenige Künstler miterleben dürfen: Eine Dauerausstellung seiner Werke.

Von Emily Engels 21.03.2016, 18:45

Schönebeck l Es ist ein tränenreicher Morgen an diesem Sonnabend, um 10 Uhr, im Industriemuseum (Imuset). Dabei ist der Anlass ein so fröhlicher. Doch Tränen können bekanntlich aus verschiedenen Gründen fließen. Aus Freude, aus Rührung oder aus Ehrfurcht vor dem Leben. Von letzterem hat der Schönebecker Bildhauer Dario Malkowski mehr als genug. Denn nur mit einer solchen Ehrfurcht schafft man es, trotz schwerer Schicksalsschläge wieder aufzustehen und sich dem Leben in all seiner Schönheit, aber auch Brutalität, zu stellen.

Für den damals 18-jährigen Malkowski passiert der große Einschnitt im Jahre 1944 im zweiten Weltkrieg. Als Soldat wird er bei der Schlacht um Aachen eingesetzt. „Das letzte, was seine Augen von dieser Welt sehen sollten, war im November jenen Jahres das Morgenrot über Jülich“, sagt Oberbürgermeister Bert Knoblauch in seiner Ansprache und führt fort: „... bevor ihm eine Granate das Gesicht zerstörte.“ Die ständige Selbstüberwindung und die unglaubliche Kraft, die Malkowski aufgebracht haben muss, um als Erblindeter eine derartig erfolgreiche Karriere vorlegen zu können, wie es nur ganz wenige können, ist fast unvorstellbar.

Dario Malkowski sei seinen künstlerischen Weg ganz alleine und ohne Blindenumschulung gegangen. Die feste Verwurzelung im christlichen Glauben habe ihm Mut zum Leben und Überleben gegeben, so Knoblauch. Dass er 1953 ein Studium an der Leipziger Fachschule für angewandte Kunst mit dem Staatsexamen abschloss, scheint eine Tatsache zu sein, die den 89-jährigen Malkowski bis heute berührt. „Vor 63 Jahren habe ich mein Abschlusszeugnis empfangen“, sagt er und hält inne, weil die Tränen ihn vom Weitersprechen zurückhalten. „Mein Werkzeug habe ich bis heute nicht aus der Hand gelegt“, führt er fort. Der Weg, den er gegangen ist, sei kein leichter gewesen, sagt er mit einem solchen Nachdruck, dass man es ihm nur glauben kann. Er geht nicht nur auf seine Erfolge ein, sondern auch auf die vielen Hindernisse, die ihm während seiner Laufbahn in den Weg gelegt worden sind. Denen stellt sich Dario Malkowski nicht nur mit Durchsetzungskraft, sondern vor allem auch mit einer gesunden Portion Humor. So scherzt er: „Über Bildhauer wurde oft gesagt: Kann man bei den Werken überhaupt einen Menschen von einem Hund unterscheiden? Da habe ich immer geantwortet: Ja klar, am besten geht das anhand der Beine. Die mit den vier Beinen waren immer sehr freundlich zu mir.“

Doch wohlgesonnen sind Malkowski nicht nur die Tiere, die er so zahlreich in seinen Skulpturen darstellt. Von Herzlichkeit und Zuspruch sind die Räumlichkeiten vom Imuset geradezu durchströmt. Vereins-präsident Georg Plenikowski erklärt, warum er gerade eine dauerhafte Kunstausstellung in einem Industriemuseum für so passend hält. „Wir wollen hier die Breite und Vielfalt des Lebens und der Kultur ausspielen“, meint er. „Wenn man von Imuset das ‚i‘ und das ‚t‘ wegnimmt, dann bleibt das Wort Muse“, führt er den Gedanken weiter. Bei Malkowski habe er immer eine innerliche Trauer darüber gespürt, wie der fast 90-Jährige sein Werk abschließen will. All sein Schaffen einfach wegzugeben, halte Plenikowski für keinen guten Weg für den Künstler.

Nach der Zusage des Künstlers habe er noch keine Sponsoren gehabt, sondern habe einfach die Risikoentscheidung getroffen anzufangen. Das Risiko hat sich gelohnt, denn im Nachhinein fanden sich zahlreiche regionale und überregionale Sponsoren, wie die Salzlandsparkasse mit 15 000 Euro und die amerikanische Familie Filbert aus Flagstaff in Arizona mit 5000 Euro. Die Ausstellung stellt etwa ein Drittel von Malkowskis Gesamtwerk dar, das etwa 220 Werke umfasst.

Landrat Markus Bauer geht in seiner Ansprache tiefer auf die Werke und ihre Bedeutung ein. „In ihnen findet man oft die Suche nach Tiefe und nach Wahrheit wieder“, erklärt er und ergänzt: „So erzählen die Werke von Andacht, Demut, Melancholie aber auch von Lebensfreude.“ Vor allem die Bodenständigkeit sei es, die ihn an den Werken von Malkowski fasziniert. Und auch diese spiegeln die Wertevorstellung des Künstlers wider. In seinen Skulpturen geht es oft um Lebewesen, die ihre Funktion erfüllen. Dazu gehören Menschen, aber auch die Tiere.

Für Bert Knoblauch ist das beste Beispiel die Plastik des Schönebecker Originals OKKO, der als Dauerleihgabe dem Museum zur Verfügung gestellt wurde. „Mich persönlich beeindruckt es, dass Dario Malkowski hier einem einfachen Menschen gewissermaßen Erinnerung und Würde gegeben hat“, fasst er seine Begeisterung in Worte. Dario Malkowski sieht keinen Unterschied darin, wie großartig die Dinge sind, die jemand geleistet hat. Für ihn haben alle Menschen Achtung verdient, die eine Aufgabe haben, diese erkennen und erfüllen, sagt er.

Dario Malkowski drückt sich nicht nur in der Kunst aus, sondern auch anhand von Gedichten. Drei seiner Werke sind in seiner Dauerausstellung zu sehen - darunter das Gedicht „Der blinde Bildhauer.“ „Umschließt mich auch die Finsternis dicht, in mir lebt und leuchtet das Licht. Ich bin Form und Farbe (...),“ steht da.

Spätestens, wenn man vor der Tafel steht, wird man ehrfürchtig. Ehrfürchtig vor dem Umfang des Werkes, welches dieser Mann geschaffen hat und ehrfürchtig vor dem lebenslangen Kampf, dem der Künstler sich gestellt hat. Die Ausstellung umfasst zwei Räume. Der eine ist lichtdurchflutet und beinhaltet Werke, die Malkowski vor seinem 18. Lebensjahr vollendet hat. Der andere Raum zeigt Werke, die nach der Schlacht um Aachen entstanden sind. Dieser Raum ist abgedunkelt und lässt kein Sonnenlicht hinein.

Die Ausstellungseröffnung für die Öffentlichkeit findet am Sonnabend, 2. April, ab 14 Uhr im Industriemuseum statt.