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Gebühren Kündigungen als letzter Ausweg

Eltern, die nicht für den Kita-Platz ihres Kindes bezahlen. Das bereitet auch Kommunen im Salzlandkreis Probleme.

Von Emily Engels 05.08.2017, 05:58

Schönebeck/Staßfurt l Die Eltern schließen einen Vertrag ab, bringen ihr Kind fünfmal pro Woche in die Kindertagesstätte (Kita) – aber bezahlen dafür nicht. Das kommt in Kommunen im Salzlandkreis nicht selten vor. Während es in einigen Gemeinden bisher nur ein kleines Problem ist, sorgen in anderen Kommunen Eltern für Schuldberge im sechsstelligen Bereich. Ein Überblick.

In Schönebeck werden derzeit 1.838 Kinder in städtischen Kitas betreut. Doch nicht alle Eltern bezahlen auch dafür. So steht derzeit laut Stadtsprecher Hans-Peter Wannewitz eine Summe von etwa 136.000 Euro offen. „Hierbei sind jedoch noch offene Forderungen enthalten, die gegebenenfalls durch einen Zuschuss durch den Landkreis ausgeglichen werden“, so Wannewitz. Es wurde innerhalb des vergangenen Jahres zirka 20-mal Gebrauch von der Kündigung des Betreuungsplatzes gemacht. Diese wurden zum größten Teil einen Monat später wieder aufgehoben, da die Eltern zur Klärung erschienen sind. Bevor es überhaupt zu einer solchen Kündigung kommt, werden laut Wannewitz zunächst Androhungen verschickt. In Schönebeck sind das zirka zehn bis 15 Abmahnungen pro Monat. „Die Androhung hat im überwiegenden Teil eine Erfolgsquote. Die Eltern melden sich meist. Es werden Ratenzahlungsvereinbarungen geschlossen oder die Eltern beantragen Zuschüsse“, so Wannewitz.

Dennoch könne jährlich von zirka zehn Kündigungen ausgegangen werden, die nicht aufgehoben werden, berichtet Wannewitz weiter. Woran es liegt, dass einige Eltern die Gebühren nicht bezahlen, könne verschiedene Gründe haben. Finanzielle Probleme, Trennungen oder gesundheitliche Probleme zählt er als Beispiele auf. Des Weiteren werden laut Wannewitz einige Anträge für Zuschüsse nicht vollständig von den Eltern beim Landkreis eingereicht und können daher nicht abschließend bearbeitet werden.

In der Gemeinde Bördeland werden monatlich zirka 20 Mahnungen an Eltern geschickt, die die Kita-Gebühren nicht zahlen, berichtet die stellvertretende Bürgermeisterin Kerstin Lorenz. Monatlich verschicke die Gemeinde außerdem durchschnittlich drei Ankündigungen über den Ausschluss des Kindes von der Kinderbetreuung. „Doch daraufhin können wir in vielen Fällen eine Einigung über die Bezahlung der Beiträge erreichen“, so Lorenz. Die Gemeinde sei darum bemüht, mit den Eltern eine Lösung zu finden – etwa Ratenzahlungen. „Im Interesse der Kinder sind wir um einen Einigung mit den Eltern stets bemüht“, so Lorenz weiter. Doch auch sie berichtet: „Im Jahr 2016 mussten auf Grund der Rückstände vier Betreuungsverträge gekündigt werden.“

Alle Kindertageseinrichtungen in der Stadt Barby werden von freien Trägern geführt, informiert Karin Knopf, Barbys Haupt- und Ordnungsamtsleiterin. Diese schließen die Betreuungsverträge mit den Eltern ab und vereinbaren die Zahlung der Elternbeiträge. „Einige Problemfälle gibt es auch bei unseren freien Trägern, die jedoch überwiegend nach Gesprächen mit den Eltern geklärt wurden“, so Knopf. Es sei nur selten zur Kündigung der Kita-Betreuung gekommen.

„Die Stadt Barby selbst erhebt nur noch im geringen Umfang selbst Elternbeiträge“, so Knopf weiter. Das sei dann der Fall, wenn ein Kind in Barby wohnt, aber in einer anderen Stadt oder Gemeinde eine Kita besucht. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni sind für acht von 41 Kindern, die außerhalb der Gemeinde betreut werden, Kita- oder Hortbeiträge in Höhe von 1.493 Euro offen, drei Mahnungen wurden verschickt, informiert Sebastian Plaschnick vom Finanzverwaltungsamt der Stadt weiter.

Hierbei sei allerdings zu beachten, dass Eltern, die bereits in der Vollstreckung sind oder eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen haben, keine weiteren Mahnungen erhalten.

In Calbe probiert Bürgermeister Sven Hause (parteilos) schon seit längerer Zeit, eine Lösung für die Eltern sowie die Stadt zu finden. Seit dem 1. Januar 2016 gibt es in der Stadt einheitliche Kita-Gebühren, die durch die Kommune erhoben werden – laut Hause, um soziale Gleichheit zu schaffen. Derzeit besuchen in Calbe 607 Kinder Kitas und 181 den Hort. „Allein bis März diesen Jahres hat sich bei uns ein Schuldenberg von 102.152,26 Euro aufgehäuft“, so Hause. Er kann es nicht nachvollziehen, dass einige dieser Eltern die Kostenübernahme durch den Kreis nicht beantragen.

Für ihn sei dies problematisch. „Die Eltern schlingern sich immer tiefer in die Schulden, und die Kommunen bleiben auf den Kosten sitzen“, sagt er. Und das, obwohl der Kreis durch die Kostenübernahme oder -beteiligung eine Menge Geld für die Betreuung von Kindern zur Verfügung habe.

Doch seit März habe sich in Calbe bereits einiges bewegt. So liegen die Gesamtschulden von Eltern aktuell „nur“ noch bei 68.330,04 Euro. „Davon müssen noch 13.317,30 Euro abgezogen werden, da es sich hier um bereits beantragte Befreiungen handelt“, so Hause. Konkret gehe es um 162 Eltern von 177 Kindern, bei denen die Bezahlung auf sich warten lässt. Dies fällt auf eine Gesamtanzahl von 607 zu betreuenden Kinder.

Leider habe es mittlerweile in Calbe fünf Kündigungen gegeben. Hause: „Hierbei handelte es sich um besonders harte Fälle. Die Kündigungen waren für uns der letzte Ausweg.“

181.785 Euro Zahlungsrückstand gibt es derzeit in Staßfurt. Diese Summe fällt auf insgesamt 1.558 betreute Kinder.

„Für die Verbandsgemeinde Egeln sind ausstehende Kita-Gebühren kein Thema, da Einrichtungen ausschließlich von privaten Trägern unterhalten werden“, so Hauptamtsleiterin Dagmar Witzke.

100 Mahnungen zu Kita-Gebühren gingen in der Stadt Hecklingen allein im vergangenen Jahr an Eltern heraus. Der geschuldete Beitrag beläuft sich laut Bürgermeister Uwe Epperlein (WGH) auf rund 24.000 Euro.

Wer zu wenig verdient, kann beim Jugendamt einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Doch dort stockt die Bearbeitung oft, etwa, weil Eltern den Antrag zu spät stellen, Unterlagen fehlen oder Folgeanträge nicht eingereicht werden. Babette Senst, Fachdienstleiterin für Jugend und Familie erklärt außerdem: „Im Salzlandkreis bearbeiten derzeit acht Mitarbeiter die Anträge für die Ermäßigung von Elternbeiträgen. Die Bearbeitungszeiten liegen zwischen fünf und 14 Wochen.“

Diese langen Bearbeitungszeiten von bis zu 14 Wochen kämen unter anderem durch längerfristige Krankheitszeiten und dadurch, dass ein Kollege ausgeschieden sei. Auch Urlaubstage spielen eine Rolle. Bei der Mehrheit der Kollegen jedoch liegen laut Senst die Bearbeitungszeiten zwischen fünf und neun Wochen.

Obwohl die Gründe, warum Eltern nicht bezahlen, vielfältig sind, betont auch Hause, dass auch die Calbenser Stadtverwaltung immer offen stehe für Fragen und Hilfe bei der Beantragung der Kostenbefreiung. Denn Spaß daran, Mahnungen zu verschicken, habe wirklich keiner. Hause: „Es steckt für uns nicht zuletzt auch ein riesiger Verwaltungsaufwand dahinter.“