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Ehrenamt Einsatz für den Storchen-Nachwuchs

Wolfgang Grönwald sorgt jedes Jahr im Juni dafür, dass die Störche einen Ring bekommen, mit dem sie identifiziert werden könne.

Von Bianca Oldekamp 26.06.2019, 01:01

Schönebeck/Calbe l Die beiden Storche, die 2019 in dem Nest auf dem Kirchenschiff der evangelischen Kirche St. Laurentii in Frohse niedergelassen haben, sind Wiederholungstäter. Denn genau dieses Paar hatte das Nest in Frohse bereits im Vorjahr besetzt und seinen Nachwuchs dort großgezogen.

Bemerkt hat diesen Umstand Agnes Schulz, die die Storche in Frohse beobachtet. Dass sie die Störche überhaupt wieder erkannt hat, liegt daran, dass beide Storche einen Ring tragen. Die bedeutungslose Kombination aus zwei Buchstaben und zwei Zahlen, die sich auf solchen Ringen befindet, bildet sozusagen den Personalausweis eines jeden Storches – wenn er denn beringt ist.

Doch so einen Storch zu beringen ist gar nicht so einfach. Das weiß der Magdeburger Wolfgang Grönwald aus eigener Erfahrung nur zu gut. Er ist es, der den Storchen-Nachwuchs im ehemaligen Landkreis Schönebeck und Magdeburg mit Ringen ausstattet – so auch den Nachwuchs von 2019 des Storchenpaares in Frohse. Drei kleine Störche fand er in dem Nest vor, als der pensionierte Revierförster Anfang Juni mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Schönebeck im Einsatz war – ehrenamtlich.

Bereits seit 1973 darf der 70-Jährige ganz offiziell beringen, nicht nur Störche, sondern auch andere Vögel. Die Prüfung für die sogenannte Beringungserlaubnis legte Wolfgang Grönwald an der Beringungszentrale Hiddensee in Güstrow ab. Im Jahr 1974 bekamen dann die erste Jungstörche von ihm ihre Ringe verpasst – mittlerweile sind es über 1000.

„Beringt werden nur junge Störche, die noch nicht fliegen können“, erklärt Wolfgang Grönwald. Sobald der Storchen-Nachwuchs nämlich fliegen kann, würde er wie seine Eltern die Flucht ergreifen, wenn sich jemand dem Nest nähert.

„In den ersten Jahren bin ich zu den Nestern auch gern mal auf einer Leiter hoch geklettert oder habe die vorhandenen Sprossen an den alten Schornsteinen benutzt, auf denen Storchennester oft zu finden sind. Da hing ich auch schonmal halb im Nest. Ganz schön gefährlich, was ich da damals so gemacht habe“, erinnert sich Wolfgang Grönwald an seine ersten Beringer-Jahre zurück.

Mittlerweile muss der 70-Jährige nicht mehr zu den Nestern, die sich teils in 30 Metern Höhe befinden, hochklettern – lediglich einen Arbeitskorb muss er betreten.

Unterstützt wird Wolfgang Grönwald bei seinen Einsätzen im ehemaligen Landkreis Schönebeck und Magdeburg nämlich entweder von der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr oder einem ortsansässigen Unternehmen, das über ein Krahnfahrzeug mit Arbeitskorb verfügt.

Bei einem aktuellen Einsatz wurde Wolfgang Grönwald von Stefan Schulze begleitet, der den Krahn seines Arbeitgebers, einer Dachdeckerfirma auf Calbe, steuerte. Neun Nester, darunter mehrere in Calbe, haben die beiden in dieser Woche zusammen angefahren.

Während Stefan Schulze den Arbeitskorb mit dem pensionierten Revierförster an die richtige Position bringt, versucht Wolfgang Grönwald schon vor der Ankunft am Nest rauszufinden, wie viele Jungstörche im Nest sitzen. „Meist sind es zwei oder drei Störche, einmal waren es tatsächlich fünf“, berichtet Wolfgang Grönwald.

Mit einer einfach Müllkralle aus Plastik zieht er die jungen Störche einzeln zu sich, legt den Ring aus einer Stahllegierung an und verschließt diesen mit einer passenden Zange. „In der Regel wird das vom Storch aus gesehen linke Bein beringt, manchmal aber auch das Rechte, wenn es nicht anders geht,“ erklärt Wolfgang Grönwald.

Und hin und wieder ist es eben gar nicht mehr möglich einen Jungstorch zu beringen. Das musste der 70-Jährige auch bei seiner aktuellen Tour durch den ehemaligen Landkreis Schönebeck feststellen.

Einer der drei Nachwuchsstörche im Nest am Verschönerungsweg in Calbe wollte sich nämlich partout nicht hinsetzen und wirkte, als wolle er gleich losfliegen. „Das kann er aber noch nicht. In ungefähr zwei Wochen müsste es soweit sein“, sagt Wolfgang Grönwald.

In dieser Situation blieb dem ehemaligen Revierförster somit nichts anders übrigen, als nur die beiden Geschwister des stehenden Storchs zu beringen. „Da gehe ich kein Risiko ein. Dann bleibt dieser Storch eben ohne Ring“, findet er.

Im Vergleich zum selben Zeitraum der Vorjahre seien die Storchen-Jungen in diesem Jahr ohnehin schon ziemlich weit entwickelt. Wolfgang Grönwald vermutet, dass viele der Storchenpaare, die in der Region gebrütet haben und ihren Nachwuchs jetzt mit Nahrung und Wasser aus dem Schnabel versorgen, nicht aus Afrika hergekommen sind sondern aus Spanien.

„Die Störche aus Spanien kommen natürlich eher an, als die, die in Afrika überwintert haben“, sagt der 70-Jährige. Er plant seine Touren im Jahr 2020 früher zu fahren, damit ihm sowas wie bei dem Nest am Verschönerungsweg in Calbe nicht noch einmal passiert.

Leider kommt es aber auch vor, dass Wolfgang Grönwald in einem Nest, auf dem ein Storchenpaar gebrütet hat, keine Jungstörche findet. Dies war auch in diesem Jahr der Fall. „Ich vermute, dass ein Waschbär den Nachwuchs in Lödderitz geholt hat“, sagt Wolfgang Grönwald. „Generell waren es in diesem Jahr aber selten mehr als zwei Störche pro Horst“, berichtet de 70-Jährige.

Das hinge aber auch damit zusammen, dass das Storchenpaar den eigenen Nachwuchs aus dem Nest wirft, wenn es merkt, dass es nicht genug Nahrung für alle gibt. „Manchmal wird das eigene Junge dann auch gegessen. Klingt brutal, aber so ist die Natur“, sagt Wolfgang Grönwald.

Sobald die Jungtiere beringt sind, geht es für Wolfgang Grönwald in seinem Arbeitskorb wieder abwärts. Zurück auf dem Boden notiert er sich zunächst, welche Ringnummern er wann bei welchem Nest verteilt hat. Diese Daten übermittelt er letztlich an die Vogelwarte in Güstow.

Dort werden die Daten von allen durch Ring registrierten Störchen gesammelt. Wer also, wie Agnes Schulz beobachtet, dass ein Storchenpaar gleich zwei Jahre hintereinander das selbe Nest einnimmt, kann dies der Vogelwarte melden, sich aber auch darüber informieren, wo die Störche, die sich vor der eigenen Haustür niedergelassen haben, geboren sind – wenn sie denn einen Ring haben.