Finanzen Jetzt droht der Kahlschlag
Vor einer schier unlösbaren Aufgabe steht die Stadtverwaltung Schönebeck. Noch einmal sollen fast zwei Millionen Euro eingespart werden.
Schönebeck l Es sah alles so gut aus im Frühling. Noch vor der politischen Sommerpause hatte die Schönebecker Stadtverwaltung einen Haushaltsentwurf und trotz eines Defizits von rund vier Millionen Euro einen Sparplan in der Gestalt dargestellt, dass ein Ausgleich der Schulden in den nächsten acht Jahren dokumentiert werden konnte. Doch die Kommunalaufsicht in Bernburg sagte „nein“.
Die Stadt sei von zu optimistischen Zuweisungen durch das Land ausgegangen, hieß es. Es müssten noch einmal zwei Millionen Euro eingespart werden. Ein mehrmaliges Nachhaken in Bernburg brachte keine Wende. Landrat Markus Bauer (SPD) habe sich außerstande gesehen, mit einem Machtwort seinen zuständigen Fachbereich zu einer Meinungsänderung zu bewegen, erfuhr die Volksstimme im Rathaus.
Jetzt gibt es in fast jeder Ausschusssitzung des Stadtrates einen „Lagebericht zur Haushaltsdurchführung“, so auch im Finanzausschuss, der am Dienstag getagt hat. Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) und seine Finanzdezernentin Ina-Babette Barann ließen anklingen, dass die Formeln des Finanzausgleichsgesetzes (FAG), mit dem das Land Gelder von oben nach unten verteilt, nicht wirklich durchschaubar sind. Eine Planungssicherheit gibt es nicht, zumal sich die Zuweisungen von Jahr zu ändern können und ändern. Für Knoblauch ist es nicht nachvollziehbar, weshalb gerade Schönebeck weniger, statt mehr (wie prinzipiell vom Land angekündigt) über das FAG bekommt. „Wir sind nicht davon ausgegangen, dass wir ab 2018 nachfolgend weniger erhalten.“
Dennoch: „Wir arbeiten nach wie vor am Haushalt“, sagte der OB im Finanzausschuss. Auf die gestern von der Volksstimme gestellte Frage, ob er denn einen Haushalt 2017 noch für realistisch einschätzt, sagte er: „Wir werden alles dafür tun - parallel zum Haushaltsplan für 2018.“
Momentan gilt in der Stadtverwaltung die vorläufige Haushaltsführung. Das heißt, dass jede Ausgabe über 100 Euro von der Kämmerei freigegeben werden muss. Kredite zum Beispiel kann die Stadt nicht aufnehmen. Geplante Projekte fallen deshalb vom Tisch oder müssen verschoben werden. Dazu gehört die Sanierung des Gebäudes Markt 2. Eigentlich sollte auch ein Teilbereich der Straße Breiteweg (vom Markt bis zur Gorki-Straße) saniert werden. Geht nicht. Weiterhin kann die Sanierung der Welsleber Straße erst einmal nicht projektiert werden. Und weil die Stadt keine Co-Finanzierung bereitstellen kann ohne Haushalt, ist auch die vorgesehene Sanierung der Grundschule „Käthe Kollwitz“ erst einmal mit einem Fragezeichen versehen. Hier sollten Mittel aus dem Bundesprogramm Stark III eingesetzt werden, um das Schulgebäude unter der Überschrift „energetisch“ umfassend zu sanieren.
Weiter laufen aber alle Baumaßnahmen, die bereits begonnen worden sind, auch Verträge, zu denen die Stadt sich verpflichtet hat, müssen realisiert werden. Kämmerin Petra Pöschke hat eine entsprechende Liste erstellt - im Zweifelsfall muss die Kommunalaufsicht in Bernburg eine Sondergenehmigung aussprechen. Diesbezüglich hat es am gestrigen Freitag ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister und der Finanzchefin im Salzlandkreis Sabine Schellenberger gegeben.
Im Finanzausschuss sagte Stadträtin Sabine Dirlich (Die Linke): „Je mehr ich erfahre, desto verwirrter bin ich. Das macht mich wütend. Ich gebe zu, dass ich nicht mehr weiß, wie wir Haushalte aufstellen sollen.“ Dezernentin Ina-Babette Barann ließ bei diesen Worten einen Seufzer hören: „Ich auch nicht.“ Bert Knoblauch merkte an: „Wie uns das gelingen soll ohne Kahlschlag - weiß ich nicht.“
Laut Salzlandkreis habe die Stadt Schönebeck Sparreserven: alle freiwilligen Aufgaben. Die Stadt gibt neun Prozent ihres Haushaltes dafür aus - empfohlen werden von oben her zwei Prozent. Allerdings liegen auch Bernburg und Aschersleben als vergleichbare Mittelzentren in dieser Höhe von neun Prozent. Deshalb betonte der Oberbürgermeister: „Wir leisten uns also nichts Exorbitantes.“ Und ein gewisses gesellschaftliches Leben sollte Schönebeck auf jeden Fall bieten.