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Fällungen Tabula rasa auf Friedhof?

Markierte Bäume und Koniferen auf dem Barbyer Friedhof erregen die Gemüter. Die Stadt begründet Fällungen mit Gefahrenabwehrmaßnahmen.

Von Thomas Linßner 29.11.2016, 15:31

Barby l „Es tut einem ja um jeden Baum leid. Ich habe das Gefühl, dass sie manchmal zu schnell gefällt werden“, leitete Ernst Neugebauer im jüngsten Hauptausschuss seine Fragen nach markierten Bäumen und Koniferen auf dem Barbyer Friedhof ein.

Neugebauer, Ausschussmitglied und Ortsbürgermeister von Barby: „Jeder Privatmann, der einen Baum fällt, wird zur Nachpflanzung verpflichtet. Für die Stadt gilt das gleiche Recht.“ Damit wollte er wissen, auf welchen öffentlichen Flächen kommunale Ersatzpflanzungen stattfinden.

Der zuständige Bauamtsleiter Holger Goldschmidt bestätigte, dass verschiedene Bäume auf dem Friedhof „ge-ixt“ worden, weil eine „Gefahr oder der Verdacht einer Gefahr“ bestehe und die Verkehrssicherungspflicht nicht mehr gewährleistet sei. Die Bäume seien hohl, in einige könne man sogar hin­ein fassen. Es soll jetzt eine Fachfirma mit der Begutachtung beauftragt werden, ob ein Baum gefällt oder ausgeschnitten werden müsse.

„Jeder, der sich bestatten lassen möchte, kann ein Grab erwerben, wenn es leer ist“, so Goldschmidt. Wenn darauf eine Konifere stehe, sei das hinderlich. Diese seien Überbleibsel von ehemaligen Grabstellen. Letztere seien zwar von den Hinterbliebenen nach Ablauf der Liegezeit beseitigt worden, nicht aber die Koniferen. Besonders kriechenden Wachholder habe man auf dem Sägeplan. „Wir haben festgestellt, dass sich darunter Harken und andere Gegenstände versammeln“, so der Amtsleiter. Das sei gefährlich für den, der hinein tritt. „Wir haben die Pflicht, Ordnung in gewissem Sinne zu schaffen.“

Nicht wenige Friedhofsbesucher befürchten nun eine Tabula rasa, weil der Barbyer Friedhof gerade durch seine Vegetation ein grüne Oase inmitten der Stadt ist. Ernst Neugebauer dazu: „Im Grunde genommen muss man sich doch fragen: Stören die Koniferen wirklich oder sind sie nicht sogar schön?“ Aber diese Sichtweise sei offensichtlich unpopulär in der zuständigen Verwaltung.

Seit einigen Jahren verändert sich die Art der Beerdigungen grundlegend. Es wandelt sich der Blick auf das Sterben, auf den Tod, auf das Trauern und darauf, ob und wie sich die Nachwelt ihrer Toten noch erinnern will. Nicht nur auf dem Barbyer Friedhof lassen sich heute Menschen namenlos unter der grünen Wiese bestatten oder in kleinen Urnengemeinschaftsanlagen.

Die Grünflächen werden immer größer. „Der Barbyer Friedhof ist schlichtweg zu groß. Ich habe schon mehrfach angeregt, Flächen, auf denen nicht mehr beerdigt wird, mit Bäumen zu bepflanzen“, sagte Neugebauer gestern auf Nachfrage. Was erstens ein schöner Anblick sei und zweitens die Gebühren senke. Denn Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet zu werden brauchen, kosten wenig oder nichts. Dafür brauche es aber eine Gestaltungskonzeption und die gebe es nicht.

„Ein viel zu großer Friedhof für viel zu wenig Leute verursacht natürlich hohe Gebühren“, bringt es der Ortsbürgermeister auf den Punkt.