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Förderschule Ein Geschenk? Material für die Chronik!

Die Förderschule „Lindenstraße“ Schönebeck ist vor 25 Jahren gegründet worden - das wird gefeiert.

Von Olaf Koch 08.09.2016, 16:40

Schönebeck l Solange ist das noch gar nicht her. Vor gut 30 Jahren galten geistigbehinderte Schüler als „förderungsunfähige Kinder“, wie aus einem Arbeitsmaterial dieser Zeit hervorgeht. Und das in der real existierenden DDR, in der es eine einzigartige Gesellschaft geben sollte. „Dieses Schulmaterial habe ich mir aufgehoben, weil es nicht nur interessant ist, sondern auch für diese Zeit spricht“, berichtet die heutige Leiterin der Förderschule „Lindenstraße“, Saule Scholler.

Diese Zeit ist nun längst vorbei. Heute lernen die Kinder und Jugendlichen nach einem Lehr- und Rahmenplan des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, mit dicken Unterlagen aus München also. So ändert sich die Zeit, und in abgewandelter Form würde man heute sagen: Von Bayern lernen, heißt siegen lernen – Seehofer wird‘s freuen. Aber warum auch nicht, denn das Rad muss nicht zweimal erfunden werden.

Was am Ende zählt, sind glückliche Kinder, die mit Freude auf ihre Schulzeit zurückblicken, und eben Jugendliche, die auf das Leben und vielleicht auch auf eine gewisse Selbständigkeit vorbereitet sind. Das war vor Jahren längst nicht so. Zu DDR-Zeiten waren die geistig- und körperlich behinderten Kinder dem Gesundheitswesen unterstellt. Krankenschwestern kümmerten sich so gut es ging um die Zöglinge. Ausgebildete Pädagogen waren eher die Ausnahme.

Erst mit der politischen Wende gab es in dieser Frage einen deutlichen Kurswechsel. „Selbstverständlich sollten die Kinder und Jugendlichen ausgebildet werden“, weiß die Schulleiterin zu berichten. Nach der Wende stellte der Landtag die Weichen für die Bildung von Förderschulen, die dem Kultusministerium unterstellt waren und bis heute sind. Und so gründete sich in diesen Tagen vor 25 Jahren die Schönebecker Förderschule.

Die ist seit eh und je in der alten Villa an der Lindenstraße untergebracht. Leider gibt es über das Haus nur sehr wenig Informationen. Es könnte vor mehr als 100 Jahren im Besitz einer jüdischen Gemeinde (vermutlich aus Berlin) gewesen sein. Das ist aber nirgendwo richtig dokumentiert. Fest scheint zumindest zu sein, dass in der alten Villa von Anfang an Kinder untergebracht waren. Saule Scholler liegt eine Kopie eines alten Grundrisses des Hauses vor, das die Überschrift „Kinderheilanstalt in Bad Elmen für das jüdische Kindergenesungsheim Berlin“ trägt.

Aus der Not, dass so gut wie keine Daten, Informationen und Fotos uns der Vergangenheit vorliegen, will die Förderschule nun eine Tugend machen: „Wir wollen eine Chronik erstellen und suchen dringend nach Dokumenten. Gibt es Schönebecker oder vielleicht auch Berliner, die uns weiterhelfen können?“, fragt Saule Scholler.

Nach der Gründung der Schule gehörte die Einrichtung ohne Frage zu den baulich schlechtesten Schulen im Altkreis Schönebeck, später des Salzlandkreises. Mehr als 20 Jahre nach der Wende strahlte die alte Villa einen ganz besonderen Charme aus. Im Grunde war es beschämend, dass noch vor zehn Jahren behinderte Kinder in dieser Schule unterrichtet wurden, dass Lehrer kein eigenes Zimmer zur Vorbereitung hatten, dass der Altbau muffig roch und vom Keller her schimmelte.

Mit starker Eigeninitiative und der vor allem tatkräftigen Unterstützung vieler Helfer der Stadt und der Region wurde nicht nur auf die katastrophale Situation aufmerksam gemacht, sondern auch bei jeder Gelegenheit Geld gesammelt. Vor zweieinhalb Jahren war es dann geschafft: Die Förderschule erstrahlte nach einer Sanierung und einem intelligenten Anbau in neuem Glanz Die Einweihung war damals im März 2014.

Heute ist die „Lindenstraße“-Schule eine der modernsten des Landkreises. Selbst ein kleines Computerkabinett gehört dazu. „Obwohl das auch ein Kampf war“, so die Schulleiterin. Das Leben heutzutage ohne Computer zu meistern, ist im Grunde aussichtslos. „Deshalb müssen auch unsere Schüler darauf vorbereitet werden“, begründet die Schulleiterin. Und wer die Kinder der Schule beobachtet, stellt zumindest in einem Punkt keinen Unterschied zu Grundschule, Sekundarschule oder Gymnasium fest: Die Handys und meist ein Smartphone gehören jedenfalls zur „Grundausstattung“. Auch die Kinder der Förderschule haben eigene Gruppen gebildet und chatten so miteinander.

Nun freuen sich die inzwischen 54 Kinder und Jugendlichen, die gegenwärtig die Förderschule besuchen, sowie die 25 Kräfte an Stammpersonal auf den 28. September. Dann nämlich steigt aus drei Gründen ein Fest mit einem Tag der offenen Tür: Gefeiert wird nämlich nicht nur die Gründung der Schule vor 25 Jahren, sondern auch der 110. Geburtstag der Villa und die Fertigstellung des Pausenhofes vor zehn Jahren. Und was wünscht sich die Schulleiterin als Geschenk? „Unser großes Ziel ist die Erstellung der Chronik. Material dafür, das wäre super!“

Die Förderschule „Lindenstraße"

feiert am Mittwoch, 28. September, von 9 bis 12 Uhr einen Tag der offenen Tür. Es ist ein Festakt zum 25-jährigen Schuljubiläum.

Geplant ist unter anderem:

• Aufführungen der schulischen Arbeitsgemeinschaften

• Tanzdarbietung der Rock‘n‘Roll-Mäuse der Kita „Sonnenblume" Schönebeck

• Hüpfburg

• Wettbewerbsspiele

• Bastel- und Malstation

• Besuchercafé

• Eis-Mobil

• Schule früher: „Alte Schrift" und „Alte Sportarten" zum Ausprobieren

• Projektvorstellung „Zeitreise durch Schönebeck"

• Schule im Wandel – Schulausstellungen und Filmdarbietungen aus dem Schulleben und der Schulgeschichte

• Führungen durch die Schule

• Ausstellung alter und moderner Lehr- und Lernmaterialien

Vorstellung des Fördervereines,

der am 15. Juli 1998 gegründet wurde.

Mehr Informationen gibt es im Internet: lindenstrasse.salzlandkreis.de