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Friedensfahrt Trennung von Zeitungschronik

Karin Krebs (61) war einst ein Friedensfahrtfan. Jetzt übergab sie dem Museum Kleinmühlingen ihre Mappen mit "geballter Zeitgeschichte".

Von Thomas Linßner 12.11.2018, 00:01

Kleinmühlingen/Barby l „Immer wenn ich im Mai aus der Schule kam, flog die Mappe in die Ecke und ich habe Friedensfahrt gehört“, lacht Karin Krebs. Damals hieß sie noch Gidom, wohnte in Arnstedt (Mansfeld-Südharz) und war ein „großer Fan“ des internationalen Radrennens. Inspiriert durch ihre Tante Inge begann die Schülerin 1966 alle Veröffentlichungen aus Zeitungen auszuschneiden und in Sammelmappen einzukleben. Wie es damals nicht wenige Kinder taten, denn die Internationale Friedensfahrt begeisterte die Massen wirklich. „Wir hatten noch keinen Fernseher. Aber das Radio vermochte damals eine Atmosphäre aufzubauen, wie man es sich heute kaum noch vorstellen kann“, erinnert sich Karin Krebs. Jeweils zu Beginn der Rundfunkübertragung sowie zu allen Siegerehrungen wurde die Friedensfahrt-Fanfare gespielt, die sich unverwechselbar etabliert hatte. Die Etappenziel-Einläufe durfte Karin bei ihrer Hauswirtin im Fernsehen gucken.

1972 wurde schließlich die SED-Tageszeitung „Freiheit“ auf die Begeisterung der jungen Arnstedterin aufmerksam, die in all ihrem stillen Tun mit Schere, A3-Block und Kleber auch die Gabe besaß, nicht auf den Mund gefallen zu sein. „Da gab es den Sportredakteur Horst Pohle, dem gefiel, was ich machte“, erzählte Karin Krebs am Sonnabend im Friedensfahrtmuseum Kleinmühlingen, als sie beim Jahrestreffen ihre gesammelten Werke übergab. Anwesend war auch „ein Held ihrer Kindheit“, nämlich Täve Schur. Der 87-Jährige lächelte still in sich hinein, weil er derartige Ehrungen der Zeitgenossen von damals bis heute erfährt.

Die Sammelmappen der Karin Gidom, wie sie damals hieß, schlugen in der Sportredaktion wie eine Bombe ein. Was dazu führte, dass die damals 15-Jährige sogar eine eigene Rubrik in der „Freiheit“ bekam. Die hieß „Nicht nur für die Chronik der Karin G.“ und berichtete über aktuelles Friedensfahrtgeschehen. „Zuvor hatte die Redaktion meine Mappe einkassiert und ich musste ein Jahr warten, bis ich sie wieder bekam“, weiß die Barbyerin noch heute. Was aber der Ehre wegen nicht so schlimm gewesen sei. Denn Sportreporter Pohle hatte das Sammelwerk mit auf Friedensfahrttour genommen und somit den internationalen Akteuren nahe gebracht. Nach dem Motto: Guckt mal, wie begeistert auch junge DDR-Bürger von dem Radrennen sind. Denn um der Wahrheit Ehre zu geben: Ganz so viel Enthusiasmus wie in den 1950er und frühen 1960er Jahren herrschte nicht mehr.

Doch Karin G. schnitt und klebte munter weiter. Bei einem Friedensfahrt-Quiz der Zeitung belegte sie 1973 souverän der ersten Platz. Der Preis: Karin durfte bei einer Stadioneinfahrt in Halle ihren Idolen ganz nahe sein. „Der Höhepunkt war, dass ich Ryszard Szurkowski sprechen konnte, der die Friedensfahrt in den 1970er Jahren dominierte und Autogramme von vielen Rennfahrern bekam.“