Gemälde Die wandernden Ruinen

Mit großen Gemälden verbinden sich spannende Geschichten. So besaß Schönebeck einst das Bild "Ruinen des Tempels der Hatschepsut".

Von Ulrich Meinhard 24.05.2018, 05:44

Schönebeck/Berlin l Die Mona Lisa ist weg! Dieser Schreckensruf ließ am 21. August 1911 die Kulturwelt erbeben. Das vielleicht berühmteste aller Gemälde blieb über Jahre verschollen, trotz aller Fahndungen. Eine spannende Geschichte ...

Spannend geht es auch mit einem Bild zu, das einst in Schönebeck beheimatet war. Geschaffen hat es der Maler Ernst Koerner. Es trägt den Titel „Ruinen des Tempels der Königin Hatschepsut“. Dargestellt ist eine archäologische Ausgrabungsszene in Ägypten. Das Bild ist 1898 entstanden. Möglicherweise sind darauf sogar der berühmte Archäologe Howard Carter und sein Team zu sehen (Carter entdeckte später das Grab des Tutenchamun).

Dieses Bild hing viele Jahre im Großen Kurhaus in Bad Salzelmen, dem heutigen IGZ Inno-Life. Wie es in das Kurhaus gekommen ist, ist rätselhaft. Nach Rücksprache mit dem Stadtarchiv lässt sich festhalten: Der Magistrat der Stadt Groß Salze kaufte das Große Kurhaus inklusive Inventar 1920 aus Privathand. Es war ursprünglich (bis 1877) ein Hotel. Zu Zeiten des „Volksbades Salzelmen“ in der DDR, als das Kurhaus Sanatorium war, hing das Bild im Foyer. 1995 wurde das Kurhaus im Zuge der Eröffnung der Rehaklinik beräumt. Das Bild kam zur Aufbewahrung ins Stadtarchiv. Im April 2006 ging es von der Stadt Schönebeck als Dauerleihgabe an das neu geschaffene IGZ Inno-Life. Im selben Jahr besuchte der Sprachwissenschaftler Ernst Frideryk Konrad Koerner Schönebeck. Er ist der Urenkel des Künstlers. Er hat sich die Nachlasspflege seines Vorfahren zur Aufgabe gestellt.

So war es dann nicht verwunderlich, dass die Leihgabe nicht von langer Dauer war. Die Stadt verkaufte das Gemälde in einer nichtöffentlichen Transaktion, die offenbar tatsächlich völlig geheim blieb, denn im Archiv der Volksstimme findet sich dazu keine einzige Meldung.

Auf Nachfrage teilt Stadtsprecher Hans-Peter Wannewitz mit: „Professor Koerner als Urenkel des Malers hat sich im Juni 2015 an die Stadt Schönebeck gewandt, um das Gemälde zu erwerben. Die weiteren Berliner Gemälde seines Großvaters Ernst Koerner waren zum Ende des 2. Weltkrieges zerstört worden. Er wollte das Bild kaufen und dann einem Museum oder einer Galerie kostenfrei zur Verfügung stellen.“ Am 14. April 2016 befasste sich der Stadtrat mit dem Kaufwunsch. Wannewitz bestätigt: „Die Vorlage war nichtöffentlich.“ Die Kaufsumme bleibt geheim.

Ernst Frideryk Konrad Koerner hat das Gemälde seines Urgroßvaters jetzt dem Berliner Museum als Schenkung übergeben, weiß Wannewitz. Er erklärt: „Das aus dem ehemaligen Besitz der Stadt Schönebeck stammende Gemälde kann seit Ende April dieses Jahres von einem weltweiten Publikum in einem der bedeutendsten internationalen Museen in Augenschein genommen werden können – im ‚Mythologischen Saal‘ des Ägyptischen Museums als Teil des Neuen Museums Berlin.“ Aus diesem Anlass habe das Museum am 23. April einen kleinen Empfang gegeben. Wannewitz war dabei. Vom Urenkel des Künstlers richtet er Grüße an die Schönebecker aus.

Wie das Bild einst nach Schönebeck kam, bleibt rätselhaft. Jetzt ist es jedenfalls wieder weg.