Firmenübergabe Die Liebe zum Holz

Siegfried Froese aus Welsleben hat seine Tischlerwerkstatt an seinen Sohn Frank übergeben.

Von Heike Liensdorf 24.01.2018, 19:16

Welsleben l Es ist nun amtlich. „Jetzt will ich mein Rentnerleben genießen.“ Siegfried Froese sagt es und muss selbst über seine Worte schmunzeln. Der Welsleber Tischler ist 81 Jahre alt und hätte längst Arbeit Arbeit sein lassen können. Und zwar ganz beruhigt, denn sein Sohn Frank hat in der Werkstatt alles im Griff. Doch Froese senior konnte immer noch nicht so richtig loslassen. Auch wenn er Anfang Januar, zum 40-jährigen Bestehen des Betriebes, die Geschäfte offiziell an seinen Sohn übergeben hat – der tägliche Gang durch die Werkstatt und die Bereitschaft, kleinere Arbeiten zu übernehmen, werden bleiben. Selbst im hohen Alter ist sein Beruf noch Berufung und Hobby.

Frank Froese versteht seinen Vater nur allzu gut. Der heute 52-Jährige ist in der Tischlerei groß geworden. Einmal den Holzgeruch in der Nase, ließ ihn das Material nicht mehr los. „Als er zwölf war, hat er schon immer geschaut, was Papa in der Werkstatt macht. Oft ist er lieber bei mir geblieben, als mit seinen Freunden spielen zu gehen“, erzählt Siegfried Froese. Der Stolz in seiner Stimme, dass er in seinem Sohn auch die Leidenschaft für diesen Handwerksberuf wecken konnte, ist nicht zu überhören. Zuerst habe er gebastelt, dann gedrechselt. „Ich habe extra für ihn eine Drechselbank gebaut“, erzählt der rüstige Senior.

Und Froese junior ergänzt, dass er heute immer noch so gern wie als Kind drechselt, nur halt dass die Säulen jetzt größer sind. „Wenn ich drechsele ... die Struktur, die Maserung des Holzes verändert sich. Das ist faszinierend“, schwärmt Frank Froese. Je häufiger er es gemacht habe, umso mehr hätten sich seine Fingerfertigkeiten ausgebildet. Schnell stand für ihn fest: Ich will Tischler werden. Möbeltischler. Er lernte bei Franz Plake in Schönebeck, dessen Sohn Michael Plake wiederum lernte in Welsleben. „Das war mein erster Lehrling“, erinnert sich Siegfried Froese. Und Sohn Frank sein erster Mitarbeiter.

Jetzt sind sie vier Mitarbeiter. In den 1990er Jahren zählten sie bis zu 15 Mann im Betrieb. In den vergangenen 40 Jahren haben sie 36 Lehrlinge ausgebildet. Derzeit haben sie keinen, hätten aber sehr gern jemanden. Doch alle, die sich bewerben, seien nicht geeignet. Beide würden immer wieder feststellen, dass es an Grundlegendem mangelt, wie Mathe-Kenntnisse oder Pünktlichkeit. „Bis vor drei Jahren war ich Vorsitzender der Innungs-Prüfungskommission. Da habe ich schon gemerkt, wer keine DDR-Schule mehr hat. Das ist schon ein Unterschied“, so Frank Froese.

Seinem Vater war immer wichtig, dass die Bildung stimmt. Er ist es auch gewesen, der den Sohnemann 1987 zur Meisterschule Bau- und Möbeltischler angemeldet hat. „Da war ich 22. Er hat gesagt, das machst du. Tja, und dann habe ich das gemacht“, sagt er und lächelt.

Die Welsleber haben sich einen guten Stand erarbeitet, sind auf den Bau von Treppen spezialisiert. 2005 hat die Firma die baurechtliche Zulassung für geländertragende Bolzentreppen erhalten, 2007 die europäische technische Zulassung mit dem Prüfzeichen CE für alle Holztreppen. Das Froese-Team fertigt für Privatleute Fenster, Türen, Treppen. Zudem beliefert es sechs Hausbaufirmen in Sachsen-Anhalt regelmäßig mit Treppen. „Wir sind im Altkreis Schönebeck die einzigen, die noch ganz ursprünglich aus Holzrohlingen alles fertigen“, so Frank Froese. „Alles, was den Hof verlässt, ist Handarbeit.“

Während Frank Froese das erzählt, hört Vater Siegfried wohlwollend zu. Er weiß, sein Betrieb ist in guten Händen. Um die Zukunft ist beiden nicht bange. Sie sind überzeugt, Qualität setzt sich durch. Vom Bauboom aufgrund der derzeit niedrigen Zinsen profitieren auch sie. „Wir haben gut zu tun“, so Frank Froese. Ein Gefühl, das gut tut und beruhigt.

Das hatte auch Siegfried Froese immer. Der gebürtige Westpreuße (Kreis Marienburg) ist 1947 nach Welsleben gekommen. In Bahrendorf hat er Stellmacher gelernt. Doch als Traktoren immer mehr die Pferde in der Landwirtschaft verdrängt haben, gab es für den Berufszweig immer weniger zu tun. Er lernte in Altenweddingen Möbeltischler. 1960 wechselte er in die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) Biere. Dann reifte sein Entschluss einer eigenen Tischlerei. „Wenn man 20 Jahre in seinem Beruf gearbeitet hatte, konnte man sich ohne Meistertitel selbständig machen“, erzählt der 81-Jährige. Er nutzte die Gelegenheit. Er wollte frei sein, selbst bestimmen, was er wie macht. Seine Eigeninitiative wurde unterstützt – und er wurde sein eigener Herr.

Siegfried und Frank Froese sind froh, dass sie so gut durch die vergangenen Jahrzehnte gekommen sind. Und sie sind dankbar für die Mithilfe ihrer Ehefrauen. Margitta (78) hat 40 Jahre die Büroarbeit erledigt, Susanne ist seit 1994 mit dabei.