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Engagement Unterwegs mit einem roten Eimer

Während ihrer fast täglichen Spaziergänge findet eine Schönebecker Familie ziemlich viel Müll - und sammelt ihn ein.

Von Bianca Oldekamp 07.02.2021, 00:01

Bad Salzelmen l Es dauert nicht mal eine Dreiviertelstunde bis der rote Eimer gefüllt ist, ja nahezu überquillt, hätte Mama Kathrin Behm nicht gequetscht. Gefüllt ist der Eimer mit Müll, den die Schönebeckerin und ihre Kinder Paul (6) und Frieda (4) während einem ihrer Spaziergänge gefunden und aufgesammelt haben. Fast täglich zieht es das Trio zur Zeit in die Natur. Denn während Papa Steffen Behm arbeitet kümmert sich Kathrin Behm um die Kids – und andersrum. Schließlich dürfen Paul und Frieda die Kita zur Zeit nicht besuchen.

Ihr täglicher Spaziergang führt die Schönebeckerin und ihre Kinder raus aus den heimischen vier Wänden und meist rund um die Rehaklinik durch die Rüsternstraße und Badepark und zurück zwischen den Mehrfamilienhäusern in der Dr.-Lohmeyer-Straße auf die Lindenstraße. Und allein auf dieser kurzen Strecke füllt sich der rote Eimer schnell mit Müll.

An diesem Tag entdeckt Paul den ersten Unrat, der in die Tonne und nicht in die Natur gehört, auf einem Grünstreifen entlang der Straße Badepark und befördert die Eisbecher aus Plastik sofort in den Eimer. Und dafür hat er ein Hilfsmittel – eine Müllzange. „Die hat Paul von seinem Opa geschenkt bekommen“, erklärt Kathrin Behm.

Doch wie kam es eigentlich dazu, dass der rote Eimer zum Begleiter bei den Spaziergängen des Trios wurde? „Schuld“ ist sozusagen ein Rauhnachtswunsch des sechsjährigen Paul. „Wir haben mit den Kindern Ende 2020 anlässlich der Rauhnächte 13 Wünsche aufgeschrieben“, erklärt Kathrin Behm. Zwölf der zusammengefalteten Zettel wurden verbrannt, einer wieder auseinander gefaltet, um aktiv erfüllt zu werden. Und dessen Inhalt lautete: „Weniger Müll“.

Also hat sich die Familie, die ohnehin versucht, so wenig Müll wie irgend möglich zu produzieren und (umwelt-)bewusst zu leben, vorgenommen, auch die Umgebung von Müll zu befreien. So sind letztlich die Müll-Spaziergänge entstanden. „Wenn das Wetter so gar nicht mitspielt, bleiben wir aber auch mal einen Tag zu Hause“, berichtet Kathrin Behm.

Auf die Eisschalen aus Plastik folgt an diesem Morgen noch viel mehr Müll, den Paul und Frieda finden. Ein zerbrochenes Glas beispielsweise, dessen Einzelteile dann aber doch Mama Kathrin Behm in den roten Eimer befördert. Den meisten Müll finden die Behms aber für gewöhnlich im und um die Mehrfamilienhäuser auf ihrem Weg. Insbesondere in einem Gebüsch, das gerade jetzt im Winter nicht zugewachsen ist, liegen unzählige Gegenstände, die dort nicht hingehören.

Der Eimer füllt sich schnell. Manche Kombination von Verpackungsmüll – an einem Fleck – lassen gar den Anschein erwecken, jemand habe sich mitten in der Natur einen Pizzaboden selbst belegt. So findet Paul neben einer Kochschinkenverpackung auch eine solche für Streuselkäse.

Und Pfandflaschen sind auch immer wieder dabei. „Die könnten wir glatt ausspülen, dann gibt es sogar noch Pfand dafür“, erklärt Kathrin Behm ihren Kindern. Doch darum geht es der Familie nicht. Sondern darum, die Natur in ihrem Umfeld sauber zu halten.

Zu Hause angekommen landet das, was zuvor im roten Eimer gelandet ist, aber nicht einfach unsortiert im Restmüll. Nein. Vielmehr machen sich Paul und Frieda dann daran, den Müll zu sortieren. Wie das richtig geht, wissen die beiden, haben ihre Eltern ihnen dieses Wissen doch unlängst vermittelt, wie Kathrin Behm berichtet.

Die Schönebeckerin vermutet und hofft, dass ihre Familie nicht die einzige ist, die freiwillig Müll aus dem Stadtbild entfernt, hat sich aber, um noch mehr Leute sozusagen zu Müll-Spaziergängen zu animieren, eine Mitmach-Challenge überlegt, zu der sie über soziale Medien schon bald aufrufen will. Für eine saubereres Schönebeck.