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Deutscher Käsepreis Glinder Käse punktet in München

Der Ziegenhof Glinde gewann beim Deutschen Käsepreis 2019/2020 in der Kategorie Innovation/Publikum einen Qualitätspreis.

Von Thomas Linßner 14.06.2020, 07:00

Glinde l Eigentlich ist Bock Cobold schuld. Denn er sorgt seit Jahren für den preisgekrönten Nachwuchs in Kutschbachs glücklicher Ziegenherde.

Doch Anfang dieser Woche war Cobold etwas - gelinde gesagt - ungehalten. Deswegen zerlegte er seinen Stall, dass die Fetzen flogen.

Als sei er keine Harzer Bergziege, sondern eine Glinder Dampframme.

Der Grund war nicht etwa die Ignoranz der attraktiven Ziegendamen, mit denen er - na, Sie wissen schon - sondern sein Kumpel Chaplin. Denn der wurde fahrlässigerweise von den Hofbetreibern Gitte und Steffen Kutschbach verkauft. Um Inzest zu vermeiden, muss er jetzt anderswo Dienst tun. Nun lastet der Job, 74 Mutterziegen in freudige Erwartung zu versetzen, ganz allein auf Cobolds Schultern.

Es gibt Schlimmeres und der Stall ist repariert.

Was uns aber zeigt, dass so ein Bock auch nur ein soziales Wesen ist, das mehr als Fressen und Ziegen beglücken zwischen den Hörnern oder sonstwo hat.

Harzziegen galten bis vor wenigen Jahren als ausgestorben. Dank intensiver Suche und Zuchtbemühungen gibt es sie bei mehreren Züchtern wieder. Dazu gehören die Kutschbachs aus Glinde. Noch vor ein paar Jahren standen sie auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen. (Die Ziegen, nicht die Kutschbachs...)

Wenn Steffen Kutschbach mit seiner Ziegenherde durch die Glinder Elbauen zieht, ist das ein Bild wie aus längst vergangenen Tagen. Ihm zur Seite stehen die beiden Bordercollie-Hütehunde Jack und Ben, ohne die der Glinder schlechte Karten hätte.

Denn Ziegen - egal ob klassisch weiß oder im harzer Braunton - haben ihren ganz eigenen Kopf. Wenn sie zum Beispiel eingekoppelt sind, dort aber das Futter oder Wasser knapp wird, springen sie schon mal über den Elektrozaun. Und suchen sich Leckerlis anderswo. Peinlich wäre es, wenn Cobolds Truppe Rüben der Bauern oder Radischen der Nachbarschaft für sich entdecken würde.

Aber da passt das Dreamteam Steffen, Jack und Ben schon auf!

Die Braunen Harzziegen halten das Elbvorland kurz, sind dabei aber wählerischer als Schafe, was das Futter betrifft. Trotzdem gehen sie an Pflanzen heran, welche der Ratzekahlfresser Schaf verschmäht. So zum Beispiel Disteln und Kletten. Wie Hofchefin Gitte Kutschbach sagt, sieht man das sogar gerne, da Kletten den Milchertrag steigern. Und darum geht es schließlich in allerster Linie.

Im ökologisch geführten Hof Glinde werden derzeit 74 Muttertiere täglich zweimal am Melkstand gemolken, die pro Tier durchschnittlich drei Liter Milch geben. Weil sie ständig frisch verarbeitet wird, kann der Rohmilchkäse ohne jegliche Konservierungsstoffe hergestellt werden.

Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Im vergangenen Jahr beteiligten sich die Glinder mit ihrer Käsesorte „Elb­röwer“ an der „großen Käseprüfung“ des Verbandes für handwerkliche Milchverarbeitung, die im Oktober 2019 in München stattfand.

Die Experten beurteilen die eingereichten Käse nach sensorischen Kriterien wie Aussehen (außen und innen), Konsistenz, Geruch und Geschmack. Insgesamt 132 Milch- und Käsespezialitäten stellten sich dem Qualitätswettbewerb und gingen ins Rennen um die „Käseharfe“ und die „Milchkanne in Gold“. Beide gelten als höchste Auszeichnungen der Branche.

Und: 74 Prozent der vorgestellten Käse erfüllten die strengen Vorgaben des Veranstalters und wurden mit einem Qualitätspreis ausgezeichnet.

Gitte und Steffen Kutschbach räumten mit ihrem „Elb­röwer“ gleich mehrfach ab. Der Käse bekam den Qualitätspreis in Silber, den Innovations- und den Publikumspreis.

Für Letzteren waren die Juroren extra zum Münchner Viktualienmarkt gefahren, um die Marktkunden kosten zu lassen. Diese erlebten eine große Auswahl an Käse- und Milchspezialitäten. Von gereiften Aschekugeln aus Ziegenmilch, über herzhaften Blauschimmelkäse aus Schafsmilch, mit Kräuteröl marinierte Käsebällchen, milbengereiften Kuhhartkäse bis zum süß duftenden Mirabellen-Joghurt gab es Milch- und Käsespezialitäten vom Feinsten. Und eben vom „Elbröwer“.

Der Viktualienmarkt im Herzen der Münchner Altstadt ist heute ein beliebter Platz für Genießer und Feinschmecker und für Besucher, die hier von urbayerischen Waren bis exotischen Früchten alles finden, was das Herz begehrt.

Der Ziegenhof Glinde befindet sich in einem alten Vierseitenhof, der sich seit 1905 im Familienbesitz befindet. Winterstallungen, Wohnhaus, Käserei und der Hofladen haben dort ihren Platz gefunden. Die Kutschbachs sind überzeugte Ökobauern und wirtschaften über die Richtlinien des ökologischen Landbaus hinaus.

Der Hofladen hat dreimal in der Woche geöffnet. Dort kann man dienstags und sonnabends jeweils von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 18 bis 20 Uhr alle Käsesorten, soweit sie vorrätig sind, kaufen. Und, wenn man Glück hat, auch den wieder friedlichen Prachtbock Cobold bewundern.