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Fischerei Graben macht Fischen das Wandern schwer

Trotz einer Fischtreppe am Buchtenkraftwerk wird es den Calbenser Lachsen schwer gemacht, flussaufwärts zu ihren Laichplätzen zu wandern.

Von Andreas Pinkert 04.05.2017, 01:01

Calbe l Nach knapp zweijähriger Bauzeit ist im Sommer 2009 die Fischtreppe am Buchtenkraftwerk in Betrieb genommen worden. Der bayrische Kraftwerksbetreiber investierte damals - nicht zuletzt auf Drängen der Mitglieder der traditionsreichen Fischereibruderschaft - nach eigenen Angaben einen sechsstelligen Betrag. Mit dieser Fischaufstiegsanlage, wie es korrekt heißt, soll Wanderfischen ermöglicht werden, zu ihren Laichplätzen flussaufwärts zu schwimmen und nicht an Querbauwerken wie Wehren oder Wasseranlagen „hängenzubleiben“.

Dass diese Funktion in Calbe gewährleistet ist, daran hat Steffen Zahn gehörige Zweifel. Als Mitarbeiter des Instituts für Binnenfischerei (IfB) Potsdam hat er maßgeblichen Einfluss auf die Wiederansiedlung des Lachses im heutigen Sachsen-Anhalt. „Dass sich die Lachse in der Nuthe erfolgreich fortpflanzen können, haben wir bereits zeigen können“, sagt der Diplom-Fischereiingenieur. Daher stünden die Chancen nicht schlecht, auch an der Bode die Wiederansiedlung des Lachses zu versuchen.

Dieser Fluss mündet bekanntlich bei Nienburg in die Saale, die wiederum in die Elbe fließt. Große Bedeutung für einen Ansiedlungserfolg hat daher laut Steffen Zahn auch das Calbenser Wehr mit den dortigen Wasserkraftanlagen, also dem Buchtenkraftwerk und dem Kraftwerk am Mühlgraben. „Dort sind die Aufstiegsmöglichkeiten eingeschränkt und suboptimal“, stellt Zahn fest. Der bisherige Fischschutz an den Wasserkraftanlagen reiche nicht für einen adäquaten Schutz abwandernder Junglachse (Smolts), die nur 10 bis 20 Zentimeter lang sind. Mit Blick auf den Fließquerschnitt und die Abflüsse der Saale sei die aktuelle Anlage weiterhin ein Nadelöhr, die von Fischen erst einmal gefunden werden müsse. „Bei so großen Wehren müssten auf jeder Uferseite Wanderungsmöglichkeiten angeboten werden“, erklärt Zahn, der mit dem Mühlgraben auf ein dringlicheres Problem hinweist. Denn der Graben führt zur Wanderungszeit – also im Spätsommer und Herbst – das Niedrigwasser der Saale.

Bedeutet konkret: Die Wanderfische orientieren sich an der Hauptströmung, die vor allem in dieser Zeit im Mühlgraben herrscht. Damit folgen die Fische gar nicht erst dem natürlichen Saalelauf sondern nehmen – von den entgegenkommenden Strömung gelenkt – die Abkürzung und gelangen somit nicht bis zur Fischtreppe am Buchtenkraftwerk. Die Krux dabei: Der Graben verfügt über keinerlei Fischwanderhilfen und hinreichende Fischschutzanlagen. „An dieser Stelle ist es dann mit der Wanderung vorbei“, bestätigt auch ein promovierter Sachverständiger und Inhaber eines Büros für Gewässerökologie und Fischereibiologie. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung genannt wissen. Im Auftrag des Calbenser Buchtenkraftwerksbetreibers fertigte er ein 95-seitiges Gutachten zu dessen Funktionskontrolle an. Aus heutiger Sicht sei die Fischtreppe viel zu klein dimensioniert, moniert Steffen Zahn. Zum Zeitpunkt der Planung habe sie den Standard übertroffen, entgegnet der Sachverständige, der den Neubau einer Fischaufstiegsanlage am Mühlgraben für wesentlich hält. Aufgrund der beengten baulichen Gegebenheiten ist das alles andere als leicht. Zudem müsste der Betreiber des Kraftwerks, die Magdeburger Getreide GmbH, kräftig investieren.

Und würde eine Einschwimmsperre in der Saale am Abzweig zum Mühlgraben nicht die flussaufwärts wandernden Fische zwingen, den alten Flussverlauf und damit die Fischtreppe zu nehmen? „Solch ein Bau ist technologisch sehr anspruchsvoll, nicht einfach zu realisieren und sehr kostenintensiv“, sagt der Sachverständige.