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Ministerbesuch Globalisierung und Mindestlohn

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Weizenstärke- und Ethanolfabrik Cargill in Barby besucht.

Von Thomas Linßner 28.10.2016, 01:01

Barby l „Jetzt haben Sie Einen von denen vor sich, über den Sie sich sonst im Fernsehen ärgern“, ermunterte der Vize-Kanzler die Belegschaft, Fragen zu stellen. Der gebürtige Goslarer trat gut gelaunt vor einen Teil der Cargill-Belegschaft. „Wenn Sie das nicht wollen, können wir auch gleich zum Mittagessen gehen“, witzelte der Minister.

„Welchen Vorteil hat der normale Bürger von der Globalisierung?“, wollte Cargill-Mitarbeiter Dirk Unger wissen. „Sie hätten diesen Arbeitsplatz nicht ohne Globalisierung“, spielte Gabriel auf den wachsenden Welthandel an, von dem auch das Barbyer Unternehmen profitiert. Freilich wurde Gabriel auch nach dem Thema Freihandelsabkommen mit Kanada gefragt. Es seien schon viele schlechte Handelsabkommen in der Welt geschlossen worden, sagte der Vizekanzler. „Auch Deutschland hat viele schlechte Handelsabkommen geschlossen in der Vergangenheit, die weit weniger Nachhaltigkeit, weniger Rechte der Bürger beinhaltet haben, als es bei Ceta der Fall sein wird.“ Die müssten nun auf das gute Niveau des Abkommens mit Kanada gehoben werden, unterstrich Gabriel.

Es folgte ein Dialog, der die Anwesenden noch mehr interessierte, als globaler Freihandel: Belegschaftsmitglied Dirk Hecht wollte wissen, wie lange es noch Unterschiede im Lohn- und Gehaltsgefüge zwischen Ost und West gibt? „Das ändert sich, wenn Sie alle in die Gewerkschaft eintreten und um Tarifverträge kämpfen.“ „Gewerkschaft haben wir hier ...“ „Deswegen haben Sie ja auch einen anständigen Tarifvertrag.“ In 60 Prozent aller ostdeutschen Unternehmen gebe es den nicht, betonte Gabriel.

Den Mindestlohn bezeichnete er als „keinen guten Lohn, sondern als eine Grenze, damit es nicht noch schlechter wird“. „Seitdem es in Deutschland Lohnverträge gibt, werden die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern festgelegt. Weil die das in der Regel besser können, als wenn der Staat mit dem Beamten kommt.“ Leider gebe es seit 30 Jahren die Tendenz, keine Tarifverträge mehr abzuschließen: in Westdeutschland betreffe das 50 Prozent, in Ostdeutschland weniger als 40 Prozent der Unternehmen. „Was machen wir denn falsch, in den neuen Bundesländern?“, wollte darauf Dirk Hecht wissen. Die immer wieder gewählten politischen Mehrheiten hätten Ostdeutschland zu einen Niedriglohnland gemacht, so der Bundeswirtschaftsminister. Man habe den Leuten gesagt, zu euch kommen die Arbeitsplätze, wenn ihr weniger Lohn und Gehalt fordert als im Westen. Das sei falsch gewesen. „Man hat Ostdeutschland über 20 Jahre zum Experimentierfeld für Niedriglöhne gemacht“, sagte Gabriel.