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Ameos Klinikum Schönebeck lädt Interessierte am Sonnabend zu einem Informationstag ein Fast jede zweite Frau betroffen: Inkontinenz mindert die Lebensqualität oft erheblich

Von Ulrich Meinhard 21.06.2012, 05:16

Das Ameos Klinikum Schönebeck lädt am Sonnabend, 10 Uhr, zu einem medizinischen Informationstag ein. Konkret geht es um Harninkontinenz und Therapiemöglichkeiten. Ein Thema, das noch oft tabuisiert wird.

Schönebeck l "Der Leidensdruck muss zumeist sehr groß sein. Oft wenden sich Betroffene erst dann an einen Arzt." Christoph Henning ist als Oberarzt am Ameos Klinikum Schönebeck quasi der Chefaufklärer, wenn es um das noch immer tabuisierte Thema Inkontinenz geht. "Die Einschränkungen, mit denen sich Betroffene konfrontiert sehen, sind oft so groß, dass sich ihr gesamtes Sozialverhalten verändert. Sie besuchen keine Veranstaltungen mehr, trauen sich kaum noch aus dem Haus", weiß der Mediziner. Er leitet die Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Schönebecker Klinikum und will allen Frauen mit Harninkontinenz Mut machen, sich mit ihrem Problem einem Arzt anzuvertrauen. Die Therapiemöglichkeiten seien gut.

Christoph Henning unterscheidet zwischen einer Belastungs- und einer Dranginkontinenz. Was vielleicht überraschen mag: Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Das ist schlicht und einfach der Tatsache geschuldet, dass Frauen Kinder gebären. Geburten sind die hauptsächliche Ursache für eine Schädigung des Beckenbodens, die mit einer Inkontinenz einhergehen kann. Laienhaft ausgedrückt stabilisiert das Becken die in ihm liegende Harnröhre nicht mehr ausreichend und beim Husten, Lachen, Nießen oder bei körperlicher Anstrengung kommt es zum Harnträufeln. "Der Beckenboden ist die Schwachstelle der Frau", fasst Christoph Henning das Problem zusammen. In einem solchen Fall kann seit einigen Jahren mit wenig Aufwand eine große Wirkung erzielt werden. Ein sogenanntes Blasenband wird operativ eingezogen und übernimmt wieder die Stabilisierung. Der Eingriff dauert etwa 20 Minuten, wird aber unter Vollnarkose vorgenommen. Laut aktuellen Studien erfüllt das Band - das übrigens nicht eingenäht wird, sondern sich mit dem Körpergewebe verbindet - seine Aufgabe. Danach müsste es erneuert werden.

"Das ist wirklich ein relativ kleiner Eingriff mit großer Wirkung", betont der Frauenarzt. "Die Patientinnen erfahren eine völlig neue Lebensqualiität, weil die Inkontinenz sie nicht mehr belastet", fügt er hinzu.

Am Sonnabend will er in der Frauenklinik in der Köthener Straße 13 ab 10 Uhr einen Vortrag zum Thema halten und auch auf Diagnostik und weitere Therapiemöglichkeiten eingehen. "Die Besucher unseres Infotages können ihre persönlichen Fragen stellen. Dazu wäre es schön, wenn sie etwas Zeit mitbringen", macht der Oberarzt auf die möglicherweise gewünschten Einzelgespräche aufmerksam, die er freilich nur nacheinander führen kann.

Erstaunen mag auch die hohe Zahl der Betroffenen in Deutschland: "Fast jede zweite Frau hat diesbezüglich Probleme", sagt Henning. Eine Altersgrenze gibt es in dem Sinne nicht, sowohl 25-Jährige als auch 85-Jährige besuchen die medizinischen Sprechstunden, um sich helfen zu lassen. Eine solche Urogynäkologische Sprechstunde wird in Schönebeck jeden Dienstag angeboten, von 12 bis 15 Uhr, weitere Infos unter Rufnummer (03928)641541.

Aufgrund des seit einigen Jahren öffentlich gemachten Themas Inkontinenz wird das mit ihm verbundene Tabu allmählich aufgeweicht. Auch die Sprecherin des Schönebecker Klinikums, Cornelia Heller, kann bestätigen: "Mit der Problematik wird jetzt offener umgegangen."

Aber was ist mit den Männern? "Für sie sind Urologen die Ansprechpartner. Männer werden bei uns nicht behandelt", erklärt der Chef der Frauenklinik. Das klingt nachvollziehbar. Sein Hinweis: Der weibliche Beckenboden kann auch durch schweres Heben geschädigt werden. "Eine Kiste Bier etwa ist für Frauen zu schwer", warnt Henning.

Initiator der Infotage bundesweit ist die Deutsche Kontinenz Gesellschaft. Das Ameos Klinikum Aschersleben hatte gestern zu einem Infotag eingeladen, die Volksstimme verwies in ihrer Ausgabe vom 13. Juni darauf.