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Gericht Alkohol löscht Erinnerungen der Zeugen

Ein Schönebecker muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung im Schönebecker Amtsgericht verantworten.

Von Paul Schulz 07.12.2020, 00:01

Schönebeck l Der 33-jährige Schönebecker Adrian K. (Name geändert) muss sich im Schönebecker Amtsgericht vor Strafrichter Eike Bruns verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Nach einem Discobesuch soll er in der Nacht des 26. Oktober vergangenen Jahres in der Friedrichstraße den Schönebecker Peter S. mit Fäusten gegen den Kopf geschlagen haben und diesen getreten haben, als er am Boden lag. Dabei habe Peter S. einen Kieferbruch, eine Nasenbeinfraktur und auch Würgemale davongetragen.

Wie Adrian K. vor Gericht angibt, sei er an diesem Abend sehr betrunken gewesen. Bier und Wodka flossen schon zuhause, vor dem Besuch der eigentlichen Party. Auf der Feier habe er weiter Bier und Wodka getrunken. „Was ich noch weiß ist, dass der Herr S., der auch stark betrunken war, sehr aufgeregt auf mich zukam. Ich dachte, er will mich schlagen und ja, dann habe ich einmal zugeschlagen. Er ist hingefallen und mit dem Kopf auf den Boden geknallt“, sagt K.

„Im Polizeibericht gibt der Geschädigte an, Sie hätten ihn mehrfach geschlagen und auch getreten. Und auch die Verletzungen, die hier aufgezählt worden sind, entstehen nicht nur von einem Schlag“, gibt Richter Bruns zu Bedenken. „Ich habe nicht zugetreten. Der ist mehrmals hingefallen und wenn ihm jemand aufhelfen wollte, hat er die schlimm beleidigt“, so Adrian K.

Bruns hakt nach, was die Ursache der Auseinandersetzung ist. Adrian K. gibt an, dass er mit der Ex-Freundin des Geschädigten zusammengekommen ist. Diese wollte an diesem Abend ein paar Sachen aus der noch mit Peter S. gemeinsam genutzten Wohnung holen, als die Situation eskalierte. „Auf gut Deutsch: Sie haben Herrn S. die Frau ausgespannt?“, fragt Bruns. „Genau, das ist das Problem“, antwortet K. „Ja, das ist meistens ein Problem“, stellt Bruns fest.

Der Richter ruft den 39-jährigen Maik P. (Name geändert) in den Zeugenstand. Wie sich bei der Befragung herausstellt, kam er zehn Minuten später zu der Gruppe aus Adrian K., Peter S. und dessen Ex-Freundin. „Da lag Herr S. schon auf der Straße, als ich dazu kam. Ich wollte ihm aufhelfen, aber er hat meine Hand weggeschlagen. In der Wohnung kam es zwischen Herrn K. und Herrn S. noch mal zum Streit, aber da bin ich dazwischen gegangen. Das war nur eine Rangelei“, berichtet der Zeuge.

Die Befragung des nächsten Zeugen, einem Anwohner, erweist sich als Sackgasse. „Ich weiß gar nichts mehr“, sagt dieser. Zwar haben der Anwohner und seine Lebensgefährtin der Polizei noch am selben Abend von ihren Beobachtungen erzählt, wonach auf der Friedrichstraße rumgeschrien wurde und jemand auf der Straße lag, doch schon am nächsten Tag wusste das Paar nicht einmal mehr, dass sie mit der Polizei geredet haben. „Da waren zwei Flaschen Whisky im Spiel“, weiß der Anwohner immerhin noch. Aufzuklären, was sich zugetragen hat, kann er nicht.

Auch die Befragung der 48-jährigen Polizeibeamtin, die an diesem Abend vor Ort war, trägt nichts zur Aufklärung des Vorfalls bei. Sie gibt wieder, was der Geschädigte ausgesagt hat – nämlich geschlagen und getreten worden zu sein und dass sie die Anwohner befragt hat. Nur dass diese eben ihre Erinnerungen mittels Whisky ausgelöscht haben.

Richter Bruns fasst zusammen: „Wir haben Zeugen, die nicht beim Vorfall dabei waren oder sich an nichts mehr erinnern. Die einzigen, die noch was zur Sache beitragen könnten, wären der Geschädigte und seine Ex-Freundin – aber die haben wir nicht hier.“ So habe sich die Zeugenladung für Peter S. nicht zustellen lassen. Ob er überhaupt noch in Schönebeck wohnt, ist unklar.

„Machen wir es kurz. Wir kommen hier nicht weiter. Sie haben keine Vorstrafen, aber Sie haben den einen Schlag eingeräumt. Wenn Sie 250 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen – an das Kinderhospiz in Magdeburg – dann soll es gut sein, und wir stellen das Verfahren ein“, so Bruns. Der Angeklagte stimmt dem zu, womit die Verhandlung abgeschlossen und das Verfahren eingestellt wurden.