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Einwohnerfragestunde Lassen sich Stadträte beeinflussen?

Bürger sollen in Schönebeck bei der Einwohnerfragestunde zu Themen sprechen dürfen, die Gegenstand der Tagesordnung sind.

Von Olaf Koch 30.08.2017, 03:00

Schönebeck l Das kommt einer kleinen Revolution gleich. Es ist nur ein Satz, der aus der Hauptsatzung gestrichen werden soll, es sind genau neun Wörter. Doch die Folgen, die einige Stadträte nun für die Zukunft kommen sehen, könnten das demokratische Gefüge auf den Kopf stellen. So zumindest die Kritiker. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte folgenden Satz aus der Hauptsatzung der Stadt Schönebeck streichen: „Angelegenheiten der Tagesordnung können nicht Gegenstand der Einwohnerfragestunde sein.“

Bisher ist es so, dass Einwohner zur Fragestunde des Stadtrates allgemeine Fragen das Stadtgebiet betreffend stellen dürfen. Unmöglich ist es beispielsweise, sich einen Sachverhalt erläutern zu lassen, der später in der Tagesordnung auftaucht – sei es zur Information oder zur Beschlussfassung. „Ich fühle mich jedes mal unangenehm berührt, wenn in so einem Fall dem Bürger immer gesagt wird, nicht nachfragen zu dürfen“, so Thoralf Winkler (Grüne). Aus diesem Grund und für eine breitere Mitsprache der Einwohner stellt seine Fraktion nun den Antrag, das in Zukunft zu ändern.

Winkler sehe zwar ein, dass es mitunter, wenn der Satz aus der Satzung gestrichen werde, zu „schwierigen Situationen“ kommen könne. Aber: „Diesen Punkt muss man dann mal aushalten.“ Die Frage ist in diesem Zusammenhang auch: Wie oft wird jetzt die Einwohnerfragestunde als Informationsquelle genutzt?

Rechtlich hat die Verwaltung das Ansinnen der Bündnisgrünen bereits geprüft. In den Kommentaren des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalts stehe demnach nichts Gegenteiliges. Es wäre also möglich, Anfragen auch zu Themen, die Gegenstand der Tagesordnung sind, zuzulassen. Doch eine Empfehlung spricht die Verwaltung dennoch nicht aus. Es würde aus ihrer Sicht den Verfahrensweg erschweren.

Vor allen sehen die Experten im Rathaus und auch Stadträte die Möglichkeit gegeben, dass Fragen von Bürgern Einfluss auf das spätere Diskussionsergebnis haben könnten. In der Debatte am vergangenen Montagabend während des Hauptausschusses wurde deutlich, dass vor allem die CDU-Fraktion eine geteilte Meinung zu diesem Thema hat. Helmut Huppertz sprach sich für den Änderungsantrag der Grünen aus, Markus Baudisch war dagegen. Oberbürgermeister Bert Knoblauch machte deutlich, dass er den Ansatz durchaus verstehen würde ...

Auch Udo Simon (Fraktion Die Linke) hält das Ansinnen für nachvollziehbar. „Eine Beeinflussung ist nicht auszuschließen, aber das ist sie jetzt auch nicht“, sagte er. Sabine Dirlich (Die Linke) machte darauf aufmerksam, dass auch eine „schweigende Masse“ im Besucherbereich spürbar sei. Ihrer Meinung nach sollten die Bürger sich vorher an die Stadträte oder Fraktionen wenden und „nicht auf den letzten Pfiff“ kommen.

Am 9. September diskutiert nun der Stadtrat darüber. Bürger, die eine Meinung zu dem Thema haben, sollten sich also dringend vorher bemerkbar machen. Die Revolution kommt nämlich etwas später, nach der Einwohnerfragestunde.