Gedenkfeier Das Erinnern wach halten

Die Reichspogromnacht hat sich am 9. November zum 77. Mal gejährt. Deshalb wurde eine Gedenkfeier in Schönebeck organisiert.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 10.11.2015, 10:26

Schönebeck l „Menschen sind vergessen, wenn ihre Namen vergessen sind.“ Mit diesem Satz hat Schwester Petra vom Schniewindhaus Gunter Demnig zitiert. Nicht ohne Grund. Denn der Künstler ist auch der Initiator der Stolpersteine als Erinnerung an im Holocaust gestorbene Juden. Von diesen Stolpersteinen sind inzwischen 79 Stück in Schönebeck verlegt worden. So wie sie an Schreckliches erinnern, so wurde auch der gestrige 9. November dazu genutzt, um an die Reichspogromnacht von 1938 zu erinnern.

Johannes Golling vom Schniewindhaus führte durch das Programm, das von Schülern der Schulen „Maxim Gorki“, „Am Lerchenfeld“ und „J. H. Pestalozzi“ sowie dem Gymnasium, dem Schalom-Haus und eben dem Schniewindhaus gestaltet wurde.

Man kann bei der Zusammensetzung der Veranstalter-Gruppe schon von einer Tradition sprechen. Denn Jahr für Jahr arbeiten hier Christen und Schüler Hand in Hand, um ein würdiges Gedenken zu organisieren. Trotzdem formuliert es Oberbürgermeister Bert Knoblauch in seinem Grußwort treffend: „Dieses Gedenken darf niemals Routine werden.“ Er betont: „Was in den Konzentrationslagern passiert ist, kann man nicht in Worten fassen.“ Wie er weiter ausführt, ging die Geschichte, die „eingebrannte Wirklichkeit ist“, nicht an Schönebeck vorüber und verweist auf das von dem Künstler Christof Krüger geschaffene Denkmal. Daran zu lesen sind die Namen jener Juden, die durch den Holocaust ihr Leben lassen mussten.

Ein Beispiel dafür ist Ruth Weile, ein Mädchen, dessen Schicksal die niederländische Geschichtsstudentin Afke Berger seit 2008 erforscht und am Montag in ihrem Vortrag beleuchtet hat.

Nicht nur die Geschichte von Ruth Weile und das Mahnmal im Nicolaipark geben den Opfern aus Schönebeck ein Gesicht. Es sind auch die Schönebecker selbst, allen voran die Jugendlichen. Das heben Bert Knoblauch und Johannes Golling unabhängig voneinander hervor. „Ich möchte heute auch das spürbare Engagement der Schönebecker Jugend würdigen“, führt der Oberbürgermeister aus. Er zielt damit auf die regelmäßige Teilnahme an dem Judy-Urman-Preis ab. „Die Schüler haben bisher immer beachtliche Ergebnisse vorgelegt und halten damit das Erinnern wach“, sagt er.

Für Johannes Golling ist das ein Zeichen dafür, „dass wir seit Jahrzehnten einen guten Weg in Schönebeck eingeschlagen haben“, sagt er und mahnt dafür, dass „wir konsequent dem Antisemitismus entgegentreten“. Das sind Worte, die auch Schwester Petra aus dem Herzen sprechen. Sie berichtet kurz im Programm, wie sie mit einer Gruppe im September das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz besucht hat.

„Wir haben 31 Steine hier von unserem Denkmal mitgenommen“, erzählt sie. Auf jedem Stein war ein Name eines jüdischen Schönebeckers eingraviert, der in Auschwitz sein Leben lassen musste. „Diese Steine haben wir an der Stelle des ehemaligen Krematoriums abgelegt“, sagt sie. Im jüdischen Glauben werden keine Blumen auf Gräber gelegt, erklärt sie. Um eine Brücke zurück zu Schönebeck zu schlagen, nahm die Gruppe 31 Steine aus Auschwitz mit. Sie wurden gestern an dem Holocaust-Mahnmal im Nicolaipark niedergelegt.